Zwar darf ein Kind nach deutschem Recht keinen Doppelnamen führen, wurde jedoch in der in einem anderen EU-Staat ausgestellten Geburtsurkunde für das Kind ein Doppelname eingetragen, so liegt ein Ausnahmefall vor.
Der Doppelname muss in diesem Fall auch von deutschen Standesbehörden anerkannt werden.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
L. M. G.-P. wurde am 27. Juni 1998 in Dänemark als Kind von Frau P. und Herrn G. geboren, die damals miteinander verheiratet waren und beide die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. L. M. besitzt ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit und lebt seit seiner Geburt in Dänemark. Sein Nachname, der aus den Nachnamen seines Vaters und seiner Mutter besteht, wurde in seine dänische Geburtsurkunde eingetragen. In Dänemark ist es möglich, einen solchen Doppelnamen zu führen.
Im Jahre 2006 beantragten die Eltern von L. M., ihn unter dem Namen G.-P. in das in Niebüll geführte Familienbuch einzutragen. Die deutschen Behörden lehnten die Eintragung jedoch mit der Begründung ab, dass der Nachname deutscher Staatsangehöriger dem deutschen Recht unterliege und dass ein Kind danach keinen Doppelnamen führen dürfe.
Gegen diese Entscheidung der deutschen Behörden haben die Eltern Rechtsbehelf beim Amtsgericht Flensburg eingelegt. Das Amtsgericht fragt den Gerichtshof, ob das Gemeinschaftsrecht es nationalen Vorschriften verbietet, einen Unionsbürger zu zwingen, je nach Mitgliedstaat einen unterschiedlichen Nachnamen zu führen.
Der Gerichtshof führt zunächst aus, dass das Recht zur Regelung der Nachnamen zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, diese jedoch bei der Ausübung ihrer Zuständigkeit gleichwohl das Gemeinschaftsrecht beachten müssen. Der Fall von L. M. fällt unter das Gemeinschaftsrecht, da er Angehöriger eines Mitgliedstaats ist und sich zugleich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält.
Der Gerichtshof stellt anschließend fest, dass die Verpflichtung, in dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit der Betroffene besitzt, einen anderen Namen als den zu führen, der bereits im Geburts- und Wohnsitzmitgliedstaat erteilt und eingetragen wurde, die Ausübung des Rechts behindern kann, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten.
Viele alltägliche Handlungen erfordern nämlich den Nachweis der Identität, der in der Regel durch den Reisepass erbracht wird. Da L. M. nur die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, liegt die Ausstellung dieses Dokuments allein in der Zuständigkeit der deutschen Behörden. Wenn die deutschen Behörden es also ablehnen, den in Dänemark bestimmten und eingetragenen Nachnamen von L. M. anzuerkennen, werden sie dem Kind einen Reisepass ausstellen, der auf einen anderen Namen als den lautet, den es im letztgenannten Mitgliedstaat erhalten hat.
Unterschiedliche Familiennamen in verschiedenen deutschen und dänischen Dokumenten können jedoch für L. M. zu schwerwiegenden Nachteilen beruflicher wie auch privater Art führen, da sie insbesondere Zweifel an seiner Identität und an der Echtheit von Dokumenten oder der Wahrheitsgemäßheit der darin enthaltenen Angaben wecken können.
Unter diesen Umständen und angesichts der Tatsache, dass keine hinreichende Rechtfertigung für die deutschen restriktiven Vorschriften angeführt worden ist, kommt der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass das Recht der Unionsbürger, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, dem entgegensteht, dass die deutschen Behörden es ablehnen, den Nachnamen von L. M. anzuerkennen, der in Dänemark bestimmt und eingetragen wurde.