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Keine Entbindung von der Wohnverpflichtung in der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylantragsteller

Corona-Virus | Lesezeit: ca. 6 Minuten

Das Verwaltungsgericht hat in sechs verschiedene Verfahren Eilanträge abgelehnt, mit denen die Antragsteller jeweils zwei übereinstimmende Begehren geltend gemacht haben.

Zum einen begehrten sie eine Entbindung von der Verpflichtung, in der Aufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Neustadt (Hessen) zu wohnen und zum anderen forderten sie die Nutzungsmöglichkeit der Gemeinschaftsküche in der Zeit von 2.00 Uhr bis 4.30 Uhr für die restliche Zeit des Fastenmonats Ramadan. Der Fastenmonat endet am 23.05.2020.

Asylantragsteller sind ab Antragstellung für die Dauer von insgesamt bis zu 18 Monaten oder im Falle von Familien bis zu 6 Monaten verpflichtet, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Diese Verpflichtung kann gesetzlich aus verschiedenen Gründen bereits früher enden. Die Wohnverpflichtung endet unter anderem dann, wenn die Asylantragsteller einer Stadt oder einem Landkreis zugewiesen werden.

Eine derartige sofortige Zuweisung begehren die Antragsteller. Die Antragsteller haben in den Verfahren vor dem Verwaltungsgericht geltend gemacht, dass sie in der Erstaufnahmeeinrichtung in Neustadt keine Möglichkeit hätten, die empfohlenen Hygienemaßnahmen im Hinblick auf die Verhinderung einer unkontrollierten Verbreitung des SARS-Co-V-2-Virus einzuhalten. Sie könnten den Mindestabstand von 1,50 m zu anderen Personen nicht einhalten. Insbesondere bei der Reinigung der Wäsche, der Nutzung sanitärer Einrichtungen und der Gemeinschaftsküche sowie bei der Ausgabe der Geldleistungen komme es regelmäßig zu Menschenansammlungen. Die Gemeinschaftseinrichtungen der Aufnahmeeinrichtung würden von mindestens 50 Personen gemeinsam genutzt.

Die jeweils zuständigen Einzelrichter der 4. Kammer haben in den Eilbeschlüssen festgestellt, dass es den Antragstellern nicht unzumutbar sei, für die Dauer bis zu einer Zuweisungsentscheidung in der Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen. Insbesondere stünden keine Gründe der öffentlichen Gesundheitsvorsorge einem Fortbestehen der Wohnverpflichtung entgegen. Das Regierungspräsidium Gießen hat für die hygienischen Maßnahmen in Erstaufnahmeeinrichtungen ein Konzept zum Umgang mit COVID-19/ SARS-Co-V-2 nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts und in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt des Landkreises Gießen entwickelt und dieses dem Gericht vorgelegt. Nach Angaben des Regierungspräsidiums wurden zur Einhaltung der Schutzvorkehrungen alle Informationen in 13 Sprachen, dabei auch die türkische Sprache, übersetzt und gut sichtbar angebracht. Zudem seien die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes angehalten, gezielt auf die Einhaltung der Abstandsregelung sowie der vorgesehenen Schutzvorkehrungen zu achten. So wird beispielsweise zur Umsetzung des Hygienekonzepts einmal täglich zusätzlich eine desinfizierende Reinigung aller Kontaktflächen vorgenommen. Es erfolgt eine tägliche Desinfektion aller Handläufe und Türklinken und die Reinigungsintervalle wurden in den Räumlichkeiten erhöht. Zudem ist zur Einhaltung der Abstandsregeln beispielsweise die Taschengeldausgabe und Essenausgabe terminlich und räumlich entzerrt worden.

Zusätzlich begehrten alle Antragsteller mit den erst am 19.05.2020 beim Verwaltungsgericht eingereichten Eilanträgen eine Öffnung der Gemeinschaftsküche in der Erstaufnahmeeinrichtung in Neustadt in der Zeit von 02:00 Uhr bis 04:30 Uhr bis zum 23.05.2020. In dieser Zeit sei die Küche aktuell geschlossen. Die Antragsteller möchten als Muslime im Monat Ramadan ihre letzte Mahlzeit vor der Morgendämmerung zu sich nehmen.

Demgegenüber gab das Regierungspräsidium an, dass es allen Bewohnern der Erstaufnahmeeinrichtung derzeit möglich sei, ihre Mahlzeiten mit sogenannten „Take-Away“-Boxen auf den Bewohnerzimmern einzunehmen. Dies sei Teil des oben genannten Konzepts zum Umgang mit COVID-19/ SARS-Co-V-2.
Die jeweils zuständigen Einzelrichter der 4. Kammer sahen aus diesem Grund keine ausreichende Darlegung der Antragsteller gegeben, weshalb diese in den genannten 2 ½ Nachtstunden zwingend einen Zugang zur Gemeinschaftsküche benötigen.

Die Eilentscheidungen sind rechtskräftig.


VG Gießen, 20.05.2020 - Az: 4 L 1755/20.GI.A, 4 L 1756/20.GI.A, 4 L 1762/20.GI.A, 4 L 1764/20.GI.A, 4 L 1766/20.GI.A, 4 L 1768/20.GI.A

Quelle: PM des VG Gießen

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