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Begrenzung der Kundenhöchstzahl im Einzelhandel aufgrund der Corona-Pandemie

Corona-Virus | Lesezeit: ca. 42 Minuten

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Die Antragstellerin, die ein Einkaufszentrum mit rund 50 Einzelhandelsgeschäften betreibt, wendet sich gegen die Begrenzung der Kundenhöchstzahl im Einzelhandel sowie gegen die unterschiedlichen Maßstäbe bei der Festlegung der zulässigen Anzahl von Kunden in Ladengeschäften und Einkaufszentren.

Der Antragsgegner hat am 15. Dezember 2020 die Elfte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (11. BayIfSMV; BayMBl. 2020 Nr. 737) erlassen, die auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

§ 12

Handels- und Dienstleistungsbetriebe, Märkte

(1) Die Öffnung von Ladengeschäften mit Kundenverkehr und zugehörige Abholdienste sind untersagt. Ausgenommen sind der Lebensmittelhandel inklusive Direktvermarktung, Lieferdienste, Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Kfz-Werkstätten, Fahrradwerkstätten, Banken und Sparkassen, Filialen des Brief- und Versandhandels, Reinigungen und Waschsalons, der Verkauf von Presseartikeln, Tierbedarf und Futtermittel, der Verkauf von Weihnachtsbäumen und sonstige für die tägliche Versorgung unverzichtbare Ladengeschäfte sowie der Großhandel. Der Verkauf von pyrotechnischen Gegenständen der Kategorie F2 im Sinne von § 3a SprengG und von Waren, die über das übliche Sortiment des jeweiligen Geschäfts hinausgehen, ist untersagt. Für nach Satz 2 zulässigerweise geöffnete Betriebe und den Großhandel gilt:

1. Der Betreiber hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass grundsätzlich ein Mindestabstand von 1,5 m zwischen den Kunden eingehalten werden kann.

2. Der Betreiber hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die Zahl der gleichzeitig im Ladengeschäft anwesenden Kunden nicht höher ist als ein Kunde je 10 m2 für die ersten 800 m2 der Verkaufsfläche sowie zusätzlich ein Kunde je 20 m2 für den 800 m2 übersteigenden Teil der Verkaufsfläche.

3. Für das Personal, die Kunden und ihre Begleitpersonen gilt Maskenpflicht in den Verkaufsräumen, auf dem Verkaufsgelände, in den Eingangs- und Warteflächen vor den Verkaufsräumen und auf den zugehörigen Parkplätzen; soweit in Kassen- und Thekenbereichen von Ladengeschäften durch transparente oder sonst geeignete Schutzwände ein zuverlässiger Infektionsschutz gewährleistet ist, entfällt die Maskenpflicht für das Personal.

4. Der Betreiber hat für den Kundenverkehr ein Schutz- und Hygienekonzept auszuarbeiten und auf Verlangen der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde vorzulegen.

Für Einkaufszentren gilt:

1. Hinsichtlich der einzelnen Ladengeschäfte gelten die Sätze 1 bis 4.

2. Hinsichtlich der Einkaufszentren gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass sich die zugelassene Kundenhöchstzahl nach der für Kunden zugänglichen Gesamtfläche des Einkaufszentrums bemisst und das Schutz- und Hygienekonzept die gesamten Kundenströme des Einkaufszentrums berücksichtigen muss.

…“

3. Zur Begründung ihres Antrags trägt die Antragstellerin vor, sie betreibe ein Einkaufszentrum, das rund 50 in sich abgeschlossene Einzelhandelsgeschäfte beherberge, u.a. auch solche, die der Ausnahmeregelung des § 12 Abs. 1 Satz 2 11. BayIfSMV unterfielen und daher weiterhin geöffnet seien. Die Gesamtfläche betrage rund 18.000 m² die Verkaufsfläche etwa 12.000 m². Viele der Ladengeschäfte wiesen eine Verkaufsfläche von deutlich unter 800 m² auf.

