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Volljährigenadoption: Entstehen eines weiteren Eltern-Kind-Verhältnisses auch bei intaktem Verhältnis der Anzunehmenden zu ihren leiblichen Eltern

Familienrecht | Lesezeit: ca. 5 Minuten

Die Annahme der Entstehung eines Eltern-Kind-Verhältnisses wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass zwischen der Anzunehmenden und ihren beiden leiblichen Eltern ein intaktes Verhältnis besteht.

Nach § 1767 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BGB kann ein Volljähriger dann als Kind angenommen werden, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist. Das Erfordernis der sittlichen Rechtfertigung beruht darauf, dass die Herstellung familienrechtlicher Beziehungen nicht der freien Disposition der Beteiligten überlassen bleiben und Missbrauch vorgebeugt werden soll. § 1767 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB bestimmt, dass die sittliche Rechtfertigung der Annahme eines Volljährigen als Kind insbesondere dann anzunehmen ist, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist. Anderenfalls muss bei objektiver Betrachtung der bestehenden Bindungen und ihrer Entwicklungsmöglichkeiten das Entstehen einer Eltern-Kind-Beziehung für die Zukunft zu erwarten sein, § 1767 Abs. 2 Satz 1, 1741 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Besteht zwischen Annehmendem und Anzunehmendem bereits ein Eltern-Kind-Verhältnis, so ist unwiderleglich vom Vorliegen sittlicher Rechtfertigung auszugehen und durch Ausspruch der Annahme das bislang nur faktische Eltern-Kind-Verhältnis rechtlich zu flankieren. Dabei ist es unerheblich, aus welchen Motiven die Beteiligten diese rechtliche Flankierung anstreben; in diesem Fall des Bestehens eines Eltern-Kind-Verhältnisses dürfen auch rein wirtschaftliche Gründe eine Rolle spielen.

Ob die Annahme eines Volljährigen als Kind sittlich gerechtfertigt ist, ist das Ergebnis einer umfassenden Würdigung der Umstände des Einzelfalles. Das familienbezogene Motiv muss entscheidender Anlass für die Annahme sein. Nebenzwecke schaden hierbei nicht, solange der familienbezogene Zweck überwiegt. Hierbei müssen die Motive der Beteiligten im Rahmen einer Anhörung festgestellt und gegeneinander abgewogen werden.

Die für die Entstehung einer Eltern-Kind-Beziehung sprechenden Umstände müssen die dagegen sprechenden deutlich überwiegen. Begründete Zweifel gehen zu Lasten der Betroffenen und führen zur Abweisung des Adoptionsantrags.

Von einem Eltern-Kind-Verhältnis kann ausgegangen werden, wenn die zwischen den Beteiligten entstandene Beziehung dem Verhältnis zwischen volljährigen Kindern und ihren leiblichen Eltern entspricht. Hierfür sind Gemeinsamkeiten, familiäre Bindungen und innere Zuwendung erforderlich, wie sie zwischen Eltern und erwachsenen Kindern typischerweise vorliegen, insbesondere ein enger persönlicher Kontakt und die Bereitschaft zu dauerhaftem gegenseitigem Beistand, ggf. in Verbindung mit wirtschaftlicher Hilfe. Es muss sich um ein solches Maß an innerer Verbundenheit zwischen den Beteiligten handeln, dass sich die Beziehung klar von einer engen Freundschaft und einem guten verwandtschaftlichen Verhältnis abhebt und in die Nähe einer echten gelebten Beziehung zwischen einem Elternteil und dessen erwachsenem Kind rückt. Anhaltspunkte sind insoweit die Integration in das familiäre Beziehungsgeflecht, ein gewachsenes, gegenseitiges Grundvertrauen, in dem sich die Beteiligten wechselseitig aussprechen oder in die Entscheidungsfindung in wichtigen Angelegenheiten in angemessener Weise einbeziehen.

Die Annahme der Entstehung eines Eltern-Kind-Verhältnisses wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass zwischen der Anzunehmenden und ihren beiden leiblichen Eltern ein intaktes Verhältnis besteht.

Ein intaktes Verhältnis zu den leiblichen Eltern ist als wichtiges Kriterium zu Beurteilung einer weiteren Eltern-Kind-Beziehung zwischen Annehmendem und Anzunehmendem in eine Gesamtabwägung einzubeziehen, ebenso wie ein möglicher Loyalitätskonflikt zwischen Herkunftsfamilie und Wahlfamilie.


OLG München, 18.09.2019 - Az: 33 UF 1061/19

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