Rechtsfrage klären? Wir beraten per   E-Mail  -   Video  -   Telefon  -   WhatsAppBewertung: - bereits 394.114 Anfragen

Verfassungsbeschwerde gegen coronabedingte Untersagung von Golfsport

Corona-Virus | Lesezeit: ca. 11 Minuten

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen zwei in einem verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren ergangene Beschlüsse.

Die Beschwerdeführer beantragten unter dem 30. Dezember 2020 beim Verwaltungsgericht, ihnen per einstweiliger Anordnung unter Einschränkung der Regelungen in § 9 der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung) zu erlauben, den Golfsport auf zwei näher bezeichneten Golfplätzen mit bis zu zwei Personen unter Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln auszuüben. Das Verwaltungsgericht legte diesen Antrag als Antrag auf Normerlass im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes aus und entschied, dass dieser jedenfalls unbegründet sei. Es fehle am nach § 123 VwGO erforderlichen Anordnungsanspruch. Hierfür wäre erforderlich, dass die Entscheidung des Verordnungsgebers gegen eine Ausnahme von § 9 Coronaschutzverordnung schlechterdings unvertretbar oder unverhältnismäßig sei. Daran fehle es nach der bisherigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts. Selbst wenn man dies anders betrachtete, fehlte es an einem Anordnungsanspruch, weil jedenfalls die begehrte Ausnahmeregelung sich nicht als einzige taugliche Variante – im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null – darstelle. Zudem würde der Erlass der begehrten Norm eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache bedeuten.

Hiergegen legten die Beschwerdeführer Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht ein. Während des anhängigen Beschwerdeverfahrens wurde eine Neufassung der Coronaschutzverordnung erlassen, nach der Sport allein, zu zweit oder ausschließlich mit Personen des eigenen Hausstandes auf Sportanlagen unter freiem Himmel einschließlich der sportlichen Ausbildung im Einzelunterricht grundsätzlich zulässig war. Die am verwaltungsgerichtlichen Verfahren Beteiligten erklärten den Rechtsstreit daraufhin für erledigt. Das Oberverwaltungsgericht stellte das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ein, erklärte den Beschluss des Verwaltungsgerichts für wirkungslos und erlegte den Beschwerdeführern die Kosten des Verfahrens auf. Zur Begründung führte es aus, es entspreche regelmäßig billigem Ermessen im Sinne des § 161 Abs. 2 VwGO, demjenigen die Verfahrenskosten aufzuerlegen, der ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses voraussichtlich unterlegen wäre. Nach dieser Maßgabe seien die Kosten des Verfahrens den Antragstellern des Eilverfahrens aufzuerlegen, weil die Beschwerde zum maßgeblichen Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses voraussichtlich nicht erfolgreich gewesen wäre. Gründe, die nach Maßgabe des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO Anlass gegeben hätten, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und dem Antrag stattzugeben, seien der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen. Insbesondere setze sich die Beschwerde nicht in der gebotenen Weise mit der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die besonderen Voraussetzungen für den der Sache nach begehrten Normerlass bzw. für eine Normänderung von § 9 Abs. 1 Coronaschutzverordnung nicht vorlägen, auseinander. Dem Land Nordrhein-Westfalen als Antragsgegner des Eilverfahrens seien die Kosten des Verfahrens auch nicht allein deshalb aufzuerlegen, weil die streitgegenständliche Regelung mit der Neufassung der Coronaschutzverordnung geändert worden sei. Es sei nicht davon auszugehen, dass hiermit eine Klaglosstellung unter Aufgabe des bisherigen Rechtsstandpunkts beabsichtigt gewesen sei. Aus der Begründung des Verordnungsgebers ergebe sich als Grund für die Änderung vielmehr, dass der Ermöglichung einer sportlichen Betätigung – gerade in der bevorstehenden Frühjahrszeit – angesichts der erheblichen Dauer des Lockdowns eine erhebliche Bedeutung für die Gesundheit der Bevölkerung zukomme; daher werde zu diesem Zeitpunkt der Ermöglichung des Sports im Freien auch auf Sportanlagen eine Priorität vor der Vermeidung der dabei auch im Außenbereich entstehenden Kontakte eingeräumt.

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung ihrer "landesverfassungsrechtlichen Rechte, der grundgesetzlichen Rechte, der Rechte aus der europäischen Menschenrechtscharta sowie der Menschenrechte" durch die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts. In Anbetracht der Sach- und Rechtslage sei es unangemessen, ihnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, auch angesichts der Neufassung der Coronaschutzverodnung seien die Kosten des Rechtsstreits nicht dem Land aufzuerlegen gewesen, sei rechtlich nicht haltbar und unvertretbar. Die angegriffenen Entscheidungen berücksichtigten nicht hinreichend das Recht auf Freizügigkeit aus Art. 11 GG. Die Kostenauferlegung verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter weiterer Berücksichtigung der Gleichbehandlung. Es fehle für die dauerhaften Einschränkungen zudem an einem Parlamentsgesetz. Durch die Handhabung im Verordnungswege seien die Grundrechte aus Art. 1 und 2 GG nicht gewährt worden. Jedenfalls sei es unbillig, dass sie auch die außergerichtlichen Kosten der Gegenseite tragen müssten, weil die Beauftragung einer Rechtsanwaltskanzlei durch das im Ausgangsverfahren beteiligte Land nicht notwendig gewesen sei.

Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1, § 59 Abs. 2 Satz 1 VerfGHG durch die Kammer zurückgewiesen, weil sie unzulässig ist.

Sie ist nicht ausreichend begründet.

Eine Verfassungsbeschwerde bedarf nach § 18 Abs. 1, § 53 Abs. 1 und § 55 Abs. 4 VerfGHG einer substanziierten Begründung, die sich nicht lediglich in der Nennung des verletzten Rechts und in der Bezeichnung der angegriffenen Maßnahme erschöpfen darf. Die Möglichkeit, dass die angefochtene fachgerichtliche Entscheidung auf einer grundsätzlichen Verkennung des Gewährleistungsgehalts des als verletzt gerügten Grundrechts beruht, muss sich vielmehr aufgrund einer hinreichenden Auseinandersetzung mit der Begründung der angefochtenen Entscheidung aus der Begründung der Verfassungsbeschwerde ergeben. Dabei muss die Begründung der Verfassungsbeschwerde dem Umstand Rechnung tragen, dass der Verfassungsgerichtshof kein „Superrevisionsgericht“ ist. Die Auslegung und Anwendung des maßgebenden Prozessrechts sind grundsätzlich Aufgaben der zuständigen Fachgerichte. Ein verfassungsgerichtliches Eingreifen kommt regelmäßig erst dann in Betracht, wenn die angegriffene fachgerichtliche Entscheidung Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung des Grundrechts des jeweiligen Beschwerdeführers und seines Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz beruhen.

Diesen Anforderungen wird die Begründung der Verfassungsbeschwerde nicht gerecht.

Soweit die Beschwerdeführer sich gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts und dessen Annahme wenden, die Beschwerde im Eilverfahren wäre voraussichtlich erfolglos geblieben, erschöpft sich ihr Vorbringen im Wesentlichen in der Behauptung, diese Rechtsauffassung sei verfassungsrechtlich nicht haltbar und verletzte sie in ihren Grundrechten. Es fehlt an einer Auseinandersetzung mit den Gründen der Entscheidung, insbesondere mit der Erwägung, die Beschwerde im Eilverfahren habe nicht aufgezeigt, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts die besonderen Voraussetzungen für den begehrten Normerlass im Eilverfahren vorgelegen hätten. Soweit die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang Art. 11, Art. 1, Art. 2 GG und den Gleichbehandlungsgrundsatz nennen, zeigen sie nicht auf, welchen Gewährleistungsgehalt sie dem jeweiligen Grundrecht beimessen und inwieweit dieser durch das Oberverwaltungsgericht verkannt worden sein soll. Dies gilt auch, soweit sie eine Verletzung ihrer Rechte aus der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und ihrer Menschenrechte rügen. Der weitere Vorwurf, es sei unbillig, ihnen die gesamten Verfahrenskosten einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Landes aufzuerlegen, weil für dieses die Beauftragung von Prozessbevollmächtigten nicht notwendig gewesen sei, erschöpft sich in der Rüge der Verletzung einfachen Rechts, ohne aufzuzeigen, inwieweit die Beschwerdeführer hierdurch in ihren Grundrechten verletzt worden sein könnten.

Soweit die Beschwerdeführer auch den Beschluss des Verwaltungsgerichts als Beschwerdegegenstand benennen, fehlt es völlig an einer Auseinandersetzung mit dieser Entscheidung, so dass auch insoweit die Begründungsanforderungen nicht erfüllt sind.


VerfGH Nordrhein-Westfalen, 15.06.2021 - Az: VerfGH 63/21

Wir lösen Ihr Rechtsproblem! AnwaltOnline - empfohlen von Die Welt online

Fragen kostet nichts: Schildern Sie uns Ihr Problem – wir erstellen ein individuelles Rechtsberatungsangebot für Sie.
  Anfrage ohne Risiko    vertraulich    schnell 

So bewerten Mandanten unsere Rechtsberatung

Durchschnitt (4,85 von 5,00 - 1.240 Bewertungen) - Bereits 394.114 Beratungsanfragen

Präzise Beratung, ausführliche und auch rasche Beantwortung der offenen Fragen - bin sehr zufrieden!

Verifizierter Mandant

Herr Voss Rechtsanwalt hat mir sehr gut geholfen.Empfehlenswert. Deutlich und sehr gute Fachkenntnisse.

Verifizierter Mandant