Die Antragstellerin, die in Bayern ein Möbelhaus mit integrierter Shopping-Lounge betreibt, beantragt nach § 47 Abs. 6 VwGO die vorläufige Außervollzugsetzung des § 12 Abs. 1 der Zwölften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 5. März 2021 (12. BayIfSMV, BayMBl. Nr. 171), zuletzt geändert mit Verordnung vom 25. März 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 224).
Zur Begründung ihres am 22. März 2021 eingegangenen Eilantrags führt die Antragstellerin in tatsächlicher Hinsicht an, sie unterhalte ein Schutz- und Hygienekonzept, das es ermögliche, die Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 unter ihren Kunden zu verhindern. Ihr Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung sei vom zuständigen Landratsamt abgelehnt worden. Da der örtliche Landkreis eine 7-Tages-Inzidenz von 232,03 aufweise (Stand: 17.3.2021), sei eine Öffnung nach der 12. BayIfSMV derzeit untersagt und die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung auch derzeit nicht zu erwarten. Die in § 12 Abs. 1 Satz 2 12. BayIfSMV getroffenen Ausnahmen könnten nicht nachvollzogen werden. Das Möbelhaus unterscheide sich schon wegen seiner Räumlichkeiten in keiner Weise von beispielsweise einem Garten- oder Baumarkt. Möbel seien für Menschen mindestens ebenso wichtig wie die dort erhältlichen Artikel. Dies gelte vor allem für Küchenmöbel, ohne die die Menschen ihr Essen nicht adäquat zubereiten könnten. Der Inzidenzwert sei ungeeignet. Offen sei auch, ob und inwieweit die Maßnahmen zur Vermeidung der Überlastung des Gesundheitssystems dienten. Die Kliniken und Kapazitäten zur Intensivbehandlung seien derzeit nicht ausgelastet. Den aktuellen Lageberichten des RKI könne nicht entnommen werden, dass sich die Menschen überwiegend in Möbelhäusern infizierten.
In rechtlicher Hinsicht rügt die Antragstellerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 12 und Art. 3 Abs. 1 GG. Die angegriffene Vorschrift beruhe unter Berücksichtigung des Parlamentsvorbehalts auf einer unzureichenden Ermächtigungsgrundlage. Vor dem Hintergrund der begonnenen Impfkampagne, der allerorts verfügbaren Schnelltests und der neuen Möglichkeit der Kontaktdatenverfolgung (durch Apps) erscheine eine Neubewertung der Rechtsprechung des Senats angezeigt. Die Maßnahmen seien unverhältnismäßig. Der hier gegenständliche Eingriff sei nach dem sogenannten „Übermaßverbot“ bezogen auf das Freiheitsgrundrecht der Antragstellerin nicht erforderlich. Es sei an dem Verordnungsgeber, zu erläutern, weshalb es sich bei den hier streitgegenständlichen Inzidenzen nicht um gegriffene Zahlen, sondern um wissenschaftlich begründbare Tatsachen handeln solle. Es bestehe eine Ungleichbehandlung zu anderen Branchen. Es sei nicht erkennbar, dass sich der Lebensmittelhandel mit sechs Millionen Kundenkontakten zum Hotspot entwickelt hätte. Der Nichtlebensmittelhandel habe demgegenüber nur 1,6 Millionen Kontakte. Der Geschäftsbereich der Antragstellerin unterscheide sich nicht von den ausnahmsweise zugelassenen Branchen, wie Drogerien, Baumärkte und Blumenläden. Als Arbeitgeberin und Ausbilderin sei die Antragstellerin systemrelevant. Auch fehle eine nach Art. 14 Abs. 3 GG erforderliche Entschädigungsregelung. Im Übrigen werde auf die am 23. März 2021 veröffentlichte Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen verwiesen.
Hierzu führte das Gericht aus:
Der nur zum Teil zulässige Antrag hat keinen Erfolg.
Der Antrag ist unzulässig, soweit er die vorläufige Außervollzugsetzung der Bestimmungen in § 12 Abs. 1 Satz 2 bis 8 12. BayIfSMV begehrt. Eine isolierte Außervollzugsetzung kommt insoweit nicht in Betracht, weil sie darauf abzielt, einen Teil einer untrennbaren Gesamtregelung außer Vollzug zu setzen. Abgesehen davon fällt die Antragstellerin entweder nicht unter diese Regelungen (Satz 2 bis 5) oder wird durch diese begünstigt (Satz 6). Soweit die Regelung mögliche Konkurrenten in Landkreisen mit einer 7-Tage-Inzidenz unter 100 (Satz 7 und 8) im Wettbewerb um Kunden begünstigt, betrifft sie die Antragstellerin nur als Rechtsreflex. Eine echte Konkurrenzlage in dem Sinn, dass die Öffnung der Ladengeschäfte gleichzeitig unmittelbar rechtlich und nicht nur tatsächlich, also reflexartig, in ihre Position als Betreiberin eines Möbelhauses eingreift, liegt nicht vor.
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