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Verkauf eines Grundstücks: Fehlt die Erinnerung, liegt trotz Mangel keine arglistige Täuschung vor!

Mietrecht | Lesezeit: ca. 8 Minuten

Hat der Verkäufer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses an das Vorhandensein eines offenbarungspflichtigen Mangels des Grundstücks keine Erinnerung mehr, begründet seine Versicherung in dem Kaufvertrag, dass ihm erhebliche Mängel nicht bekannt seien, auch unter dem Gesichtspunkt der „Erklärung ins Blaue hinein“ nicht den Vorwurf arglistigen Verhaltens.

Hierzu führte das Gericht aus:

Das Berufungsgericht nimmt an, das verkaufte Grundstück sei fehlerhaft gewesen, was der Beklagte der S. GmbH habe offenbaren müssen. Dies sei nicht geschehen, vielmehr habe er den Umstand, dass es sich um ein Auffüllgrundstück handele, arglistig verschwiegen. Auch wenn er diesen Umstand nicht mehr in Erinnerung gehabt haben sollte, wäre ihm Arglist vorzuwerfen; er habe dann nämlich „ins Blaue hinein“ versichert, dass ihm erhebliche verborgene Mängel nicht bekannt gewesen seien, anstatt korrekterweise anzugeben, dass er die Vorgänge aus der Vergangenheit nicht mehr in Erinnerung habe.

Das hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Allerdings sieht das Berufungsgericht zutreffend in dem Umstand, dass es sich bei dem verkauften Grundstück um ein Auffüllgrundstück handelt, einen offenbarungspflichtigen Mangel. Aufgrund dieser Beschaffenheit war das Grundstück mit einem Fehler behaftet, der den Wert und die Tauglichkeit zu dem nach dem Kaufvertrag vorausgesetzten Gebrauch - nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts wurde das Grundstück als Bauland verkauft - nicht unerheblich minderte. Bei einem Auffüllgrundstück besteht nämlich nicht nur die Gefahr eines erhöhten Gründungsaufwands, worauf die Revision abstellt; vielmehr muss auch die Möglichkeit in Rechnung gestellt werden, dass das Auffüllmaterial wegen seiner Zusammensetzung eine Gefahr darstellt. Dies gilt hier in besonderem Maße, weil das Grundstück bereits vor 1977 aufgefüllt worden war, also in einer Zeit, in der die durch Bodenkontaminierungen hervorgerufenen Gefahren noch nicht so in das allgemeine Bewusstsein gedrungen waren, wie dies heute der Fall ist. Insoweit ist der vorliegende Sachverhalt mit den Fällen vergleichbar, die den Entscheidungen des Bundesgerichtshofes zur früheren Nutzung verkaufter Grundstücke als Deponie zugrunde lagen. Hier hat sich nach dem Vorbringen der Klägerin gerade die besondere Gefahr aufgrund der Zusammensetzung des Auffüllmaterials verwirklicht.

Zu Unrecht nimmt das Berufungsgericht jedoch ein arglistiges Verhalten des Beklagten an; die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung tragen diese Beurteilung nicht.

Bei einer Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels handelt arglistig, wer einen Fehler mindestens für möglich hält und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragsgegner den Fehler nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte; das Tatbestandsmerkmal der Arglist erfasst damit nicht nur ein Handeln des Veräußerers, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch solche Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines „Fürmöglichhaltens“ reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss. Das Berufungsgericht lässt es offen, ob sich der Beklagte bei den Kaufvertragsverhandlungen und dem Vertragsabschluss an den Umstand, dass es sich um ein Auffüllgrundstück handelt, erinnerte oder ihn vergessen hatte. Revisionsrechtlich ist deswegen zugunsten des Beklagten davon auszugehen, dass er keine entsprechende Erinnerung besaß. Dies schließt es denkgesetzlich aus, dass er den Fehler wenigstens für möglich hielt.

Arglistig kann aber auch derjenige handeln, der einem anderen versichert, eine bestimmte Kenntnis von Vorgängen oder Umständen zu haben, diese Kenntnis aber in Wirklichkeit nicht hat; eine vertragliche Zusicherung kann daher den Arglistvorwurf begründen, wenn sie zwar nicht bewusst den Tatsachen widerspricht, jedoch ohne jede sachliche Grundlage abgegeben und dieser Umstand dem Vertragspartner gegenüber verschwiegen wird . Offensichtlich haben diese Grundsätze das Berufungsgericht geleitet, dem Beklagten vorzuwerfen, er habe „ins Blaue hinein“ versichert, dass ihm erhebliche verborgene Mängel nicht bekannt seien. Dieser Vorwurf ist indes unbegründet. Der Beklagte hat nämlich nicht versichert, dass das verkaufte Grundstück frei von verborgenen Mängeln gewesen sei. Seine Erklärung, dass ihm solche Mängel nicht bekannt seien, traf jedoch zu. Denn eine Kenntnis von zeitlich zurückliegenden Umständen und Vorgängen ohne Erinnerung gibt es nicht.

Da der Beklagte sich nicht arglistig verhalten hat, stand der S. GmbH gegen ihn auch kein Schadensersatzanspruch nach § 463 Satz 2 BGB zu. Einem Minderungsanspruch nach §§ 459 Abs. 1, 462, 472 BGB stand der vereinbarte Gewährleistungsausschluss entgegen. Deswegen ging die Abtretung von Ansprüchen der S. GmbH an die Klägerin ins Leere.

Da Zweifel an der fehlenden Erinnerung des Beklagten weder geltend gemacht noch angebracht und insoweit weitere Feststellungen durch das Berufungsgericht nicht erforderlich und auch nicht zu erwarten sind, ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.


BGH, 11.05.2001 - Az: V ZR 14/00

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