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Betriebsschließungsversicherung und die Coronavirus-Pandemie

Firmen / Gewerbe | Lesezeit: ca. 27 Minuten

Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Betriebsschließungsversicherung vor dem Hintergrund der Coronavirus-Pandemie 2020.

Die Klägerin betreibt in Hof ein Restaurant. Für dieses Restaurant schloss die Klägerin bei der Beklagten eine Betriebsschließungsversicherung ab.

Vereinbart wurde die Geltung der „Mannheimer Bedingungen 2009 für die Betriebsschließungsversicherung“ in der Fassung VB-BSV '09 (im Folgenden: VB-BSV 09). Nach § 1 Ziff. 1 der VB-BSV 09 besteht bedingungsgemäßer Versicherungsschutz für Betriebsschließungen, die die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten bei Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern vornimmt. Die meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger sind dabei in § 1 Ziff. 2 VB-BSV 09 wie folgt definiert:

„Meldepflichtige Krankheiten oder meldepflichtigen Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden, im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger:
a) Krankheiten …
b) Krankheitserreger …“

Unter lit. a) und lit. b) werden die meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger sodann im Einzelnen aufgezählt. Weder die neuartige Coronavirus-Krankheit 2019 (Covid-19) noch der diese verursachende Krankheitserreger Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Coronavirus-2 (SARS-CoV-2; nachfolgend auch: neuartiges Coronavirus) werden in der Aufzählung des § 1 Ziff. 2 VB-BSV 09 namentlich genannt. Wegen der Einzelheiten der weiteren Versicherungsbedingungen wird auf die Anlage K 2 Bezug genommen.

Mit Allgemeinverfügung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 16.03.2020, die am 18.03.2020 zunächst bis zum 30.03.2020 für Gastronomiebetriebe in Kraft trat und die im Folgenden bis 17.05.2020 verlängert wurde, wurden unter Ziffer 3. Gastronomiebetriebe jeder Art untersagt. Ausgenommen hiervon wurden in der Zeit von 6.00 Uhr bis 15.00 Uhr Betriebskantinen sowie Speiselokale und Betriebe, in denen überwiegend Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle abgegeben werden. Ausgenommen war zudem die Abgabe von Speisen zum Mitnehmen bzw. die Auslieferung. Diese war jederzeit zulässig. Die Maßnahmen nach dieser Allgemeinverfügung wurden mit der weltweiten Verbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 sowie, dass die WHO am 11.03.2020 das Ausbruchsgeschehen als Pandemie bewertet hat, begründet. Bei SARS-CoV-2 handelt es sich um einen Krankheitserreger im Sinne des § 2 Nr. 1 IfSG, der sich in Bayern derzeit stark und immer schneller verbreitet. Die Schließung von Gastronomiebetrieben nach Nr. 3 der Allgemeinverfügung diente insbesondere dem Zweck, eine Ausbreitung sowie Weiterverbreitung von COVID-19 zu verlangsamen.

Die Klägerin machte gegenüber der Beklagten Leistungen aus der Betriebsschließungsversicherung geltend. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 17.04.2020 ab. Daraufhin ließ die Klägerin die Beklagte durch ihre Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 18.06.2020 erneut zur Leistung auffordern, was die Beklagte wiederum mit Schreiben vom 30.06.2020 ablehnte.

Die Klägerin ist der Auffassung, ihre Gaststätte sei aufgrund einer Betriebsschließungsanordnung der zuständigen Behörde im Sinne § 1 Ziff. 1 lit. a) der VB-BSV 09 geschlossen worden. Ein Außerhausverkauf von Speisen zur Mitnahme stelle für einen Restaurantbetrieb ein vollkommen untergeordnetes Geschäft dar, auf das sich die Klägerin nicht verweisen lassen müsse.

Die Klägerin meint, bei Covid-19 bzw. dem Coronavirus handele es sich um eine Krankheit bzw. einen Krankheitserreger nach § 1 Ziff. 2 VB-BSV 09. Bei der Regelung in § 1 Ziff. 2 VB-BSV 09 handele es sich um einen dynamischen Verweis auf die bei Eintritt des jeweiligen Versicherungsfalles geltende Gesetzesfassung der §§ 6, 7 IfSG. Den Versicherungsbedingungen lasse sich an keiner Stelle eine klare Regelung entnehmen, dass die Aufzählung in § 1 Ziff. 2 VB-BSV 09 abschließend sein solle. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer dürfe daher auf eine Verweisung auf das jeweils gültige IfSG schließen. Darüber hinaus sei § 1 Ziff. 2 VB-BSV 09 intransparent und daher gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil für den Versicherungsnehmer nicht erkennbar werde, in welchem Umfang Versicherungsschutz trotz der Klausel bestehe, insbesondere auch, da in § 4 VB-BSV 09 Ausschlüsse konkret geregelt seien.

Staatliche Unterstützungsmaßnahmen seien nicht auf die Versicherungsleistung anzurechnen, da sie nicht der Entlastung der Beklagten dienten.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, es habe aufgrund des gestatteten Außerhausverkaufs keine behördliche Betriebsschließung, sondern nur eine Betriebseinschränkung bzw. Teilschließung stattgefunden. Ein Versicherungsfall sei aber nur bei einer vollständigen Schließung gegeben.

Darüber hinaus bestehe auch deshalb kein Versicherungsschutz, weil es keine wirksame behördliche Anordnung im Sinne von § 1 Ziff. 1 lit. a) der VB-BSV 09 gegeben habe, da die Allgemeinverfügung wegen Angabe einer unzutreffenden Ermächtigungsgrundlage unwirksam gewesen sei. Es handele sich auch nicht um eine Verfügung, die gerade gegen den Betrieb der Klägerin oder die dort tätigen Betriebsangehörige gerichtet sei, was nach den AVB aber Voraussetzung sei.

Vor allem aber bestehe schon deshalb kein Versicherungsschutz, weil die Auflistung der Krankheiten in § 1 Ziff. 2 der VB-BSV 09 abschließend sei. Das Coronavirus (SARS-CoV-2) oder die hierdurch ausgelöste Krankheit (COVID-19) seien unstreitig nicht in der Auflistung der § 1 Ziff. 2 der VB-BSV 09 enthalten. Es liege weder eine statische noch eine dynamische Verweisung auf das IfSG vor.

Des Weiteren fehle es auch an einer betriebsinternen Gefahr. Abstrakt-generelle präventive Gesundheitsmaßnahmen seien nicht Gegenstand der Betriebsschließungsversicherung, bei der es nur um betriebsinterne Gefahren gehen könne.

Schließlich bestreitet die Beklagte den Anspruch der Höhe nach. Der tatsächliche Schaden weiche evident von der vereinbarten festen Taxe ab, weshalb diese nicht bindend sei. Außerdem sei das versicherungsvertragliche Bereicherungsverbot zu beachten und die Klägerin müsse sich staatliche Unterstützungsleistungen anrechnen lassen. Die Beklagte vertritt ferner die Auffassung, der Klägerin müsse vorrangig Schadensersatzansprüche gegen den Staat gelten machen.

Hierzu führte das Gericht aus:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Leistungen aus der zwischen den Parteien bestehenden Betriebsschließungsversicherung.

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