Ist Ihr Bußgeldbescheid anfechtbar? ➠ Jetzt überprüfen!Da die Neuregelung der
Straßenverkehrsordnung vom 28.04.2020 einen Formfehler enthielt, erachten viele Bundesländer die neuen Regelungen zu
Fahrverboten und Bußgeldern als unwirksam.
Es ist jedoch nicht einheitlich geregelt, dass der alte
Bußgeldkatalog nun gilt. Der Verkehrsminister hat die Länder lediglich hierzu aufgefordert. Die konkrete Handhabe obliegt nun den Ländern.
Im Moment haben die folgenden Bundesländer angekündigt, Tempoverstöße wieder nach dem alten Bußgeldkatalog zu sanktionieren:
Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein.
Nach dem neuen Bußgeldkatalog will man hingegen in den folgenden Bundesländern sanktionieren: Thüringen. Die Bearbeitung von Verkehrsverstößen wird aufgeschoben, „bis die Fragen zur Rechtmäßigkeit des Bußgeldkatalog geklärt sind“.
In Bremen gilt bis auf weiteres der Ende April in Kraft getretene Bußgeld-Katalog. Verstöße, die nach neuem Bußgeldkatalog einen Punkt in Flensburg oder ein Fahrverbot zur Folge haben, würden aber solange ausgesetzt, bis über eine bundeseinheitliche Regelung entschieden wurde.
Auswirkungen auf die Verhaltensregeln hat der Formfehler aber nicht.
Der Formfehler lässt sich nicht ohne weiteres beheben, so dass ein neues Gesetzgebungsverfahren notwendig ist.
Welche Verkehrsverstöße sind betroffen?
Die Nachfolgende Übersicht listet alle ggf. betroffenen Verkehrsverstöße mit der nun u.U. anzuwendenden alten Regelung auf.
BKat-Nr. |
Tatbestand |
Bußgeld in € |
Punkt |
Fahrverbot |
2 |
unzulässig Geh-/Radweg, Grünanlage benutzt |
10 |
- |
- |
|
mit Behinderung |
15 |
- |
- |
|
Geschwindigkeitsverstöße |
|
|
|
11.3.1 |
bis 10 km/h innerorts |
15 |
- |
- |
|
bis 10 km/h außerorts |
10 |
- |
- |
11.3.2 |
11-15 km/h innerorts |
25 |
- |
- |
|
11-15 km/h außerorts |
20 |
- |
- |
11.3.3 |
16-20 km/h innerorts |
35 |
- |
- |
|
16-20 km/h außerorts |
30 |
- |
- |
11.3.4 |
21-25 km/h innerorts |
80 |
1 |
- |
|
21-25 km/h außerorts |
70 |
1 |
- |
11.3.5 |
26-30 km/h innerorts |
100 |
1 |
1 |
|
26-30 km/h außerorts |
80 |
1 |
- |
11.3.6 |
|
120 |
1 |
- |
39 |
Abgebogen, ohne Fahrzeug durchfahren zu lassen |
20 |
- |
- |
|
mit Gefährdung |
70 |
1 |
- |
41 |
Beim Abbiegen Fußgänger gefährdet |
70 |
1 |
|
45 |
Kfz über 3,5 t rechts über Schritttempo abgebogen (neuer Tatbestand) |
- |
- |
- |
50 |
keine Rettungsgasse gebildet |
200 |
2 |
- |
50a |
unberechtigt Rettungsgasse benutzt (ehem. Unzulässiges Rechtsüberholen) |
100 |
1 |
- |
51 |
Unzulässig gehalten |
10 |
- |
- |
|
mit Behinderung |
15 |
- |
- |
51a |
Unzulässig in zweiter Reihe gehalten |
15 |
- |
- |
|
mit Behinderung |
20 |
- |
- |
51b |
An Engstelle oder in Kurven geparkt |
15 |
- |
- |
|
mit Behinderung/über 1 Stunde |
25 |
- |
- |
52 |
Unzulässig geparkt |
15 |
- |
- |
|
mit Behinderung/über 1 Stunde |
25 |
- |
- |
52a |
Unzulässig auf Geh-/Radweg geparkt |
20 |
- |
- |
|
mit Behinderung/über 1 Stunde |
30 |
- |
- |
53a |
in Feuerwehrzufahrt geparkt |
35 |
- |
- |
|
mit Behinderung eines Rettungsfahrzeugs |
65 |
1 |
- |
54.3 |
Unzulässig auf Busspur/-haltestelle gehalten |
10 |
- |
- |
|
mit Behinderung |
15 |
- |
- |
54.4 |
Unzulässig auf Busspur/-haltestelle geparkt |
15 |
- |
- |
|
