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Booking.com ist verpflichtet, 1.099 Betreibern von Unterkünften Schäden aufgrund der Verwendung unzulässiger Bestpreisklauseln zu ersetzen

Reiserecht | Lesezeit: ca. 8 Minuten

Auf die Feststellungsklage von insgesamt 1.288 Klägern hat die Zivilkammer 61 des Landgerichts Berlin II festgestellt, dass die Booking.com BV und deren deutsche Tochtergesellschaft Booking.com (Deutschland) GmbH als Gesamtschuldner verpflichtet sind, 1.099 Betreibern von Unterkünften jeweils den Schaden zu ersetzen, der ihnen einzeln durch die Verwendung unzulässiger Bestpreisklauseln seit dem 1. Januar 2013 entstanden ist.

Die weitergehende Klage, mit der u.a. die Feststellung begehrt wurde, dass Buchungsprovisionen zu erstatten seien, hatte dagegen keinen Erfolg. In welcher Höhe den Betreibern tatsächlich ein Schaden entstanden ist und ob dieser ursächlich auf die Verwendung der Bestpreisklauseln zurückzuführen ist, war in dem Verfahren nicht zu klären.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Die Booking.com BV, eine Aktiengesellschaft nach niederländischem Recht, betreibt die gleichnamige Buchungsplattform. Sie erhält für jede nicht mehr stornierbare Buchung einer Unterkunft eine Provision, die sich anteilig nach dem Übernachtungspreis richtet. Die Booking.com (Deutschland) GmbH ist für die Betreuung der deutschen Vertragspartner der Plattform zuständig.

Seit Mitte der 2000er Jahre bis zum 30. Juni 2015 verwendete die Booking.com BV in ihren Verträgen mit Betreibern von Unterkünften sog. weite Bestpreisklauseln. Nach diesen mussten Unterkunftsbetreiber ihre Unterkünfte auf der Buchungsplattform zu den unter Berücksichtigung sämtlicher anderer Vertriebswege besten verfügbaren Preisen und Konditionen anbieten. Ab dem 1. Juli 2015 verwendete die Booking.com BV in ihrer Vertragsgestaltung sog. enge Bestpreisklauseln. Danach durften Unterkunftsbetreiber im Direktvertrieb mit Reisenden keine günstigeren Preise als auf Booking.com anbieten. Mit Beschluss vom 22. Dezember 2015 stellte das Bundeskartellamt fest, dass die Verwendung der sog. engen Bestpreisklauseln kartellrechtswidrig sei und ordnete deren Entfernung mit zum 31. Januar 2016 an. Der Bundesgerichtshof bestätigte diese Entscheidung mit Beschluss vom 18. Mai 2021 (Az.: KVR 54/20).

Mit ihrer Klage begehrten die Kläger neben der Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen der Verwendung von Bestpreisklauseln auch die Feststellung, dass die Beklagten die zwischen Januar 2006 und Februar 2025 erhaltenen Buchungsprovisionen zu erstatten haben, sofern und soweit diese infolge der Verwendung der unzulässigen Bestpreisklauseln überhöht waren.

Soweit die Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen der Verwendung der Bestpreisklauseln begehrte wurde, war die Klage nach Auffassung der Kammer zulässig. Zwar sei eine Feststellungsklage regelmäßig unzulässig, wenn der Kläger sein Ziel mit einer auf Zahlung gerichteten Leistungsklage erreichen könne. Dies gelte auch dann, wenn die Bezifferung eines Schadens mit erheblichem Aufwand und Kosten verbunden sei. Wenn die Schadensentwicklung zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgeschlossen und eine abschließende Bezifferung des Schadens daher nicht möglich ist, könne ausnahmsweise auf Feststellung der Ersatzpflicht geklagt werden. Maßgeblich sei das Vorbringen des jeweiligen Klägers. Nach diesem habe die Verwendung der Bestpreisklauseln zu einer erheblichen Marktabschottung und Oligopolisierung des Marktes beigetragen. Die Beeinflussung der Marktstruktur wirke über den Zeitraum der Verwendung der Bestpreisklauseln hinaus fort. Derartige Nachlaufeffekte ließen – so die Kammer – eine fortwirkende Schädigung der klagenden Betreiber möglich erscheinen, sodass die Feststellungsklage zulässig sei.

Nach Auffassung der Kammer steht den klagenden Betreibern auch ein Anspruch auf Schadensersatz zu. Sowohl die engen als auch die weiten Bestpreisklauseln bewirkten eine Beschränkung des Wettbewerbs, denn durch diese Klauseln werde jedenfalls die Preisgestaltungsfreiheit der Unterkunftsbetreiber und damit der Wettbewerb beim Vertrieb von Unterkünften eingeschränkt. Dies stehe für die von den Beklagten zwischen Juli 2015 und Januar 2016 verwendeten engen Bestpreisklauseln bereits aufgrund der Bindungswirkung der bestandskräftigen Entscheidung des Bundeskartellamts vom 22. Dezember 2015 fest.

Durch Bestpreisklauseln werde dem Unterkunftsbetreiber die naheliegende Möglichkeit genommen, die im Eigenvertrieb nicht anfallende Vermittlungsprovision von durchschnittlich 10 bis 15 % des Zimmerpreises bei seiner Preisgestaltung zu berücksichtigen und diese Ersparnis für niedrigere Preise zu nutzen, um Kunden zu werben. Auch werde es Unterkunftsbetreibern erschwert, zur Kapazitätssteuerung Restkapazitäten mit Preiszugeständnissen direkt online zu vermarkten. Zwar könnten sie solche Angebote machen, wenn sie zugleich ihren Preis auf Booking.com entsprechend herabsetzten. Sie müssten dann aber die übliche Provision auf den niedrigeren Preis bei Vermittlungen auf Booking.com zahlen, so dass ihr Preissenkungsspielraum und damit die Chance zur erfolgreichen „Lastminute“-Vermarktung entsprechend verringert werde.

Soweit die Feststellung begehrt wurde, dass bereits gezahlte Provisionen zu erstatten seien, war die Klage nach Auffassung der Kammer unzulässig. Die Kläger hätten insoweit eine bezifferte Zahlungsklage erheben müssen, weil es sich bei bereits gezahlten Provisionen um einen abgeschlossenen Sachverhalt handle.

In 70 Fällen war die Klage nach Auffassung der Kammer unzulässig, weil eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung der klägerischen Prozessbevollmächtigten nicht nachgewiesen wurde. Bei 118 Klägern war nicht feststellbar, dass sie von dem Kartellverstoß durch Verwendung der Bestpreisklauseln betroffen waren. In einem Fall war die Klage aus anderen Gründen unzulässig.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Parteien können binnen eines Monats ab Zustellung des Urteils Berufung zum Kammergericht einlegen.


LG Berlin II, 16.12.2025 - Az: 61 O 60/24 Kart

Quelle: PM des LG Berlin II

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