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Fitnessstudiovertrag darf nicht um Corona-Schließzeit verlängert werden

Corona-Virus | Lesezeit: ca. 16 Minuten

Im vorliegenden Fall wollte ein Fitnessstudio aufgrund der behördlich veranlassten Schließung des Studios das Vertragsende der Mitgliedschaft um die Dauer der Corona-Schließzeit nach hinten verschieben.

Falls der Kunde damit nicht einverstanden war, erwiderte das Studio, es gäbe „bereits mehrere Gerichtsurteile zu der nunmehr relevanten Sachverhaltskonstellation. Die Gerichte haben unter Berücksichtigung der den §§ 133, 157, 313 BGB zu entnehmenden gesetzlichen Wertungen entschieden, dass es im Falle einer Unterbrechung eines Vertragsverhältnisses dem grundlegenden Interesse beider Parteien entspricht, dass sich das Vertragsverhältnis entsprechend der Unterbrechungszeit zeitlich verlängert. Insbesondere erhalte der Kunde bei einer Vertragslaufzeit von beispielsweise 12 Monaten einen vertraglichen Anspruch darauf, den günstigeren 12-Monatsbeitrag auch für volle 12 Monate in Anspruch nehmen zu können. Im Gegenzug muss daher dem Studio auch der Anspruch zugestanden werden, die vertraglich vereinbarten 12 Monate vollständig bezahlt zu erhalten (vgl. LG Gera 1 S 159/12, im gleichen Sinne auch LG Bamberg 3 S 155/14).“

Dieses Verhalten mahnte der vzbv ab.

Der vzbv als Kläger ist der Meinung, die Mitteilung an Verbraucher, die Fitnessstudioverträge um die behördlich angeordnete corona-bedingte Schließzeit ihres Studios zu verlängern, bringe zum Ausdruck, sie sei zu einer einseitigen Vertragsänderung in Form der Verlängerung des Vertrages befugt. Der Kläger behauptet, die Änderung der Vertragslaufzeit bedürfe nach § 311 Abs. 1 BGB grundsätzlich einer vertraglichen Vereinbarung. Eiine Änderungsbefugnis auf Grundlage von § 313 Abs. 1 BGB komme nicht in Betracht. Die Vorschrift sei gegenüber der gesetzlichen Unmöglichkeitsvorschrift in § 275 Abs. 1 BGB subsidiär. Die behördlich angeordnete Schließung der Fitnessstudios habe dazu geführt, dass die Beklagte ihre vertraglichen Leistungen gegenüber den Mitgliedern nicht mehr erfüllen konnte und daher von ihrer Leistungspflicht befreit worden sei. Für eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB sei daher kein Raum mehr. Zudem bedürfe es für eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB eines Änderungsverlangens gegenüber dem Vertragspartner. Ein solches habe die Beklagte nicht geäußert. Die Voraussetzung für eine Vertragsanspassung nach § 313 Abs. 1 BGB lägen nach Meinung des Klägers nicht vor. Die Beklagte habe Anspruch auf staatliche Überbrückungshilfen und dürfe im Übrigen entsprechend der sog. Gutscheinlösung aus Art. 240 § 5 EGBGB verfahren. Schließlich beruft sich der Kläger darauf, dass der Verbraucher seinen Vertrag fristgerecht gekündigt hat und die Beklagte ihm das Vertragsende zum 31.10.2020 auch bestätigt hat.

Die Verlängerung des Vertrags um die behördlich angeordnete Schließzeit führe auch zu einem Verstoß gegen § 309 a und b BGB. Bei Erstverträgen, für die grundsätzlich nur eine Erstlaufzeit von maximal 24 Monaten vereinbart werden darf, führe die Vertragsverlängerung zu einer Überschreitung der vertraglichen Bindungsfrist. Bei Verträgen, die bereits länger als 24 Monate bestehen und mangels Kündigung stillschweigend verlängert wurden, werde die gesetzlich auf ein Jahr begrenzte Verlängerungszeit durch die Verlängerung und die Schließzeit überschritten. Da§ 309 Nr. 9 BGB eine Marktverhaltensregelung darstelle, liege ein Wettbewerbsverstoß gemäß § 3 a UWG vor.

Die Beklagte stelle die Urteile des Landgerichts Gera und des Landgerichts Bamberg so dar, als wäre über die Rechtsmäßigkeit einer einseitigen Vertragsverlängerung nach behördlich angeordneter Schließung bereits entschieden worden. Dies sei jedoch unwahr. Hierdurch werde es Verbrauchern erschwert, ihre Rechte aus dem Vertrag hinsichtlich der Einhaltung der vertraglich vereinbarten Laufzeit zu behaupten und durchzuset zen, so dass auch insoweit eine Irreführung über die Rechte der Verbraucher nach § 5 Abs. 1 S. 11 2 Nr. 7 UWG vorliege.

Hierzu führte das Gericht aus:

Entgegen dem Urteil des Landgerichts Würzburg vom 23.10.2020, 1 HK O 1250/20, kommt die erkennende Kammer zu der Auffassung, dass die beanstandete Äußerung der Beklagten, die trainingsfreie Zeit werde als Vertragsverlängerung angesehen bzw. die Vertragslaufzeit verschiebe sich um den Zeitraum der Schließung, im Gesamtkontext betrachtet, sich als Tatsachenbehauptung darstellt und nicht bloß die Äußerung einer Rechtsansicht enthält. Die Beklagte hat nicht nur die Rechtsansicht geäußert, dass es zu einer entsprechenden Vertragsverlängerung kommt, sondern aus Sicht des Verbrauchers wurde diesem verbindlich mitgeteilt, dass eine entsprechende Vertragsverlängerung verbindlich erfolgt bzw. feststeht. Insoweit ist der Sachverhalt, wie auch die Klägerseite zutreffend ausführt, nicht identisch mit dem von der Handelskammer entschiedenen Sachverhalt. Nach zuvor erfolgter Bestätigung der Kündigung konnte der hier betroffene Verbraucher die Äußerungen der Beklagtenseite nicht anders verstehen.

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