Ist die Unterbringung von Katzen, die in der Wohnung eines Verstorbenen entdeckt wurden, im Tierheim zur Abwehr einer Gefahr notwendig, so muss der Alleinerbe die Kosten für die Unterbringung und tierärztliche Behandlungen als Halter oder Betreuungspflichtiger tragen.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin wendet sich gegen die Kosten einer tierschutzrechtlichen Unterbringung von Katzen.
Am 10.07.2020 wurde der Leichnam des verstorbenen Bruders der ursprünglichen Klägerin in dessen Wohnung von Beschäftigten der Feuerwehr der Stadt B-Stadt aufgefunden. Sie fanden in der Wohnung außerdem zwei Katzen vor und verbrachten diese noch am selben Tag ins örtliche Tierheim. Am darauffolgenden Tag ordnete das Veterinäramt des Beklagten die Unterbringung der Katzen im Tierheim an. Ende August 2020 informierte das Amtsgericht B-Stadt - Nachlassgericht - das Tierheim darüber, dass Alleinerbin des Verstorbenen die ursprüngliche Klägerin sei, die Mutter der jetzigen Klägerin. Dies gelangte zur Kenntnis des Beklagten.
Unter dem 04.09.2020 teilte der Beklagte der ursprünglichen Klägerin mit, dass sie Eigentümerin der beiden Katzen geworden sei und für die Kosten der Unterbringung im Tierheim und der tierärztlichen Behandlungen aufkommen müsse. Er bat sie auch, kurzfristig mitzuteilen, ob sie die Katzen aufnehmen wolle oder sie zur Vermittlung freigebe. Am 07.09.2020 antwortete die ursprüngliche Klägerin, dass sie alters- und krankheitsbedingt nicht in der Lage sei, die Katzen aufzunehmen, und sie zur Vermittlung freigebe. Sie betrachte die Angelegenheit damit als für sie erledigt. Eine Katze konnte ab dem 20.09.2020 vom Tierheim vermittelt werden, die zweite Katze ab dem 17.10.2020.
Mit Bescheid vom 10.08.2021 setzte der Beklagte gegenüber der ursprünglichen Klägerin die Kosten für die Unterbringung der Katzen im Tierheim fest. Darin forderte er die Zahlung von 9,78 EUR für jeden Tag der Unterbringung, insgesamt 1.916,77 EUR, und 358,95 EUR für tierärztliche Leistungen und Medikamente, mithin also insgesamt 2.275,72 EUR, zahlbar binnen vier Wochen. Zur Begründung verwies der Beklagte darauf, dass die Klägerin „als Erbin“ die Kosten zu tragen habe, die er bereits verauslagt habe.
Dem Kostenbescheid zugrunde lagen Rechnungen des Tierheims B-Stadt sowie des Tierarztes. Das Tierheim stellte dem Beklagten unter dem 10.08.2020 für die Aufnahme und Versorgung von zwei Katzen vom 10.07.2020 bis 09.08.2020 Kosten in Höhe von 606,36 EUR für die Unterbringung (31 Tage x 9,78 EUR x 2) sowie von 60 EUR für Personal- und Fahrtkosten anlässlich von Tierarztbesuchen am 16.07.2020 und 22.07.2020 zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 16 %, insgesamt 772,98 EUR in Rechnung. Es stellte weiter unter dem 14.09.2020 für die Aufnahme und Versorgung von zwei Katzen vom 10.08.2020 bis 09.09.2020 Kosten in Höhe von 606,36 EUR für die Unterbringung (31 Tage x 9,78 EUR x 2) sowie von 30 EUR für Personal- und Fahrtkosten anlässlich eines Tierarztbesuchs am 11.09.2020 zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 16 %, insgesamt 738,18 EUR in Rechnung. Mit zwei „Endabrechnungen“ unter dem 19.10.2020 stellte es mit dem identischen Zusatz „Aufnahme und Versorgung von 2 Katzen, hier: Katze E. vom 10.09.2020 bis einschl. 16.10.2020“ einmal für 10 Tage zu je 9,78 EUR abzüglich Vermittlungsgebühr von 50 EUR und zuzüglich Umsatzsteuer 55,45 EUR in Rechnung, zum anderen für 37 Tage zu je 9,78 EUR und Personal- und Fahrtkosten anlässlich eines Tierarztbesuchs am 14.10.2020 abzüglich einer Vermittlungsgebühr von 90 EUR zuzüglich Umsatzsteuer 350,16 EUR in Rechnung. Der Tierarzt berechnete dem Beklagten für die Untersuchung und Behandlung der Katzen am 16.07., 22.07. und 23.07.2020 102,99 EUR, am 11.09.2020 124,44 EUR, für die Behandlung der Katze E. am 14.10.2020 außerdem 131,52 EUR.
