Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unzulässig.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung treffen, wenn diese Regelung notwendig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Erforderlich ist danach zum einen das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Notwendigkeit einer Eilentscheidung, und zum anderen ein Anordnungsanspruch, also ein rechtlicher Anspruch auf die begehrte Maßnahme. Der Antrag ist vorliegend auf die vorläufige Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gerichtet. Im Verfahren der Hauptsache wäre dazu die Feststellungsklage statthaft. Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Die durch § 6 Abs. 3 Nr. 6 SARS-CoV-2-BekämpfVO begründete Pflichtenbeziehung zwischen der Klägerin und dem Antragsgegner als Normgeber hat sich zu einem Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO verdichtet. Die Antragstellerin könnte auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung haben, die grundsätzlich vorläufig im Wege der einstweiligen Anordnung getroffen werden könnte.
Der Antrag auf die begehrte vorläufige Feststellung einer durch § 6 Abs. 3 Nr. 6 SARS-CoV-2-BekämpfVO nicht begründeten Pflichtenbeziehung zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner als Normgeber ist jedoch unzulässig, da damit – trotz unterschiedlicher Streitgegenstände – ein Verfahren auf Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit Abs. 6 VwGO umgangen werden würde. Die Zulässigkeit einer Feststellungsklage im Verfahren der Hauptsache als Mittel der inzidenten Normenkontrolle ist problematisch. Eine Klage mit dem alleinigen Ziel der Nichtigkeitsfeststellung oder Unanwendbarkeit einer Rechtsnorm könnte dabei grundsätzlich nicht auf § 43 VwGO gestützt werden, da eine solche Klage auf kein Rechtsverhältnis abzielt, sondern eine Umgehung des § 47 VwGO ermöglichen würde. Demgemäß kann insoweit trotz unterschiedlicher Streitgegenstände entgegen der von der Antragstellerin zitierten Rechtsprechung auch ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO im vorläufigen Rechtschutzverfahren nicht zulässig sein.
Dabei kann dahinstehen, ob der Antrag gegen die örtlich zuständige Infektionsschutzbehörde als Vollzugsbehörde statthaft gewesen wäre. Die Antragstellerin hat ihren Antrag unmittelbar gegen den Normgeber, also das Land Schleswig-Holstein, gerichtet, das nicht für den Normvollzug zuständig ist.
Die Zulässigkeit derartiger, unmittelbar auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit untergesetzlicher Rechtsnormen gerichteter Rechtsschutzbegehren hat das Bundesverfassungsgericht „außerhalb des Anwendungsbereichs von § 47 VwGO“ mit dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) begründet. Dementsprechend geht die überwiegende Meinung davon aus, dass eine atypische Feststellungsklage nur dann statthaft ist, wenn die Gültigkeit der Norm nicht einer unmittelbaren verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nach § 47 VwGO unterliegt. Eine derartige Rechtsschutzlücke besteht im vorliegenden Fall aufgrund von § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 67 Landesjustizgesetz (LJG) in Schleswig-Holstein bei einer vom Land erlassenen Rechtsverordnung gerade nicht.
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