Das Thüringer Oberverwaltungsgericht hat heute in einem Eilverfahren entschieden, dass die Stadt Suhl einem Ladenbesitzer, der sein Ladengeschäft trotz der zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus erlassenen Allgemeinverfügung der Stadt nicht geschlossen hatte, kein Zwangsgeld androhen durfte.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Der Antragsteller, der nach seinen Angaben neben einem umfangreichen Sortiment alkoholischer Getränke u.a. Schokoladenprodukte, Kaffee, Tee, Kakao, Gebäck und verschiedene Feinkostartikel anbietet, sei nicht verpflichtet, sein Ladengeschäft zu schließen. Der zuständige 3. Senat hat deshalb die Beschwerde der Stadt gegen einen Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts Meiningen zurückgewiesen.
Die Allgemeinverfügung der Stadt vom 19. März 2020 entfalte keine eigenständige Wirksamkeit mehr. Sie sei hinsichtlich der hier geforderten Ladenschließung durch höherrangiges Recht, nämlich die Thüringer Verordnung über erforderliche Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 (ThürSARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung) des Thüringer Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie vom 26. März 2020 ersetzt worden. Sie sei wort- und inhaltsgleich mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 der Thüringer Verordnung, so dass sich kein eigener, weitergehender Anwendungsbereich der Allgemeinverfügung in diesem Teil mehr finde.
Soweit die Stadt ihrer Allgemeinverfügung einen anderen Sinn und Zweck beimessen wolle als der wortgleichen Rechtsverordnung des Landes, nämlich, dass nur Lebensmittelgeschäfte der Grundversorgung von der Ausnahmevorschrift der ansonsten geltenden Schließungsanordnung für Einzelhandelsgeschäfte erfasst seien, vermochte der Senat dafür im Wortlaut der Allgemeinverfügung keinen Anknüpfungspunkt zu erkennen. Auch nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift sei der Begriff des Lebensmittelhandels auch vor dem Hintergrund anderweitiger lebensmittelrechtlicher nationaler und europarechtlicher Vorschriften nicht auf die Versorgung mit Lebensmitteln des Grundbedarfs eingeengt. Ein solcher Begriff sei dem geltenden Recht fremd, so der Senat in seiner Begründung. Einem einengenden Verständnis stünden überdies die in der Vorschrift genannten Beispiele, wie Bäckereien und Fleischereien und Hofläden entgegen. Insbesondere zeige die ausdrückliche Benennung von Getränkeläden, dass auch ein Angebot von alkoholischen Waren einer Qualifikation als Lebensmittelhandel nicht entgegenstehe.
Da der Ladenbesitzer nach alldem nach Landesrecht und nach den örtlichen Vorschriften nicht verpflichtet sei, sein Geschäft zu schließen, könne er auch nicht mit den Mitteln des Verwaltungszwangs dazu angehalten werden, so dass sich die Zwangsgeldandrohung als rechtswidrig erweise und das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht die aufschiebende Wirkung des dagegen gerichteten Widerspruchs angeordnet habe.
Der Beschluss ist unanfechtbar.