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Verbot des Alkoholausschanks auf einem Jahrmarkt wegen der Corona-Pandemie

Corona-Virus | Lesezeit: ca. 10 Minuten

Der Antragsteller ist Veranstalter der vom 11. bis 13. September 2020 in Hoppegarten, Ortsteil Hönow, durchgeführten Veranstaltung „Jahrmarkt Hönow mit Schlemmermeile und Vergnügungspark“. Nach dem von ihm eingereichten Konzept handelt es sich bei der Schlemmermeile um eine bunte Mischung von kulinarischen Angeboten, bei der unter anderem auch alkoholische Getränke ausgeschenkt werden. Der „Vergnügungspark“ besteht unter anderem aus Autoscooter, Riesenrutsche, Kinderkarussell und ähnlichem. Hinzu kommt nach dem Konzept noch eine Rubrik mit dem Titel „Kultur und Aktionen“, zu der unter anderem ein Kinderprogramm und Musikdarbietungen gehören. Der Antragsteller selbst betreibt zwei Stände, an denen auch alkoholische Getränke ausgeschenkt werden.

Mit Ordnungsverfügung vom 11. September 2020 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller unter Ziffer 2 mit, dass für die gesamte Veranstaltung ein Alkoholverbot gelte. Der Ausschank von Alkohol werde verboten, ebenso sei sicherzustellen, dass die anwesenden Gäste und Besucher keinen Alkohol auf dem Veranstaltungsgelände zu sich nehmen.

Durch Beschluss vom 11. September 2020 hat das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) es abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen Ziffer 2 der genannten Ordnungsverfügung anzuordnen.

Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht unter anderem ausgeführt: Das Alkoholverbot sei geeignet, erforderlich und angemessen, um der Weiterverbreitung des Corona-Virus zu begegnen. Es sei davon auszugehen, dass Alkoholkonsum das Maß an Interaktion und Dialog regelmäßig steigere und die Hemmschwelle und auch die Zurechnungsfähigkeit der alkoholkonsumierenden Besucher des Jahrmarktes negativ beeinflusse. Dadurch bestehe die Möglichkeit, dass enthemmte Besucher des Jahrmarkts sich nicht mehr an die Hygieneregeln hielten. Ein Alkoholverbot auf dem Veranstaltungsgelände während der gesamten Veranstaltungsdauer sei geeignet und auch erforderlich, um die Einhaltung der Abstandsregeln und das Gebot des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung flankierend zu sichern und damit die Ausbreitung des Corona-Virus zu begrenzen. Es sei unter Berücksichtigung der epidemiologischen Lage und des gegenwärtigen Anstiegs der Fallzahlen und der Nichtvorhersehbarkeit der weiteren Entwicklung durch Urlaubsrückkehrer sowie der Wiederaufnahme des Schulbetriebs auch angemessen. Der Umstand, dass die Veranstaltung ohne Alkoholausschank stattfinden müsse, stelle allenfalls eine allgemeine Härte dar, die dem Antragsteller zugemutet werden könne. Selbst wenn man den Ausgang des Widerspruchsverfahrens als offen ansehen wollte, führe eine allgemeine Interessenabwägung ebenfalls zu einem klaren Überwiegen des öffentlichen Interesses an dem Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung und der Sicherung des Gesundheitssystems gegenüber den wirtschaftlichen Interessen des Antragstellers.

Die gegen Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg, denn ihre Begründung rechtfertigt keine Änderung des angefochtenen Beschlusses (§ 146 Abs. 4 VwGO).

