Rechtsfragen? Lösen unsere Rechtsanwälte für Sie.Bewertung: - bereits 393.244 Anfragen

Anordnung der häuslichen Quarantäne für aus bestimmten Staaten (hier: USA) Ein- und Rückreisende

Corona-Virus | Lesezeit: ca. 6 Minuten

Die Antragsteller wenden sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine durch Rechtsverordnung angeordnete vierzehntägige häusliche Quarantäne für Einreisende aus dem Ausland.

Der Antrag im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist zulässig und begründet.

Hierzu führte das Gericht u.a. aus:

Die Antragsteller haben nach der im Eilverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung einen Anspruch auf die begehrte vorläufige Regelung. Denn die Verpflichtung, sich unverzüglich nach der Einreise auf direktem Weg in die eigene Häuslichkeit oder eine andere geeignete Unterkunft zu begeben, sich für einen Zeitraum von 14 Tagen nach der Einreise ständig dort abzusondern und in diesem Zeitraum keinen Besuch von Personen zu empfangen, die nicht dem eigenen Hausstand angehören, die aus § 57 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO auch für die Antragsteller folgt, ist aller Voraussicht nach rechtswidrig und damit unwirksam.

Die geplante Einreise der Antragsteller aus den Vereinigten Staaten von Amerika wird vom Anwendungsbereich der Pflichten nach § 57 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO erfasst. Insbesondere wollen die Antragsteller aus einem Staat außerhalb der Staatengruppe im Sinne des § 57 Abs. 4 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO über den Flughafen Hamburg in das Bundesgebiet einreisen. Dass sie nur eine Durchreise durch die Freie und Hansestadt beabsichtigen, was sie nach § 58 Abs. 5 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO von der Quarantänepflicht nach § 57 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO befreien würde, haben sie nicht vorgetragen. Dies liegt angesichts ihrer Wohnung in Hamburg, in der sie nach eigenen Angaben auch gemeldet sind, auch nicht nahe. Auch sonst ist nicht erkennbar, dass zugunsten der Antragsteller eine von der Quarantänepflicht vollständig befreiende Ausnahme nach § 58 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO eingreift. Die Ausnahme nach § 58 Abs. 4 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO, wonach § 57 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO nicht gilt für Personen, die aus Staaten einreisen, für welche aufgrund belastbarer epidemiologischer Erkenntnisse durch das Robert Koch-Institut festgestellt wurde, dass das dortige Infektionsgeschehen eine Ansteckungsgefahr für die Einzelne bzw. den Einzelnen als gering erscheinen lässt, gilt nicht. Hierfür fehlt es an der ausdrücklich vorausgesetzten Feststellung durch das RKI. Der eindeutige Wortlaut der Vorschrift lässt auch keinen Raum, sie als allgemeine Öffnungsklausel zu verstehen und bei der Normanwendung aufgrund der veröffentlichten epidemiologischen Daten, z.B. des ECDC, selbst zu prüfen, ob ausreichende Anhaltspunkte für eine „geringe“ Ansteckungsgefahr vorliegen.

Die Regelung in § 57 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO wird sich jedoch aller Voraussicht nach als (derzeit) rechtswidrig erweisen, da es ihr an einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage fehlt. Sie kann nicht auf § 32 Satz 1 i.V.m. § 30 Abs. 1 Satz 2 des Infektionsschutzgesetzes gestützt werden, da dessen Voraussetzungen nicht für den gesamten in § 57 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO vorgesehenen Adressatenkreis gegeben sind. Quarantänemaßnahmen können aus rechtlichen Gründen auch nicht auf die daneben einzig in Betracht kommende infektionsschutzrechtliche Generalklausel des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG gestützt werden.

Obgleich es sich nach diesen Erkenntnissen bei dem Coronavirus SARS-CoV-2 um ein hochansteckendes Virus handelt und die von ihm ausgelöste Krankheit COVID-19 ernst zu nehmen ist, rechtfertigt das weltweite Infektionsgeschehen nicht die Annahme einer Ansteckungsgefahr bei jeder einreisenden Person aus „Drittstaaten“ ungeachtet aller individuellen Umstände.

Die pandemische Verbreitung als solche entbindet nicht von einer Berücksichtigung der konkreten Umstände, die sich hier weltweit sehr unterschiedlich darstellen.

Die Kammer vermag die Regelung des § 57 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO auch nicht isoliert für den konkreten Einreisestaat, die Vereinigten Staaten von Amerika, als rechtmäßig zu erachten.

Soweit sich hinsichtlich der Antragsteller oder anderer einreisender Personen aufgrund konkreter Tatsachen ein Ansteckungsverdacht ergeben sollte, so bliebe es der Antragsgegnerin im Übrigen unbenommen, im Einzelfall Anordnungen nach § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG zu treffen, sofern diese verhältnismäßig sind. Dabei könnte sie auch ein aufgrund der konkreten Aufenthaltsorte (etwa bestimmte Gliedstaaten oder Städte), des individuellen Verhaltens und des gewählten Reisewegs erhöhtes oder auch unterdurchschnittliches Ansteckungsrisiko berücksichtigen.


VG Hamburg, 08.06.2020 - Az: 2 E 2353/20

Wir lösen Ihr Rechtsproblem! AnwaltOnline - empfohlen vom SWR / ARD Buffet

Fragen kostet nichts: Schildern Sie uns Ihr Problem – wir erstellen ein individuelles Rechtsberatungsangebot für Sie.
  Anfrage ohne Risiko    vertraulich    schnell 

So bewerten Mandanten unsere Rechtsberatung

Durchschnitt (4,85 von 5,00 - 1.239 Bewertungen) - Bereits 393.244 Beratungsanfragen

Umgehende Bearbeitung nach Zahlung, sogar an einem Samstag!

Ausführliche, differenzierte und hilfreiche Analyse der Rechtslage. Da, wo ...

Verifizierter Mandant

Der Ablauf war verständlich, schnell und sehr sorgfältig. Hat mir sehr weitergeholfen.

Verifizierter Mandant