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Verbot des Betriebs von Prostitutionsstätten

Corona-Virus | Lesezeit: ca. 9 Minuten

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.

Nach § 25 Abs. 1 VerfGHG kann der Verfassungsgerichtshof, wenn es zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grunde zum gemeinen Wohl dringend geboten ist, in einem anhängigen Verfahren einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln.

1. Der Antrag nach § 25 Abs. 1 VerfGHG ist bereits unzulässig.

Ein zulässiger Antrag nach § 25 Abs. 1 VerfGHG erfordert eine substantiierte Darlegung der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Dementsprechend muss der Antragsteller darlegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grunde zum gemeinen Wohl geboten ist.

Dem genügt der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht. Er enthält keinerlei konkrete Ausführungen dazu, welcher Nachteil der Beschwerdeführerin konkret droht. Ausführungen dazu waren auch nicht aus dem Grund entbehrlich, dass der Beschwerdeführerin der Betrieb ihrer Prostitutionsstätte derzeit untersagt ist. Denn zur Kompensation von Betriebsschließungen sind staatliche Kompensationsmaßnahmen vorgesehen.

2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wäre aber auch unbegründet.

Bei der Prüfung der Begründetheit eines Antrags nach § 25 Abs. 1 VerfGHG haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsakts vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben. Der Antrag auf Eilrechtsschutz hat jedoch keinen Erfolg, wenn eine Verfassungsbeschwerde von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet wäre. Bei offenem Ausgang muss der Verfassungsgerichtshof die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde aber der Erfolg zu versagen wäre. Im Eilrechtsschutzverfahren sind die erkennbaren Erfolgsaussichten einer Verfassungsbeschwerde zu berücksichtigen, wenn absehbar ist, dass über eine Verfassungsbeschwerde nicht rechtzeitig entschieden werden kann.

a) Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Verfassungsbeschwerde teilweise oder insgesamt bereits unzulässig ist.

aa) Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde könnte, soweit sie sich gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs wendet, der Grundsatz der Subsidiarität entgegenstehen. Bei Verfassungsbeschwerden, die sich gegen Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren richten, gebietet nämlich der Grundsatz der Subsidiarität regelmäßig die Erschöpfung des Rechtswegs in der Hauptsache, wenn - wie hier - nur Grundrechtsverletzungen gerügt werden, die sich auf die Hauptsache beziehen.

bb) Ob die Begründung der Verfassungsbeschwerde den Anforderungen an eine solche (§ 15 Abs. 1 Satz 2, § 56 Abs. 1 VerfGHG) entspricht, ist fraglich.

Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs richtet, lässt die Begründung bereits nicht mit Sicherheit erkennen, dass dessen ausführliche Begründung in der gebotenen Weise zur Kenntnis genommen worden ist. Soweit die Begründung dem Verwaltungsgerichtshof etwa die Auffassung unterschiebt, dass das Rechtsstaatsprinzip und das Demokratiegebot vor dem Hintergrund der aktuellen epidemiologischen Situation zugunsten des Schutzes des Gesundheitswesens und der Gesundheit der Bevölkerung zurückstehen müssten, geht dies an dem angegriffenen Beschluss vorbei.

Soweit sich die Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen die Corona-Verordnung richtet, ist kaum erkennbar, dass die Begründung das aktuelle Pandemiegeschehen und die derzeit geltenden Regelungen zum Schutz vor der Verbreitung des Coronavirus berücksichtigt.

b) Ob die Verfassungsbeschwerde, ihre Zulässigkeit unterstellt, begründet sein wird, lässt sich derzeit nicht absehen. Dies folgt schon daraus, dass der Verfassungsgerichtsgerichtshof bislang noch nicht entschieden hat, ob ein Verstoß gegen die Landesverfassung auch dann vorliegt, wenn eine Verordnung der Landesregierung - wie hier von der Beschwerdeführerin behauptet - auf eine gegen Bundesverfassungsrecht verstoßenden Rechtsgrundlage gestützt ist. Abgesehen davon könnte der Verfassungsgerichtshof, wenn er von der Verfassungswidrigkeit des § 32 Satz 1 IfSG überzeugt wäre, dies nicht selbst feststellen; vielmehr müsste er nach Art. 100 Abs. 1 GG die Frage der Gültigkeit der Norm dem Bundesverfassungsgericht vorlegen. Denkbar wäre im Übrigen auch, dass zwar die Rechtsgrundlage verfassungsgemäß ist, die angegriffene Vorschrift aber - was der Verwaltungsgerichtshof wohl für möglich hält - nicht (mehr) auf sie gestützt werden konnte. All dies lässt sich offensichtlich nicht in einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung klären.

c) Die - gegebenenfalls anzustellende - Folgenabwägung fällt hier schon deshalb zulasten der Beschwerdeführerin aus, weil sie nichts Konkretes zu den ihr im Fall des Unterbleibens des Erlasses einer einstweiligen Anordnung drohenden Nachteilen vorgetragen hat (s. schon oben 1.).

Andererseits sind die Gefahren der Covid-19-Pandemie weiterhin sehr ernst zu nehmen. Die Zunahme der Neuinfektionen hat sich jüngst lediglich abgeflacht. Es ist weiterhin von einer hohen Anzahl an Übertragungen in der Bevölkerung auszugehen. Die Zahl der intensivmedizinisch behandelten COVID-19-Fälle hat sich vom 15. Oktober 2020 bis zum 23. November von 655 auf 3742 mehr als verfünffacht. Für einen großen Teil der Fälle kann das Infektionsumfeld nicht mehr ermittelt werden. Dass Prostitutionsstätten nicht zum Infektionsgeschehen beigetragen haben, behauptet selbst die Beschwerdeführerin nicht.

Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Entscheidung des Verordnungsgebers, bestimmte Lebensbereiche und damit zusammenhängende Betriebe stark einzuschränken, auf einem Gesamtkonzept beruht, im Rahmen dessen insbesondere Schulen und Betreuungseinrichtungen für Kinder sowie eine große Zahl von Betrieben und Unternehmen geöffnet bleiben sollen. Würde dem Antrag der Beschwerdeführerin, nun Teile dieses Konzepts außer Kraft zu setzen, stattgegeben, bestünde die Gefahr, das Infektionsgeschehen nicht eindämmen zu können. Der Verordnungsgeber ist nicht gehalten, eine solche Entwicklung hinzunehmen, sondern aus dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit in (Art. 2 Abs. 1 LV i. V. m.) Art. 2 Abs. 2 GG sogar prinzipiell zu Maßnahmen des Gesundheits- und Lebensschutzes verpflichtet.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.


VerfGH Baden-Württemberg, 25.11.2020 - Az: 1 VB 120/20

ECLI:DE:VERFGBW:2020:1125.1VB120.20.00

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