§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Niedersächsischen Verordnung zur Neuordnung der Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 - Niedersächsische Corona-Verordnung - vom 10. Juli 2020 (Nds. GVBl. S. 226), berichtigt am 15. Juli 2020 (Nds. GVBl. S. 257), zuletzt geändert durch Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 11. August 2020 (Nds. GVBl. S. 267), wird vorläufig außer Vollzug gesetzt.
Hierzu führte das Gericht aus:
1. Der mit Antragsschrift vom 11. August 2020 gestellte Hauptantrag, im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache festzustellen, dass das in § 5 Abs. 1 Nr. 3 der Niedersächsischen Verordnung zur Neuordnung der Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 vom 10. Juli 2020 enthaltene Verbot, Prostitutionsstätten für den Publikumsverkehr und Besuche zu öffnen, auf die vom Antragsteller in der C-Straße, Braunschweig betriebene Prostitutionsstätte keine Anwendung findet, soweit dem Betrieb ein Schutz- und Hygienekonzept zugrunde liegt, ist mangels Statthaftigkeit als unzulässig zu verwerfen.
Zwar eröffnet der von dem anwaltlich vertretenen Antragsteller ausdrücklich als Grundlage für die begehrte einstweilige Anordnung benannte § 47 Abs. 6 VwGO die Möglichkeit, parallel zu einem wie hier vor dem Senat in der Hauptsache geführten Normenkontrollverfahren (Az: 13 KN 308/20) unter bestimmten Voraussetzungen eine vorläufige Außervollzugsetzung der streitgegenständlichen untergesetzlichen Rechtsnorm zu erlangen. Hingegen kann das erklärte Ziel des Antragstellers, die Nichtanwendung einer Norm auf einen konkret-individuellen Einzelfall (hier: eine bestimmte vom Antragsteller in Braunschweig betriebene Prostitutionsstätte) vorläufig feststellen zu lassen, statthafterweise nicht nach dieser Vorschrift verfolgt werden. Der Senat sieht angesichts der anwaltlichen Vertretung des Antragstellers keine Veranlassung, den gestellten Hauptantrag in einen Antrag auf Erlass einer vorläufig die Nichtanwendbarkeit der Norm feststellenden einstweiligen Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO umzudeuten und die Sache insoweit gemäß §§ 45, 52 Nr. 1, 83 Satz 1 VwGO, § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG und § 73 Abs. 2 Nr. 1 NJG an das Verwaltungsgericht Braunschweig zu verweisen.
2. Der mit Schriftsatz vom 12. August 2020 angefügte Hilfsantrag, im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO das in § 5 Abs. 1 Nr. 3 der Niedersächsischen Verordnung zur Neuordnung der Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 vom 10. Juli 2020 enthaltene Verbot, Prostitutionsstätten für den Publikumsverkehr und Besucher zu öffnen, bis zur Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen, ist demgegenüber zulässig (a)) und begründet (b)).
a) Der Hilfsantrag ist zulässig.
b) Der Hilfsantrag erweist sich auch als begründet.
Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht in Normenkontrollverfahren auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind zunächst die Erfolgsaussichten eines Normenkontrollantrages im Hauptsacheverfahren, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag voraussichtlich Erfolg haben wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Gegenüberzustellen sind im Rahmen der sog. „Doppelhypothese“ die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe müssen die gegenläufigen Interessen deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist.
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