Der Antragsteller verfolgt mit seinem Eilantrag gemäß § 47 Abs. 6 VwGO das Ziel, § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 1 und 3 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt zum Schutz vor dem Corona-Virus SARS-CoV-2 und COVID-19 (Sächsische Corona-Schutz-Verordnung – SächsCoronaSchVO) vom 17. April 2020 (SächsGVBl. S. 170) außer Vollzug zu setzen.
Der Antragsteller hat beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht um einstweiligen Rechtsschutz nach § 47 Abs. 6 VwGO nachgesucht.
Zur Begründung seines Rechtschutzbegehrens trägt er mit Schriftsatz vom 22. April 2020 zusammengefasst vor:
Er sei mit vielen in der Verordnung vorgesehenen grundrechtseinschränkenden Maßnahmen nicht einverstanden. Gerne würde er daher zusammen mit Personen aus seinem persönlichen Umfeld seine Meinung dazu im Rahmen einer Demonstration vor dem Haupteingang des Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt kundtun. Dies sei ihm auf Grund des in der Verordnung geregelten Versammlungsverbots jedoch nicht möglich. Er lehne es ab, zuvor eine Ausnahmeerlaubnis hierfür einzuholen, da er der Ansicht sei, dass dies mit seinem Recht auf Versammlungsfreiheit nicht vereinbar sei. Zudem würde er sich gerne mit zwei Personen in seiner Wohnung zusammensetzen, um über die „Corona-Maßnahmen“ zu debattieren und ein möglichst politisches Engagement zu planen.
Auch dies sei ihm durch § 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 SächsCoronaSchVO ohne die vorherige Beantragung einer Ausnahmegenehmigung verwehrt. Er würde bei den Veranstaltungen einen Mindestabstand von 1,5 Meter einhalten. Bei der Versammlung im öffentlichen Raum würde dies durch das Aufstellen in einer Reihe mit den entsprechenden Abständen umgesetzt werden. Innerhalb der 60 m² großen Wohnung würden die Stühle entsprechend weit auseinandergestellt werden. Er sei in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit sowie in seiner Versammlungsfreiheit verletzt. Die Grundrechtseingriffe seien unverhältnismäßig und damit nicht gerechtfertigt. Es sei unmöglich, den Sicherheitsabstand von 1,5 Meter ausnahmslos einzuhalten. Der Verordnungsgeber hätte daher eine Soll-Vorschrift erlassen müssen. In Bezug auf das Versammlungsverbot läge keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage vor. §§ 32, 28 InfSG lasse sich keine Befugnis zum Erlass eines präventiven Versammlungsverbots entnehmen. Der Eingriff in Versammlungsfreiheit sei verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Die Regelung sei zu unbestimmt und verstoße gegen die Wesengehaltsgarantie des Art. 19 Abs. 2 GG. In jedem Fall sei das präventive Versammlungsverbot mit Ausnahmevorbehalt unverhältnismäßig. Es werde zwar nicht verkannt, dass die Regelung mit dem Schutz von Leben und Gesundheit überragend wichtige verfassungsrechtliche Belange verfolge. Es sei jedoch zu berücksichtigen, dass der Schutz des Rechtsguts am Ende einer langen Kausalkette stehe und unklar bleibe, welche verbotene Versammlung in welchem Umfang zum Schutz des Ziels überhaupt beitragen könne, insbesondere wenn man bedenke, dass Versammlungen unter Einhalt des Schutzabstands zwischen den Teilnehmern durchführbar seien. Auch fehle es bereits an einer unmittelbaren, aus erkennbaren Umständen herleitbaren Gefahr für mit der Versammlungsfreiheit gleichwertige, elementare Rechtsgüter. Ein bloßes Risiko stelle keine solche unmittelbare Gefahr dar.
Dies gelte erst recht bei einer öffentlichen Versammlung mit sechs Personen oder einer nicht-öffentlichen Versammlung von drei Personen, wie sie von ihm beabsichtigt seien. Das präventive Versammlungsverbot sei auch mit der verfassungsrechtlich gebotenen Konsistenz des Schutzkonzepts des Antragsgegners unvereinbar. So sei nicht nachvollziehbar, warum Menschen an Gottesdiensten mit 15 Personen teilnehmen und in öffentlichen Verkehrsmitteln oder im Rahmen der beruflichen Tätigkeit ohne Ausnahmeerlaubnis zusammenkommen dürften, nicht jedoch, um von ihrer für den demokratischen Rechtsstaat zur elementaren Versammlungsfreiheit Gebrauch zu machen.
Hierzu führte das Gericht u.a. aus:
Der Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO ist nicht begründet.
Der Senat ist sich bewusst, dass die vom Antragsteller angesprochenen Einschränkungen mit schwerwiegenden Grundrechtseingriffen verbunden sind. Der Erlass der von dem Antragsteller beantragten einstweiligen Anordnung ist auch unter Berücksichtigung dessen nach dem vorgenannten Maßstab nicht gemäß § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwendung schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache stellen sich im Rahmen der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung als gering dar. Die danach vorzunehmende Interessenabwägung geht zu Lasten des Antragstellers aus, weshalb der auf Außervollzugsetzung der angegriffenen Regelungen gerichtete Antrag ohne Erfolg bleiben muss.
Es spricht Überwiegendes für die Auffassung, dass die vom Antragsteller angegriffenen Regelungen der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung im Hinblick auf den Vorbehalt des Gesetzes von § 32 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) in der Fassung vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 587) als Rechtsgrundlage gedeckt sind.
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