Die anwaltlich vertretene ursprüngliche Klägerin hat am 24.08.2021 Klage erhoben. Sie macht im Wesentlichen geltend, zwischen den Beteiligten läge bereits kein Rechtsverhältnis vor, da die beiden Katzen aufgrund einer Anordnung des Ordnungsamtes der Stadt und nicht des Landkreises B-Stadt ins Tierheim verbracht worden seien. Sie habe mehrfach erfolglos versucht, Kontakt mit dem Tierheim aufzunehmen, um den Verbleib der Katzen zu klären und sich um eine anderweitige Unterbringung zu kümmern. Das Tierheim habe weder auf die Rückrufbitte auf dem Anrufbeantworter noch auf das Klingeln vor Ort reagiert. Zudem sei keine tierschutzrechtliche Anordnung ihr gegenüber erlassen worden, obwohl die Unterbringung der Katzen über mehrere Monate erfolgt sei und der Erlass einer solchen Anordnung daher möglich gewesen wäre. Die Voraussetzungen für eine solche tierschutzrechtliche Anordnung hätten darüber hinaus nicht vorgelegen. Sie sei insbesondere keine Halterin der Katzen im Sinne des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG gewesen. Die Haltereigenschaft in diesem Sinne stelle auf ein tatsächliches, nicht auf ein rechtliches Verhältnis ab. Auf eine erbrechtliche Universalsukzession nach § 1922 BGB komme es insoweit nicht an. Vielmehr hätte sie eine faktische Verfügungsgewalt über die Katzen gehabt haben müssen, was jedoch nicht der Fall gewesen sei. Schließlich sei auch die vom Beklagten eingeforderte Kostenhöhe nicht nachvollziehbar, da Katzen ohne Weiteres zu einem Tagessatz von höchstens 5 EUR statt der vom Beklagten berechneten 9,78 EUR untergebracht werden könnten. Das Tierheim B-Stadt biete selbst Pensionsplätze für Katzen für lediglich 8 EUR pro Tag und Katze an. Zu berücksichtigen sei außerdem, dass für die Dauer eines stationären Aufenthalts der beiden Katzen in der Kleintierpraxis Dr. F. am 22. und 23.07.2020 eine nicht gerechtfertigte Doppelabrechnung sowohl der stationären Unterbringung beim Tierarzt als auch der Unterbringung im Tierheim erfolgt sei. Weitere abgerechnete Maßnahmen wie die Kennzeichnung einer der Katzen mit einem Transponder sowie die Impfung beider Katzen seien nicht notwendig, jedenfalls aber nicht dringlich gewesen. Auch hätte es keines Personalaufwandes im Umfang eines Stundenlohns von 30 EUR für die Fahrt zum Tierarzt bedurft, da für diese Tätigkeit keinerlei Qualifikation erforderlich sei.
Die ursprüngliche Klägerin ist im Dezember 2022 verstorben. Die Klägerin ist ihre Alleinerbin und setzt den Rechtsstreit fort.
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