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Betreuungskosten

Familienrecht | Lesezeit: ca. 10 Minuten

Billiger als eine fehlerhafte Berechnung: ➠ Unterhaltsberechnung über AnwaltOnline

Betreuungskosten - um welchen Fall geht es?

Die Frage der Berücksichtigung von Betreuungskosten und der Anrechnung eines „Betreuungsbonus“ wird unter anderem dann relevant, wenn gemeinsame minderjährige Kinder nach der Scheidung ausschließlich von einem der beiden Ehegatten betreut werden (z.B. vom Vater), er auch den Barunterhalt für die Kinder trägt und dem anderen (der Mutter) diesem (also dem Vater) gegenüber ein Unterhaltsanspruch zusteht.

Ausgleich der Mehrbelastung

Bei der Berechnung des Unterhaltsanspruchs kann der betreuende Elternteil zunächst sein unterhaltsrelevantes Einkommen um diejenigen Betreuungskosten kürzen, die ihm tatsächlich - etwa durch Betreuungspersonen - entstehen. Auch wenn keine konkreten Betreuungskosten nachgewiesen oder notfalls geschätzt werden können, stehen Rechtsprechung und Literatur auf dem Standpunkt, dass die Mehrbelastung, die für den betreuenden und gleichzeitig Barunterhalt leistenden Elternteil besteht, ausgeglichen werden muss.

Dies gilt jedenfalls dann, wenn dieser Elternteil neben der Betreuung der Kinder nach den für die Bemessung des Ehegattenunterhalts geltenden Grundsätzen überobligationsmäßig erwerbstätig ist. Der Umfang der dem betreuenden Elternteil zumutbaren Erwerbstätigkeit hängt von der Zahl und dem Alter der Kinder ab.

Wenn z.B. zwei Kinder im Alter von 15 und 12 Jahren betreut werden, dürfte eine Verpflichtung zur vollschichtigen Erwerbstätigkeit erst dann bestehen, wenn das ältere Kind volljährig geworden ist.

Für den Ausgleich der Mehrbelastung des unterhaltspflichtigen Ehegatten bestehen mehrere Möglichkeiten, die von der insoweit nicht einheitlichen Rechtsprechung bisher auch gegangen worden sind.

Betreuungskosten - Lösungsmöglichkeiten für den Ausgleich

Es gibt für den Ausgleich der Betreuungskosten drei Lösungsmöglichkeiten:

Der Unterhaltspflichtige kann von seinem unterhaltsrelevanten Einkommen den nach der Düsseldorfer Tabelle angemessenen Barunterhalt für die beiden Kinder vorweg abziehen. Dies wird mit der Gleichwertigkeit von Betreuungsunterhalt und Barunterhalt begründet.

Das vom Unterhaltspflichtigen überobligationsmäßig erzielte Einkommen wird für die Unterhaltsberechnung des Ehegatten nur nach Billigkeit, dies bedeutet in der Praxis meist zur Hälfte, berücksichtigt. Die entsprechenden Entscheidungen berufen sich auf § 1577 Abs. 2 BGB.

Dem Unterhaltspflichtigen wird gestattet, einen nach den Umständen des Einzelfalles angemessenen Betrag von seinem unterhaltsrelevanten Nettoeinkommen abzusetzen.

Die Entscheidung des BGH

Der BGH hat sich in einem Urteil vom 29.11.2000, Az: XII ZR 212/98, im Prinzip für die dritte Möglichkeit entschieden. Im entschiedenen Fall hat er bei der Betreuung von zwei Kindern durch den Unterhaltspflichtigen einen Abzug von 300 DM durch die Vorinstanz nicht beanstandet.

Hierzu führte der BGH u.a. aus:

Das Berufungsgericht hat angenommen, die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien seien von dem tatsächlich erzielten jeweiligen Einkommen des Beklagten, der Unterhaltsverpflichtung gegenüber R und - ab Mai die die 1996 - auch gegenüber M sowie bis Dezember 1996 von der Darlehensbelastung geprägt gewesen. Ein zusätzlicher Betreuungsbonus im Hinblick darauf, dass der Beklagte das Kind R neben seiner Erwerbstätigkeit betreue, sei indessen nicht zu berücksichtigen, da nicht vorgetragen worden sei, dass sich die Betreuung nur unter besonderen Erschwernissen bewerkstelligen lasse.

