Die Parteien streiten sich über Schadensersatz infolge eines seitlichen Zusammenstoßes zweier Turnierpferde auf dem Abreiteplatz bei einem Reitturnier.
Die Klägerin betreibt seit Jahren einen Pferdehandel und ist Eigentümerin des Turnierpferdes „M.“, das seit dem Kauf bis zum Unfalltag auf 31 Turnieren geritten wurde. Das Pferd „L.“ des Beklagten zu 1) kollidierte seitlich mit „M.“ und verletzte das Pferd der Klägerin.
Die Klägerin verlangt Schadensersatz für Tierarztkosten, Unterbringungskosten und entgangenen Gewinn. Die Beklagten lehnen die Einstandspflicht ab. Die Klägerin erhob Klage und behauptet, dass sie ihr Pferd „M.“ im Jahr 2013 für 15.000,00 € erworben hat und seitdem erfolgreich auf Turnieren geritten wurde. Nach dem Unfall konnte das Pferd nicht mehr als Turnierpferd eingesetzt werden.
Hierzu führte das Gericht aus:
So steht zur Überzeugung des Gerichts i.S.v. § 286 ZPO fest, dass ein Tritt des Pferdes „L.“ auf dem sog. Abreiteplatz ursächlich für die blutende Wunde des Wallachs „M.“ am rechten Vorderbein war.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterliegt der Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität den strengen Anforderungen des § 286 ZPO, während der Tatrichter nur bei der Ermittlung des Kausalzusammenhangs zwischen dem Haftungsgrund und dem eingetretenen Schaden, der sog. haftungsausfüllenden Kausalität, nach Maßgabe des § 287 ZPO freier gestellt ist. Erforderlich ist im Rahmen des § 286 ZPO mithin ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet.
Nach diesen Maßstäben hat das Gericht zunächst keine vernünftigen Zweifel, dass ein Tritt des „L.“ die blutende Verletzung am vorderen rechten Bein des Wallachs verursacht hat, die der vor Ort behandelnde Tierarzt, der Zeuge A., in seiner Rechnung vom 07.10.2014 beschrieben hat.
Zwar haben vorliegend weder die Reiterin des streitgegenständlichen Wallachs, die Zeugin J., noch der Turnierrichter E. noch eine sonstige Person einen Tritt des „L.“ gesehen. Unstrittig gab es lediglich einen Zusammenprall der beiden Pferde auf dem Abreiteplatz.
Der Vollbeweis für die Primärverletzung kann aber auch dadurch geführt werden, dass das Gericht sämtliche anderen Ursachen hierfür ausschließen kann.
Unstrittig ist dabei wiederum, dass der streitgegenständliche Wallach unverletzt auf dem Abreiteplatz auf seinen Turnierstart gewartet hatte, bevor der widersetzliche „L.“ sich ihm näherte. Dass nach dem Zusammenprall der beiden Pferde auf dem Weg zum Springparcours ein Hindernis zu überwinden war, welches als weitere Ursache für die klaffende Wunde in Betracht kommt, wurde nicht vorgetragen. Ebenso wenig steht im Streit, dass eines der Hindernisse oder eine Hindernisstange, die der Wallach überquert bzw. heruntergerissen hat, die Ursache für die laterale Wunde des Pferdes gesetzt hat.
Zwischen den Parteien wurde nicht einmal diskutiert, aus welchem Material die Hindernisstangen sind und wie leicht sie bei Berührung abfallen, sodass das Gericht davon ausgeht, dass zwischen den Parteien als Pferdesportfreunde bekannt und damit unstrittig ist, dass Hindernisstangen beim Springreiten derart leicht abfallen, dass sich die Tiere keine Verletzungen zuziehen können.
Hätte am Unfalltag im Übrigen der Verdacht bestanden, dass ein Hindernis oder eine Hindernisstange die Verletzung verursacht hat, wäre das Reitturnier bei lebensnaher Einschätzung des Sachverhalts wohl nicht unvermindert fortgesetzt worden.
Gründe für eine Verletzung des Pferdes bei der Rückkehr vom Parcours bis zur Entdeckung der Wunde wurden ebenfalls nicht vorgetragen. Dass das Pferd sich die tiefe Wunde nicht selbst zugezogen haben kann, folgt daraus, dass sich die zu nähende Wunde außen am Bein befand, noch dazu auf der Seite, nämlich der rechten Seite, die als einzige Kollisionsseite in Betracht kommt. Dass der wartende Wallach mit dem Hinterteil voran auf den Turnierstart gewartet hat, sodass als Kollisionsseite auch die linke Seite in Betracht kommt, wurde selbst von der Beklagtenseite nicht vorgetragen.
Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle erwähnt, dass es dem erkennenden Gericht aufgrund eines Richterwechsels verwehrt ist, die Aussage der Zeugin J., dass die Kollision an der rechten Seite des Wallachs stattgefunden haben soll, auf ihre Glaubhaftigkeit hin zu überprüfen.
Dass blutende Tiere nicht am Springreiten teilnehmen dürfen und Turnierrichter verpflichtet sind, einzugreifen, mag zutreffen, setzt aber voraus, dass irgendjemand, insbesondere der Turnierrichter, die blutende Wunde bemerkt hat.
Der Turnierrichter, der damals 74-jährige E., will keine blutende Wunde unmittelbar vor dem Start vom Richterturm aus gesehen haben, wobei unklar blieb, ob und wie genau er überhaupt den Wallach beim Einlaufen betrachtet hatte, da er sich an kaum etwas noch erinnern konnte. Dass der Zeuge E. die blutende Wunde vor dem Start entgegen seiner Zeugenaussage doch gesehen hat, wurde im weiteren Verlauf des bisherigen Verfahrens von keiner Seite behauptet.
Das Gericht gibt auch zu Bedenken, ob jede blutende Wunde auf dunklem Pferdehaar zwangsläufig von jedem Turnierrichter, noch dazu von einem 74-Jährigen, vom Richterturm aus gesehen werden kann und muss.
Das Gericht hält es bei lebensnaher Betrachtung auch nicht für ausgeschlossen, dass der Wallach sich mit der blutenden Wunde über den Parcours „geschleppt“ hat. Das Gericht stimmt insofern mit dem gerichtlichen Sachverständigen Dr. B. überein, wonach – ebenso wie beim Menschen auch – der Hormonausstoß im Körper des Tieres dafür sorgen kann, dass trotz schwerwiegenderer Verletzung kurzzeitig noch sportliche Höchstleistungen erbracht werden können.
Dies vor dem Hintergrund, dass die Absolvierung des Parcours nur 54 Sekunden gedauert hat. An der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin J., wonach das Pferd spürbar Probleme bei der Absolvierung des Parcours gehabt haben soll, sieht sich das erkennende Gericht aufgrund des Richterwechsels gehindert.
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