Eigentümer und Besitzer von Grundstücken an öffentlichen Straßen haben die unvermeidlichen Einwirkungen von Pflanzungen im Bereich des Straßenkörpers und die Maßnahmen zu ihrer Erhaltung und Ergänzung zu dulden.
Die Pflicht zur Duldung der Einwirkungen der auf öffentlichem Straßengrund erfolgten Pflanzungen endet erst in besonderen Ausnahmesituationen.
Der grundgesetzlich gewährleistete Anliegergebrauch beruht darauf, dass die Anlieger einer Straße auf den Gemeingebrauch an der Straße in einer spezifisch gesteigerten Weise angewiesen sind.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin begehrt als Eigentümerin den Rückschnitt des Baumes vor ihrem Grundstück. Die Klägerin forderte den Beklagten auf, den Baum so weit zurückzuschneiden, dass der 2. Rettungsweg durch Rettungsgeräte der Feuerwehr gewährleistet sei. Hilfsweise verlangte sie, den 2. Rettungsweg anderweitig wiederherzustellen. Aufgrund des vor dem Grundstück befindlichen Baumes, sei ein Anleitern der Feuerwehr für Rettungszwecke nicht mehr möglich. Hierdurch sei eine erhebliche und konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit gegeben, weil in einem Brandfall die Rettung der Personen aus dem 3. und 4. Obergeschoss nicht gewährleistet sei. Deshalb sei ein Rückschnitt des Baumes notwendig, hilfsweise die anderweitige Herstellung eines 2. Rettungsweges.
Der Beklagte führt aus, dass er nicht verpflichtet sei, den Straßenbaum zurückzuschneiden, um für das auf dem Grundstück der Klägerin errichtete Gebäude den 2. Rettungsweg zu gewährleisten. Es sei allein Sache des Bauherrn bzw. Eigentümers sicherzustellen, dass die Voraussetzungen für den 2. Rettungsweg gegeben sind. Auf einen baulichen 2. Rettungsweg dürfe der Eigentümer nur verzichten, wenn die Feuerwehr tatsächlich uneingeschränkt und ohne Behinderung an die zur Rettung vorgesehene Stelle gelangen könne. Ließen die örtlichen Gegebenheiten ein Anleitern an dieser Stelle nicht zu, obläge es dem Eigentümer, den 2. Rettungsweg auf andere Weise zu gewährleisten. Auf einen öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch könne sich die Klägerin dagegen nicht berufen. Die Duldungspflicht eines Straßenanliegers, Einwirkungen der auf öffentlichem Straßenland erfolgten Pflanzungen hinzunehmen, ende erst in besonderen Ausnahmesituationen. Dies könne etwa dann der Fall sein, wenn die Bepflanzung im Laufe der Zeit aufgrund des natürlichen Wuchses einen Umfang erreicht habe, der entweder zu ernsthaften, nicht anderweit vorhersehbaren Schäden an privaten Nachbargrundstücken führe bzw. solche Schäden hinreichend konkret zu befürchten seien oder die Nutzung dieses Grundstücks in einem unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt mehr zumutbaren Maße beeinträchtigt werde. Eine derartige Ausnahmesituation läge im vorliegenden Fall nicht vor und sei von der Klägerin auch nicht geschildert worden. Es sei der Klägerin zumutbar, anderweitige Maßnahmen zu ergreifen, um den 2. Rettungsweg für das in ihrem Eigentum stehende Gebäude sicherzustellen. Gegen einen Rückschnitt spreche die Schutzwürdigkeit des Baumes und des Straßenbildes sowie die Aufrechterhaltung einer möglichst großen Baumvitalität. Der Hilfsantrag könne gleichfalls keinen Erfolg haben, weil die Klägerin verpflichtet sei, durch bauliche Maßnahmen, etwa durch den Anbau einer Außentreppe oder Leiter, den zweiten Rettungsweg selbst herzustellen.
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