Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Anordnung der häuslichen Absonderung vom 14. September 2020 gemäß dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) rechtswidrig war.
Die Ehefrau des Klägers wurde am 1. September 2020 in das ... aufgenommen. Der Kläger besuchte sie dort am 8. September 2020. Am 9. September 2020 stellte man aufgrund eines Tests fest, dass sich die Ehefrau mit dem Corona-Virus angesteckt hatte.
Der Kläger testete sich am 14. September 2020 mittels PCR-Test im Labor Dr. X. . Am selben Tag teilte ihm die Beklagte mit, dass er sich mit sofortiger Wirkung bis einschließlich 21. September 2020 in häusliche Absonderung zu begeben habe. Am 16. September informierte der Kläger die Beklagte über das negative Ergebnis des Tests im Labor Dr. X. . Man teilte ihm daraufhin mit, dass dieses Ergebnis nichts an der Anordnung der häuslichen Absonderung ändere.
Die Beklagte bestätigte mit Schriftsatz vom 16. September 2020 die gegenüber dem Kläger ausgesprochene Anordnung vom 14. September 2020. Danach sei es ihm untersagt, die Wohnung zu verlassen. Auch dürften keine Hausflure, Waschküchen oder andere Räume aufgesucht werden, die für andere Personen zugänglich seien. Ferner sei es ihm untersagt, Besuch von haushaltsfremden Personen zu empfangen. Gleichzeitig drohte sie widrigenfalls unmittelbaren Zwang und ein Zwangsgeld an. Zur Begründung führte sie aus, man habe sich zu den angeordneten Maßnahmen als notwendige Schutzmaßnahmen zum Schutze der Allgemeinheit vor einem möglichen Infektionsrisiko, bzw. zum Zwecke eines möglichst weitgehenden Gesundheitsschutzes entschlossen, um eine weitere Ausbreitung des neuartigen Corona-Virus soweit wie möglich einzudämmen. Eine weniger einschränkende Maßnahme, beispielweise eine Beobachtung im Sinne von § 29 IfSG, sei nicht geeignet, dem hohen Infektionsrisiko eines unbestimmten Personenkreises entgegen zu wirken. In Anbetracht des bestehenden Infektionsrisikos der Erkrankung sei die Maßnahme auch verhältnismäßig.
Hiergegen hat sich der Kläger mit der am 7. Oktober 2020 erhobenen Klage gewandt, zu deren Begründung er im Wesentlichen ausführt: Mit der Anordnung der Absonderung habe die Beklagte ermessensfehlerhaft gehandelt. Es liege ein Ermessensdefizit vor, da die Beklagte nicht alle vom Zweck der Ermächtigung relevanten Tatsachen umfassend ermittelt habe. Man habe der Entscheidung die umfassend dargestellte persönliche Situation des Klägers nicht zugrunde gelegt. Er sei sich seiner Verantwortung gegenüber seiner Familie und der Gesellschaft stets bewusst gewesen und habe in den vergangen Monaten aufgrund der angespannten Situation durch die Corona-Pandemie weder an Veranstaltungen teilgenommen, noch habe er sich in Menschenansammlungen begeben. Er habe der Beklagten gegenüber auch deutlich gemacht, dass er dies so lange nicht beabsichtige, wie die Corona-Pandemie anhalte. Der Beklagten hätte aufgrund seines bisherigen Verhaltens und seiner Lebenssituation deutlich sein müssen, dass er keine Gefahr für die Übertragung des Corona-Virus darstelle. Soweit sie ausführe, sie habe bei der Anordnung der Absonderung gegenüber dem Kläger seine individuelle Situation schon aus rein praktischen Gründen nicht berücksichtigen können, mache sie seiner Auffassung nach deutlich, dass ihre Ermessenausübung rechtsfehlerhaft sei. Insgesamt leide die Verfügung daran, dass undifferenziert und Außerachtlassung des Einzelfalls eine Anordnung getroffen worden sei, die eine erhebliche Grundrechtseinschränkung beinhalte.
Darüber hinaus habe die Beklagte in ihrer Entscheidung das mildere Mittel der Vorlage eines negativen Corona-Tests nicht in Erwägung gezogen. Dass ein solcher jedoch geeignet sei, das Infektionsrisiko auszuschließen, ergebe sich schon aus § 15 Coronaschutzverordnung (CoronaSchVO) und § 3 Abs. 3 Coronaeinreiseverordnung (CoronaEinrVO). Unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr habe er zudem ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ordnungsverfügung, da auch in Zukunft die nicht geringe Gefahr bestehe, dass er in Kontakt zu einer Person komme, die an dem von Mensch zu Mensch übertragbar neuartigen Corona-Virus erkrankt sei.
Der Kläger beantragt wörtlich,
festzustellen, dass die mündliche Ordnungsverfügung der Beklagten vom 14. September 2020 und die schriftliche Ordnungsverfügung der Beklagten vom 16. September 2020 wegen häuslicher Absonderung gemäß Infektionsschutzgesetz rechtswidrig war.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt sie vor, dass die Voraussetzungen für die Anordnung der häuslichen Absonderung erkennbar vorgelegen hätten. Der Kläger sei als „Kontaktperson der Kategorie I“ einzustufen gewesen. Um eine großflächige Verbreitung des Corona-Virus möglichst effektiv zu bekämpfen, sei den Gesundheitsbehörden nichts anderes übrig geblieben, als Kontaktpersonen dieser Kategorie konsequent unter häusliche Quarantäne zu stellen. Entgegen der Auffassung des Klägers habe aufgrund seines negativen Testergebnisses vom 16. September 2020 auch keineswegs festgestanden, dass er nicht infiziert und daher auch nicht ansteckend gewesen sei. In medizinischer Hinsicht verhalte es sich so, dass trotz einer tatsächlich erfolgten Infektion mit dem Corona-Virus dieses unter Umständen erst nach einer längeren Zeit im Körper der betreffenden Person festgestellt werden könne. Erst nach 14 Tagen könne mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass keine Infektion vorliege. Auch ein negatives PCR-Ergebnis schließe aufgrund einer gewissen Fehleranfälligkeit die Möglichkeit einer Infektion nicht aus. Zudem sei der Umstand zu berücksichtigen, dass die Gesundheitsbehörden aufgrund der Vielzahl der Corona-Fälle schon rein praktisch nicht in der Lage seien, für jeden Einzelfall einen individuellen Zeitraum festzulegen. Es komme auch nicht darauf an, dass der Kläger laut eigener Aussagen stets Menschenansammlungen und Veranstaltungen gemieden habe. Eine Infektionskette könne bereits dadurch in Gang gesetzt werden, dass der Kläger eine weitere Person infiziere. Es sei nicht ausgeschlossen, dass durch diese Person weitere Personen angesteckt würden.
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