Das hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht in einem Normenkontrollverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (Eilverfahren) entschieden und es abgelehnt, § 9 Abs. 1 der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung in der seit 13. November 2020 geltenden Fassung vom 10. November 2020 (Sächs-CoronaSchVO) insoweit vorläufig außer Vollzug zu setzen.
Gemäß § 9 Abs. 1 SächsCoronaSchVO sind Versammlungen unter freiem Himmel ausschließlich ortsfest zulässig.
Die weitere Beschränkung in dieser Vorschrift, wonach Versammlungen mit höchstens 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern zulässig sind, war nicht Gegenstand der Entscheidung.
Der Antragsteller hatte im Verfahren geltend gemacht, er beabsichtige, am heutigen Tag ab 16.00 Uhr vor einer Asylbewerberunterkunft in Dresden eine Kundgebung abzuhalten und sich anschließend mit der Versammlung von etwa 50 Personen auf dem Fahrrad über eine näher beschriebene Wegstrecke von etwa acht Kilometern als geschlossener Verband in mäßiger Geschwindigkeit zum Hammerweg in Dresden zu begeben. Deshalb war der Normenkontrollantrag im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zulässig. Der Antrag hatte jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Das gerügte Verbot anderer als ortsfester Versammlungen in § 9 Abs. 1 SächsCoronaSchVO greift zwar erheblich in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ein, weil das von Art. 8 GG geschützte Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters auch die Entscheidung über Ort, Zeitpunkt und Ablauf der geplanten Versammlung erfasst. Jedoch kann gemäß Art. 8 Abs. 2 GG dieses Recht für Versammlungen unter freiem Himmel aufgrund eines Gesetzes (also auch durch eine Rechtsverordnung) beschränkt werden. Eine solche Beschränkung ist dann jedoch im Lichte der grundlegenden Bedeutung der Versammlungsfreiheit auszulegen und nur zum Schutz gleichgewichtiger anderer Rechtsgüter und unter strikter Wahrung der Verhältnismäßigkeit zulässig.
Dies zugrunde gelegt ist das Verbot anderer als ortsfester Versammlungen in § 9 Abs. 1 SächsCoronaSchVO nicht offensichtlich rechtswidrig und deshalb vorläufiger Rechtsschutz gegen diese Norm zu versagen. Denn das Verbot dient dem Ziel, mittels Kontaktverringerung zu anderen Menschen als den Angehörigen des eigenen Haushalts die Weiterverbreitung des Virus SARSCOV-2 auf ein absolutes Minimum zu reduzieren.
Dass Aufzüge jeglicher Art wegen der dabei auftretenden vielfältigen Kontaktmöglichkeiten infektionstreibend sein können und dabei die Einhaltung der Hygienemaßgaben schwerer kontrolliert werden kann, liegt auf der Hand. Hinzu kommt, dass eine ortsfeste Versammlung unter Einhaltung der Hygieneanforderungen weiter möglich bleibt. Auch das Bundesverfassungsgericht (BVErfG, 30.08.2020 - Az:
1 BvQ 94/20) hat die Auflage, eine Versammlung ortsfest durchzuführen, demgemäß als ein milderes Mittel zur Durchsetzung des Infektionsschutzes gebilligt. Gegenüber der Einschränkung der Versammlungsfreiheit durch das Verbot anderer als ortsfester Versammlungen hat deshalb der Schutz von Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 1 GG, die angesichts des aktuellen Infektionsgeschehens sehr stark gefährdet sind, ein höheres Gewicht.
Die Entscheidung des OVG Sachsen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist unanfechtbar.