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Ansprüche nach dem Erwerb eines vom Dieselskandal betroffenen Fahrzeuges

Verkehrsrecht | Lesezeit: ca. 21 Minuten

Diesel-Fahrzeug? Möglicherweise können Sie ➠ Schadensersatzansprüche geltend machen!
Eine Prüfstandserkennung indiziert nur dann die für eine Haftung gemäß § 826 BGB erforderliche arglistige Täuschung der Genehmigungsbehörden, wenn eine Manipulationssoftware ausschließlich im Prüfstand die Abgasreinigung verstärkt aktiviert.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger nimmt die Beklagte hinsichtlich eines von ihm im Dezember 2015 als Neuwagen von einem Autohaus erworbenen und von der Beklagten hergestellten Fahrzeugs VW T 6 2.0 TDI in Anspruch. Für den Fahrzeugtyp wurde die Typgenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 mit der Schadstoffklasse Euro 6 erteilt. Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor des Typs EA 288 ausgestattet und verfügt u.a. über eine temperaturgesteuerte Abgasrückführung (Thermofenster) sowie einen mit AdBlue betriebenen SCR-Katalysator. Es ist von einem Rückruf seitens des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) wegen einer Konformitätsabweichung betroffen.

Der Kläger hat zuletzt die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeugs resultieren, verlangt. Hilfsweise hat er Zahlung von 34.330 € nebst Prozesszinsen abzüglich einer noch zu beziffernden Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs, Feststellung der Ersatzpflicht für im Einzelnen bezeichnete unzulässige Abschalteinrichtungen, die im Klägerfahrzeug verbaut seien (Thermofenster, erhöhte Abgasrückführung auch nach Erreichen der Betriebstemperatur des SCR-Katalysators nur im Prüfstand, Aufwärmstrategie, Ladeverhalten der Autobatterie, AdBlue-Dosierung, OBD-System) sowie die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten begehrt. Die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende landgerichtliche Urteil hatte keinen Erfolg. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt er die zuletzt gestellten Anträge weiter.

Hierzu führte das Gericht aus:

Die Revision hat Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (OLG Oldenburg, 14.05.2021 - Az: 6 U 310/20), soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Die Feststellungsklage sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Es fehle an der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit etwaiger zukünftiger Vermögensschäden. Zudem sei dem Kläger die Erhebung einer Leistungsklage möglich gewesen, wie der hilfsweise gestellte bezifferte Zahlungsantrag belege.

Die Leistungsklage sei unbegründet. Das Fahrzeug verfüge nicht über unzulässige Abschalteinrichtungen, der Entzug der Typgenehmigung drohe nicht ernstlich und ein vorsätzliches sittenwidriges Handeln der Beklagten, das zu einem Schaden des Klägers geführt habe, sei nicht festzustellen. Eine Täuschung des KBA durch eine unzulässige Abschalteinrichtung habe der Kläger bereits nicht substantiiert dargelegt. Nicht jede Funktion, die der Erkennung des Prüfstands diene, sei eine Abschalteinrichtung. Selbst wenn eine Abschalteinrichtung - wie hier das Thermofenster - als unionsrechtlich unzulässig einzustufen sein sollte, reiche dies nicht zur Annahme einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung. Eine „Umschaltlogik“ analog zu der in den Motoren des Typs EA 189 habe das KBA trotz umfangreicher Untersuchungen ausweislich einer Vielzahl amtlicher Auskünfte bei dem hier verbauten Motortyp EA 288 auch in Bezug auf den VW T 6 2.0 TDI (Euro 6) nicht festgestellt. Der Rückruf sei nicht wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung, sondern wegen einer Konformitätsabweichung erfolgt. Auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28. Januar 2020 (Az: VIII ZR 57/19) könne sich der Kläger nicht stützen. Anders als dort habe das KBA den Motortyp bereits umfassenden Untersuchungen unterzogen und dabei keine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt. Hinsichtlich des unstreitig verbauten Thermofensters, das auf dem Prüfstand und außerhalb dessen in gleicher Weise funktioniere, fehle es jedenfalls an der Darlegung von Umständen, die für ein vorsätzliches Handeln der Beklagten sprächen. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass das KBA als staatliche Zulassungsbehörde die Typgenehmigung erteilt habe und die Zivilgerichte deshalb bis auf weiteres von der Rechtmäßigkeit der Motorkonfiguration auszugehen hätten. Diese Tatbestandswirkung hindere die eigene Prüfung der Zulässigkeit der betreffenden Abschalteinrichtung. Die Fahrkurvenerkennung sei ebenfalls nicht als unzulässige Abschalteinrichtung zu qualifizieren. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers ergebe sich auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 der EG-FGV. Denn das mit der Klage geltend gemachte Interesse des Klägers, nicht zu einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, liege nicht im Aufgaben- und Schutzbereich der genannten Bestimmungen.

II. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

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