Der Antragsteller macht geltend, das Verwaltungsgericht verkenne, dass es keine allgemeine Lebenserfahrung dafür gebe, dass Alkoholkonsum generell dazu führe, dass Alkoholkonsum die öffentliche Sicherheit und Ordnung störe. Dieser Einwand verfehlt allerdings die Intention der angegriffenen Ordnungsverfügung sowie die Begründung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts. Anders als in dem vom Antragsteller angeführten Fall des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. Juli 2017 – 12 S 7.17 – geht es vorliegend nicht um die Prognose, ob Alkoholkonsum zu Fehlverhalten wie aggressivem Betteln, Anpöbeln und Behinderung von Passanten, etc., führt. Hier geht es vielmehr darum, dass die enthemmende Wirkung von Alkohol durchaus dazu geeignet ist, die an sich ungewohnte Pflicht, zu anderen Personen einen Mindestabstand einzuhalten, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen und die pandemiebedingten Hygieneregeln zu beachten, zu vernachlässigen. Hinzu kommt, dass Alkoholkonsum im Einzelfall aufgrund seiner enthemmenden Wirkung zu im Hinblick auf den Infektionsschutz problematischen Verhaltensweisen, wie Schreien oder lautem Reden im Rahmen einer Ansammlung führen kann. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist hingegen nicht die Prognose erforderlich, dass sämtliche Besucher, die auf der Veranstaltung Alkohol genießen, die einzuhaltenden Regeln missachten. Auch der vom Antragsteller herausgestellte Umstand, dass die Veranstaltung hauptsächlich auf „familiäre Besucher mit Kindern“ ausgerichtet sei, sich die Stände mit Alkoholausschank im hinteren Bereich des Veranstaltungsgeländes befänden und Gäste, die lediglich die anderen Angebote nutzen wollen, hiermit nicht oder nur eingeschränkt in Kontakt kämen, reicht nicht hin, um eine Steigerung des Infektionsrisikos infolge Alkoholgenusses als rechtlich unerheblich einzustufen, zumal nicht ausgeschlossen ist, dass sich gegebenenfalls alkoholisierte Gäste auch in die anderen Bereiche des Veranstaltungsgeländes begeben.

Das Konzept des vom Antragsteller veranstalteten Events „Jahrmarkt … mit Schlemmermeile und Vergnügungspark“ ist schon nach seinem Titel auf die Zusammenkunft einer Vielzahl von Menschen und eine ausgelassene Freizeitgestaltung ausgerichtet. Gerade Ansammlungen bergen jedoch per se typischerweise ein erhebliches Risiko der Weiterverbreitung von Infektionskrankheiten. Der Gesetzgeber hat die Beschränkung von Ansammlungen in § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG deshalb beispielhaft als geeignete Schutzmaßnahme herausgehoben. Nach der Einschätzung des Robert-Koch-Instituts (RKI) hat sich der seit Mitte Juli beobachtete Zuwachs in den übermittelten Fallzahlen zwar auf etwas höherem Niveau stabilisiert. Die aktuelle Entwicklung müsse jedoch weiter sorgfältig beobachtet werden. Eine erneute Zunahme der Neuinfektionen müsse vermieden werden. Daher sei es weiterhin notwendig, dass sich die gesamte Bevölkerung im Sinne des Infektionsschutzes engagiere, z.B. in dem sie Abstands- und Hygieneregeln konsequent – auch im Freien – einhalte. Um die Einhaltung dieser Regeln weitestgehend zu gewährleisten, ist es bei summarischer Prüfung auch aus Sicht des beschließenden Senats erforderlich, im Rahmen von Veranstaltungen wie der vom Antragsteller durchgeführten aus den eingangs genannten Gründen auf den Ausschank von Alkohol zu verzichten.

Der Senat teilt weiterhin die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass sich die vom Antragsteller angegriffene Einschränkung nicht als unangemessen im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erweist. Zum einen steht den vom Antragsteller besorgten wirtschaftlichen Einbußen das öffentliche Interesse am Schutz der besonders hochwertigen Rechtsgüter Leben und Gesundheit gegenüber. Zum anderen ist der Alkoholausschank, wie der Antragsteller selbst angibt, mit Blick auf den Gesamtcharakter der von ihm durchgeführten Veranstaltung von untergeordneter Bedeutung. Selbst soweit man lediglich auf die vom Antragsteller selbst betriebenen Stände abstellt, ergibt das von ihm eingereichte Konzept, dass er nicht nur Alkohol ausschenkt, sondern dort auch einen Grill betreibt.

Nach alledem ist dem Verwaltungsgericht davon auszugehen, dass die vom Antragsteller angegriffene Ordnungsverfügung offensichtlich rechtmäßig ist und das öffentliche Interesse an deren sofortiger Vollziehung das Suspensivinteresse des Antragstellers überwiegt. Auf die vom Verwaltungsgericht hilfsweise vorgenommene Interessenabwägung bei offenen Erfolgsaussichten kommt es daher nicht mehr an.


OVG Berlin-Brandenburg, 12.09.2020 - Az: 11 S 81.20

ECLI:DE:OVGBEBB:2020:0912.11S81.20.00

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