Die angegriffene Verordnung verstoße gegen die Begründungspflicht. Der Begriff der „Gesamtfläche“ in § 12 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 11. BayIfSMV sei zu unbestimmt. Es bleibe unklar, was darunter zu verstehen sei, die gesamte Verkaufsfläche im Einkaufszentrum oder die Bruttogeschossfläche. Vor allem werde nicht ersichtlich, ob in einem Einkaufszentrum die Verkehrsfläche zwischen den Läden hinzugerechnet werden dürfe oder nicht. Widersprüchlich sei, dass einerseits nach § 12 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 11. BayIfSMV ein grundsätzlich einzuhaltender Mindestabstand von 1,5 m zwischen den Kunden als ausreichend angesehen werde, andererseits aber geregelt werde, dass sich auf 10 m² oder sogar auf 20 m² lediglich ein Kunde aufhalten dürfe (§ 12 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 11. BayIfSMV). Dadurch ergebe sich ein weit größerer Abstand als eigentlich für erforderlich gehalten werde.

Die angegriffenen Regelungen verletzten den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) in zweifacher Hinsicht. Einkaufszentren würden zum einen zu Unrecht wie Kaufhäuser und größere Ladengeschäfte behandelt. Dies sei durch infektionsschutzrechtliche Gründe nicht begründbar. Ein Einkaufszentrum beherberge nämlich eine Vielzahl einzelner Ladengeschäfte, die jeweils gesondert zu betrachten seien, auch in Bezug auf die Ladengröße. Die Einhaltung der Abstände sei bei abgeschlossenen Läden mit eigenen Zugängen viel leichter zu kontrollieren. Daher könne die unterschiedliche Behandlung der ersten 800 m² der Verkaufsfläche und des diese Größe übersteigenden Teils der Verkaufsfläche nur bei Kaufhäusern gerechtfertigt werden. Zum anderen seien Einkaufszentren mit kleineren Ladengeschäften in einer Einkaufs straße oder einer belebten Fußgängerzone vergleichbar. Die zulässige Zahl an Kunden sei bei einem Einkaufszentrum aber viel geringer, weil die Zahl der in den einzelnen Geschäften höchstens zulässigen Kunden nicht aufaddiert werden dürfe. Ein sachlicher Grund für diese Ungleichbehandlung sei nicht gegeben. Die Ladengeschäfte seien in Bezug auf Geschäftstypen und Anziehungskraft vergleichbar. Allerdings könne es in Einkaufsstraßen zu ungewollten Ansammlungen mit einer Unterschreitung des Mindestabstands und somit zu erheblichen Infektionsrisiken kommen, weil die Kundenzahl auf den Verkehrsflächen vor den Geschäften nicht reglementiert werde. Derartige Situationen könne der Betreiber eines Einkaufszentrums als Inhaber des Hausrechts verhindern. Er verfüge zudem über ein Hygienekonzept für die gesamte Einrichtung. Nicht begründbar sei auch die Bevorzugung von Läden bis 800 m². Die Größenordnung markiere eine Schwelle im Baurecht, sei aber infektionsschutzrechtlich nicht begründbar.

Es liege auch ein Verstoß gegen das Grundrecht der Antragstellerin aus Art. 12 Abs. 1 GG vor. Die Begrenzung der Kundenströme in einem Einkaufszentrum sei in dem angeordneten Umfang nicht erforderlich, um die bezweckte Eindämmung der Ausbreitung des Corona-Virus zu erreichen. Die besonderen Zugangs- und Hygienemaßnahmen, wie sie von der Antragstellerin bereits umgesetzt worden seien, etwa durch die Einhaltung von Mindestabständen und die Anordnung einer Maskenpflicht, seien vielmehr ausreichend. Die Begrenzung der Kundenzahl könne sogar dazu führen, dass sich vor den Läden oder vor dem Einkaufszentrum Ansammlungen bildeten, sodass die Einhaltung von Mindestabständen weniger gut zu kontrollieren sei. Die Maßnahmen beeinträchtigten das Betreiberkonzept der Antragstellerin in erheblicher Weise und führten zu massiven Umsatzausfällen. Bei Wegfall der Begrenzungen der Kundenzahl sei nicht zu befürchten, dass sich die Gefährdung erhöhe.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

§ 12 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 und Satz 5 Nr. 1 und 2 11. BayIfSMV bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag vorläufig außer Vollzug zu setzen sowie

hilfsweise § 12 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 11. BayIfSMV vorläufig nur mit der Maßgabe anzuwenden, dass sich die zugelassene Höchstzahl nach der Ladenfläche des einzelnen Ladens in einem Einkaufszentrum bemisst.

Hierzu führte das Gericht aus:

Der zulässige Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO hat weder im Hauptantrag noch im Hilfsantrag Erfolg.

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