Der Chefdirigent des Philharmonieorchesters Konstanz unterliegt nicht der Sozialversicherungspflicht.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger ist ausgebildeter Violinist und Dirigent. Seit September 2016 leitet er als Chefdirigent das Philharmonieorchester der Stadt Konstanz auf der Grundlage eines fünfjährigen Dirigentenvertrages. Ende September 2016 beantragte die Stadt Konstanz beim beklagten Rentenversicherungsträger, den sozialversicherungsrechtlichen Status des Chefdirigenten festzustellen. Mit Bescheid vom Januar 2017 stellte die Beklagte ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des Chefdirigenten zur Stadt Konstanz fest. Denn der Chefdirigent habe den organisatorischen Rahmen einzuhalten, der durch die Stadt einseitig vorgegeben werde. Laut Dirigentenvertrag habe die Stadt die Rechtsmacht, die Durchführung der Beschäftigung einseitig zu bestimmen. Ein unternehmerisches Risiko trage der Chefdirigent nicht.
Auf die hiergegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht Konstanz den Bescheid aufgehoben und festgestellt, dass die Tätigkeit als Chefdirigent bei der Stadt nicht der Versicherungspflicht unterliegt. Nach Gesamtabwägung aller Umstände sei der Chefdirigent selbstständig für die Stadt tätig.
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Tätigkeit eines Dirigenten könne grundsätzlich sowohl als Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden. Hier überwögen die Indizien, die für eine selbstständige Tätigkeit als Chefdirigent des Philharmonieorchesters sprechen. Insbesondere fehle es in wesentlichen Bereichen an einem Weisungsrecht der Stadt Konstanz gegenüber dem Chefdirigenten und an einer relevanten betrieblichen Eingliederung.
Der Chefdirigent trage das volle Ausfallrisiko, dass Konzerte nicht zur Aufführung gebracht werden könnten. Könne der Chefdirigent die Konzerte, für die er unter Umständen über Monate hinweg mit dem Orchester geprobt habe, aus welchen Gründen auch immer nicht aufführen, gingen ihm rund 80 % seines Honorars verloren. Der Chefdirigent lege auch die Konzerttermine fest und habe das Letztentscheidungsrecht über die Probentermine. An Arbeitszeiten sei er nicht gebunden. Nur etwa 1/3 der von ihm international dirigierten Konzerte erbringe er im Auftrag der Stadt. Zudem trete er werbend am Markt auf und bediene sich eines Managements.
Die Stadt habe zudem nur ein Vetorecht bei der Auswahl von Stücken, die nicht im Einklang mit dem Charakter oder den finanziellen Mitteln der Philharmonie stehen. Im Übrigen habe sie hiervon auch keinen Gebrauch gemacht.
Der Chefdirigent habe auch nicht die Rolle eines Vorgesetzten eingenommen, indem er bezüglich unpünktlicher Orchestermitglieder zusammen mit der Stadt nach „Lösungen“ gesucht habe. Er sei auch nicht deshalb in den Betrieb der Stadt eingegliedert, weil er sich vertraglich verpflichtet habe, die Philharmonie bei drei der Stadt Konstanz wichtigen Veranstaltungen zu repräsentieren. Eine solche Vereinbarung sei dem Umstand geschuldet, dass sich die Stadt mit der Verpflichtung des Chefdirigenten als international renommierten Künstler (ähnlich dem Trainer einer Fußballmannschaft) „eine Marke eingekauft“ habe, mit der sie nach außen hin wahrgenommen werden und Werbung machen möchte.