Der Antragsteller wendet sich mit seiner Popularklage gegen §§ 3, 4 und 5 der Fünfzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (15. BayIfSMV) des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 23. November 2021 (BayMBl Nr. 816, BayRS 2126-1-19-G). Er beantragt neben der Feststellung der Verfassungswidrigkeit die vorläufige Außervollzugsetzung der genannten Vorschriften.
1. Die Verordnung, mit der die Schutzmaßnahmen gegen die andauernde Corona-Pandemie fortgeführt und teilweise verschärft werden, ist gestützt auf § 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1, §§ 28 a, 28 c Satz 3 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) i. V. m. § 11 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung (SchAusnahmV) und auf § 9 Nr. 5 der Delegationsverordnung (DelV). Sie ist gemäß ihrem § 18 am 24. November 2021 in Kraft getreten, zuletzt durch §§ 1 und 2 der Verordnung vom 23. Dezember 2021 (BayMBl Nr. 949) geändert worden und wird mit Ablauf des 12. Januar 2022 außer Kraft treten.
Die angegriffenen Vorschriften betreffen Kontaktbeschränkungen bei privaten Zusammenkünften (§ 3), den Zugang insbesondere zu öffentlichen und privaten Veranstaltungen, Sportstätten, zum Kulturbereich sowie zu Freizeiteinrichtungen („2G plus“-Regelung, § 4) und den Zugang zu geschlossenen Räumen in der Gastronomie, dem Beherbergungswesen, an den Hochschulen und in weiteren Bereichen sowie bei bestimmten Dienstleistungen („2G“-Regelung, § 5); sie enthalten jeweils Besserstellungen von geimpften und genesenen gegenüber ungeimpften Personen.
2. Der Antragsteller macht mit seiner Antragsschrift vom 28. November 2021 und den weiteren Schreiben vom 12., 17. und 20. Dezember 2021 sowie vom 2. Januar 2022 geltend, die angegriffenen Bestimmungen verstießen gegen Art. 98 (Einschränkung von Grundrechten), Art. 99 (staatliche Schutzverpflichtung), Art. 118 Abs. 1 (allgemeiner Gleichheitssatz), Art. 100 (Menschenwürde) sowie gegen Art. 3 Abs. 2 Satz 2 BV (Gewährleistung gleichwertiger Lebensbedingungen).
Als Ausgangssituation sei festzustellen, dass in Bayern während der Corona-Zeit die Intensivbetten sowie die Notfallreserve erheblich abgebaut worden seien. Die Belegung der Intensivbetten habe beim Höchststand im November 2021 noch deutlich unter der maximalen Belegung im Juli 2020 gelegen; ein starker Anstieg sei nicht zu erkennen. Aus der Belegung der Intensivbetten könne keine Rechtfertigung der einseitigen Benachteiligung der ungeimpften gegenüber den geimpften Personen abgeleitet werden. Auch die Sterberate bezogen auf COVID-19-Fälle sei 2021 geringer als im Vorjahr. Aus aktuellen Statistiken des Robert Koch-Instituts und der für Großbritannien zuständigen Gesundheitsbehörde gehe hervor, dass es ab einem Alter von 30 Jahren aufwärts mit hoher Wahrscheinlichkeit in Deutschland mehr COVID-19-Fälle bei vollständig geimpften Personen als bei ungeimpften Personen gebe; dieser Anteil nehme sogar ständig zu. Je höher in einem Bundesland die Impfquote sei, desto höher sei die Sterblichkeit. Laut einer Harvard-Studie seien Massenimpfungen nachweislich wirkungslos bzw. sie förderten tendenziell das Corona-Infektionsgeschehen; bei voll Geimpften seien die Krankheitsverläufe aber vermutlich milder. Dass die Impfungen nicht oder zumindest kaum vor Ansteckung schützten, ergebe sich schon daraus, dass auch vollständig geimpfte Personen in vielen Bereichen Masken tragen müssten und dass in einigen Bereichen der Zugang nur für Geimpfte und Genesene mit einem aktuellen negativen Corona-Test erlaubt sei. Den Geimpften werde laut dem Virologen Prof. Kekulé eine falsche Sicherheit eingeredet.
Aus der dargelegten Ausgangslage gehe hervor, dass die Impfung nicht vor Ansteckung schütze und dass gerade infizierte Geimpfte die Gefahren der möglichen Verbreitung nicht erkennen würden, da sie sich sorgloser im Alltag bewegten, ohne dass die Viruslast im Vergleich zu Ungeimpften entsprechend reduziert wäre. Ob und inwieweit die Impfung vor schweren Verläufen und Tod schütze, könne aufgrund der schwammigen Datengrundlage nicht abschließend geklärt werden. Da es keine zwingenden gesundheitlichen oder sonstigen Gründe dafür gebe, ungeimpfte und nichtgenesene Personen anders zu behandeln als geimpfte oder von einer COVID-19-Erkrankung genesene, verstießen die Regelungen der §§ 3, 4 und 5 15. BayIfSMV gegen Art. 98 und 99 BV, zudem gegen Art. 118 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2 Satz 2 BV. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass die Impfung vor schweren Krankheitsverläufen einen gewissen Schutz biete, könne dies die einseitige Einschränkung der durch die Verfassung gewährleisteten Grundrechte von Ungeimpften nicht rechtfertigen. Mit gleichem Recht könnten und müssten dann auch Übergewichtige wegen ihres erhöhten Krebsrisikos sowie Auto- und Motorradfahrer oder Menschen, die gefährliche Sportarten betrieben, ausgegrenzt werden. Zur Eindämmung der COVID-19-Fälle müssten sich wie im Frühjahr 2021 alle Personen unabhängig vom Impf- oder Genesenenstatus zumindest beim Besuch geschlossener Räume im Sinn von § 5 15. BayIfSMV regelmäßigen Tests unterziehen. Zwei Oberverwaltungsgerichte hätten bereits 2G-Regelungen im Einzelhandel und an den Universitäten aufgehoben.
3. Der Bayerische Landtag und die Bayerische Staatsregierung wurden am Verfahren beteiligt. Die Staatsregierung hält den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in ihrer Stellungnahme vom 30. Dezember 2021 für unzulässig und darüber hinaus unbegründet.
Hierzu führte das Gericht aus:
Die Popularklage ist insgesamt unzulässig.
1. Nach Art. 98 Satz 4 BV hat der Verfassungsgerichtshof Gesetze und Verordnungen für nichtig zu erklären, die ein Grundrecht verfassungswidrig einschränken. Die Verfassungswidrigkeit kann jedermann durch Beschwerde (Popularklage) geltend machen. Gesetze und Verordnungen im Sinn des Art. 98 Satz 4 BV sind alle Rechtsvorschriften des bayerischen Landesrechts (Art. 55 Abs. 1 Satz 1 VfGHG). Dazu zählen auch die angegriffenen Bestimmungen der Fünfzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung. Ihrer Einordnung als Landesrecht steht nicht entgegen, dass sie auf einer bundesrechtlichen Ermächtigungsgrundlage beruhen.
2. Die Popularklage ist bereits unzulässig, weil den Ausführungen des Antragstellers keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Grundrechtsverletzung zu entnehmen sind.
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