Erbstreitigkeiten vermeiden: Erstellen oder prüfen Sie ein ➠ Testament!Hat der Erblasser seine Geschwister zu gleichen Teilen zu seinen Erben eingesetzt, kann die individuelle Auslegung eines
Testamentes auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 2069 BGB und ohne ausdrückliche Anordnung ergeben, dass der Erblasser deren Kinder stillschweigend zu Ersatzerben berufen hat; dass der Erblasser neben seinen Geschwistern auch Schwägerinnen zu (Ersatz-)Erben berufen hat, steht dieser Auslegung nicht entgegen.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Die im Jahre 1929 geborene und am 12.6.2019 verwitwet und kinderlos verstorbene Erblasserin hat durch das eigenhändig geschriebene und unterschriebene Testament vom 16.9.2007 die Beteiligte zu 1) zu ihrer Testamentsvollstreckerin eingesetzt und verfügt, dass – abgesehen von zuvor abgehenden vier Prozent aus dem Nachlasswert für deren Vergütung und je ein Prozent für zwei Vermächtnisse – aus ihrem Barvermögen und dem Erlös aus dem Verkauf ihrer Immobilien in Berlin ihre noch lebenden drei Brüder je 22 % ihres Nachlasses erhalten sollen, der Bruder ihres vorverstorbenen Mannes ebenfalls 22 % und die Witwe ihres vierten vorverstorbenen Bruders 12 %. Für den Fall des Vorversterbens des Bruders ihres Mannes hat sie bestimmt, dass seine Witwe – die Beteiligte zu 2) - 10 % erhalten soll und die dann verbleibenden 12 % zu jeweils 1/3 an ihre drei Brüder verteilt werden sollen. Ihren Anteil an einem Waldgrundstück außerhalb Berlins sollten ebenfalls ihre drei Brüder zu gleichen Teilen erben.
Nach Errichtung des Testamentes sind der in den USA lebende Bruder F. am 2.11.2016 - dieser unter Hinterlassung von drei Söhnen, den Beteiligten zu 3) bis 5) - und der in Berlin lebende Bruder M. am 2.12.2016 kinderlos verstorben. Die Witwe des vorverstorbenen vierten Bruders der Erblasserin ist am 23.2.2019 kinderlos und der Bruder ihres Ehemannes am 6.6.2019 ebenfalls kinderlos verstorben.
Die Beteiligte zu 1) hat nach Erhalt des Testamentsvollstreckerzeugnisses vom 23.1.2020 aufgrund notarieller Urkunde vom 20.2.2020 die Erteilung eines Erbscheins beantragt, wonach der überlebende Bruder N. Miterbe zu 90 % und die Witwe des Bruders ihres Mannes - die Beteiligte zu 2) – Miterbin zu 10 % geworden seien. Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht nicht von der Anwachsung der Erbteile der vorverstorbenen Brüder bei dem einzig überlebenden Bruder N. ausgehen sollte, hat sie beantragt, einen Erbschein des Inhalts zu erteilen, wonach die Beteiligte zu 2) Miterbin zu 10 %, der noch lebende Bruder N. Miterbe zu 45 % und die Beteiligten zu 3) bis 5) Miterben zu je 15 % geworden sind.
Das Nachlassgericht hat durch den angefochtenen Beschluss dem Hauptantrag stattgegeben, weil die den vorverstorbenen Brüdern zugewiesenen Anteile allein dem überlebenden Bruder ebenso wie die freigewordenen Anteile der weiteren beiden Erben angewachsen seien. Für eine Auslegung des Testamentes dahin, dass im Falle des Vorversterbens der Brüder ersatzweise deren Kinder treten sollen, lägen keine hinreichenden Anhaltspunkte vor.
Gegen den dem Verfahrensbevollmächtigen der Beteiligten zu 3) bis 5) am 27.11.2020 zugestellten Beschluss richtet sich die am Montag, den 28.12.2020 eingegangene Beschwerde, der das Nachlassgericht nicht abgeholfen hat. Sie rügen, dass die Auslegung des Testaments anhand des Testamentsinhaltes fehlerhaft und zudem nicht nachvollziehbar sei, weshalb das Nachlassgericht seine Entscheidung einseitig auf die von ihnen bestrittenen Ausführungen der Beteiligten zu 1) zu dem Verhältnis zwischen der Erblasserin und ihrem Vater und seiner Familie gestützt hat, ohne ihr Vorbringen zu dem Zeit ihres Lebens gepflegten engen Kontakt zwischen der Erblasserin und ihrem Vater, zu dessen Besuchen und auch dem eigenen Kontakt zwischen ihnen und ihrer Tante zu berücksichtigen.
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