Einen Betreuungsbonus generell und ohne Berücksichtigung der konkreten Betreuungsmöglichkeiten anzuerkennen sei ebenso wenig geboten wie eine nur teilweise Anrechnung des Einkommens des Beklagten. Gegen die Annahme einer besonderen Belastung durch die Sorge für R spreche im übrigen der Umstand, dass das Kind von der in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt nicht erwerbstätigen Lebensgefährtin des Beklagten betreut worden sei.

Diese Auffassung begegnet rechtlichen Bedenken. Nach der Rechtsprechung des Senats hat das Einkommen aus einer wegen der Betreuung minderjähriger Kinder über das gebotene Maß hinaus ausgeübten Erwerbstätigkeit bei der Unterhaltsbemessung zwar nicht von vornherein unberücksichtigt zu bleiben. Über die Frage der Anrechnung ist vielmehr nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden.

Damit steht es in Einklang, das Einkommen aus einer trotz der Kinderbetreuung ausgeübten Berufstätigkeit unter Abzug des Betrages anzusetzen, der für die infolge dieser Berufstätigkeit notwendig gewordene anderweitige Betreuung eines Kindes aufgewendet werden musste.

Die Berücksichtigung eines anrechnungsfreien Betrages des auf einer überobligationsmäßigen Tätigkeit beruhenden Mehreinkommens hat der Senat auch dann für gerechtfertigt gehalten, wenn keine konkreten Betreuungskosten anfallen, etwa weil die zweite Ehefrau des Unterhaltsverpflichteten das Kind aus dessen erster Ehe mitbetreut.

In welcher Höhe ein entsprechender Betrag anzusetzen ist, muss der tatrichterlichen Entscheidung überlassen bleiben. Der Senat hat einen Abzug von monatlich 300 DM in einem Fall, in dem die zweite Ehefrau des Unterhaltsverpflichteten dessen 13 und 14 Jahre alten Kinder aus erster Ehe mitbetreute, nicht beanstandet.

Von dieser Rechtsprechung ist der Senat in dem von dem Berufungsgericht angeführten Urteil vom 7. November 1990 (Az: XII ZR 123/89), das im übrigen nicht einen Anspruch auf Ehegattenunterhalt betraf, sondern die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Elternteil, der neben der Ausübung einer Erwerbstätigkeit minderjährige unverheiratete Kinder betreut, als anderer unterhaltspflichtiger Verwandter im Sinne von § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB neben der Betreuung auch zum Barunterhalt der Kinder herangezogen werden kann, nicht abgerückt.

Vielmehr hat er sich ausdrücklich auf seine bisherige Rechtsprechung bezogen, in dem entschiedenen Fall allerdings Feststellungen dazu vermisst, in welchem zeitlichen Umfang eine von dem Oberlandesgericht nur für zumutbar angesehene Teilerwerbstätigkeit des Vaters nach den Besonderheiten der von ihm ausgeübten Arbeit in Betracht komme, um die notwendige Betreuung der acht und zehn Jahre alten Kinder sicherzustellen.

Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Dass ein Kind im Alter von 2 1/2 Jahren (Beginn des Zeitraums der Inanspruchnahme auf Trennungsunterhalt) bzw. von vier Jahren (Ende des Zeitraums) tagsüber durchgehend der Betreuung bedarf, jedenfalls solange es noch keinen Kindergarten die besucht, liegt auf der Hand. Ohne die Mithilfe seiner -hierzu im Verhältnis zu der Klägerin nicht verpflichteten - neuen Partnerin hätte der Beklagte deshalb keiner (vollen) Erwerbstätigkeit nachgehen können.

Daher war ihm ein nach tatrichterlichem Ermessen festzusetzender Freibetrag vorweg zu belassen. Dessen Bemessung, die sich ebenso wie die Ermittlung des einem Unterhaltsberechtigten nach § 1577 Abs. 2 BGB anrechnungsfrei zu belassenden Teils des Einkommens einer schematischen Beurteilung entzieht, wird im Einzelfall davon abhängen, wie etwa die Kinderbetreuung mit den konkreten Arbeitszeiten unter Berücksichtigung erforderlicher Fahrtzeiten zu vereinbaren ist und ob und gegebenenfalls zu welchen Zeiten das Kind einen Kindergarten besucht und insofern zeitweise der Betreuung nicht bedarf. Bei Berücksichtigung aller insoweit maßgebenden Umstände ergibt sich grundsätzlich keine Ungleichbehandlung von überobligationsmäßigen Erwerbseinkünften des Unterhaltsberechtigten und des Unterhaltsverpflichteten.
Stand: 06.07.2015 (aktualisiert am: 20.05.2025)
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