mit Behinderung |
25 |
- |
- |
54a |
Unzulässig auf Radschutzstreifen gehalten |
20 |
- |
- |
|
mit Behinderung |
30 |
- |
- |
55 |
Unberechtigt auf Behindertenparkplatz geparkt |
35 |
- |
- |
55a |
Unberechtigt auf EMoG-Parkplatz geparkt |
- |
- |
- |
55b |
Unberechtigt auf Carsharing-Parkplatz geparkt |
- |
- |
- |
58 |
Unzulässig in zweiter Reihe geparkt |
20 |
- |
- |
|
mit Behinderung |
25 |
- |
- |
|
über 15 Minuten |
30 |
- |
- |
60 |
im Fahrraum von Schienenfahrzeugen geparkt |
25 |
- |
- |
|
mit Behinderung |
35 |
- |
- |
63 |
ohne Parkscheibe/abgelaufene Parkzeit |
10 -30 |
- |
- |
64 |
Beim Ein-/Aussteigen andere gefährdet |
20 |
- |
- |
117 |
unnötiger Lärm/vermeidbare Abgase |
10 |
- |
- |
118 |
unnützes Hin- und Herfahren mit Belästigung |
20 |
- |
- |
142 |
Verkehrsverbote (Höhe/Breite/Gewicht) missachtet |
20 |
- |
- |
142a |
entgegen Einbahnstraße gefahren |
25 |
- |
- |
144 |
in Fußgängerbereich/Verkehrsverbot geparkt |
30 |
- |
- |
|
mit Behinderung |
35 |
- |
- |
153 |
Umweltzone missachtet |
80 |
- |
- |
Wie soll man sich nun verhalten?
Bußgeldbescheide und Verwarnungsgelder werden nunmehr nach der alten Fassung bewertet. Eine Einstellung des jeweiligen Verfahrens erfolgt nicht. Wie konkret zu verfahren ist, hängt von der konkreten Situation ab. Auf die wichtigsten Fallkonstellationen wird nachfolgend eingegangen:
Im Anhörungsbogen kann vermerkt werden, dass der alte Bußgeldkatalog anzuwenden ist, da die Neufassung ab 28.4.2020 wegen eines Verstoßes gegen das Zitiergebot des Art. 80 Grundgesetz nichtig ist.
Ehe gegen einen Bußgeldbescheid oder ein Fahrverbot Einspruch eingelegt wird, ist zu prüfen, ob der neue Bußgeldkatalog angewendet wurde. Sofern sich mit der Neuerung nichts geändert hat, ist der Bescheid nämlich nicht wegen der Nichtigkeit der Änderungen zu beanstanden.
Handelt es sich um einen neuen Tatbestand, der nach der alten Regelung nicht geahndet werden kann, kann der Betroffene die Einstellung des Verfahrens fordern. Andernfalls ist die alte Regelung zugrunde zu legen.
Sofern bereits ein Bußgeldbescheid nach der neuen Regelung erlassen wurde, die Einspruchsfrist aber noch nicht abgelaufen ist, sollte umgehend Einspruch eingelegt und eine Änderung verlangt werden.
Aber auch dann, wenn die Einspruchsfrist bereits abgelaufen ist, kann geprüft werden, ob ein Wiederaufnahmeverfahren möglich ist. Dies kann dann der Fall sein, wenn eine Geldbuße von mindestens 250 Euro oder ein Fahrverbot verhängt worden ist und neben der Nichtigkeit der BKatV noch weitere Wiederaufnahmegründe vorliegen. Im Zweifel sollte hier anwaltliche Unterstützung hinzugezogen werden.
Kann ein bezahltes Bußgeld oder Verwarnungsgeld zurückgefordert werden?
Nur dann, wenn die Rechtsmittelfrist bei einem Bußgeldbescheid noch nicht abgelaufen ist, kann sich in diesem Fall noch ein Tätigwerden lohnen. Hierbei ist zu beachten, dass die Zahlung nicht automatisch zur Rechtskraft des Bußgeldbescheids führt.
Ein bezahltes Verwarnungsgeld führt hingegen zur Rechtskraft des Verfahrens. Hier kann nicht mehr dagegen vorgegangen werden.
Fahrverbot – was tun?
Bei einem rechtskräftig verhängten aber noch nicht angetretenen Fahrverbot kann ein Aufschub der Vollstreckung beantragt werden.
Sofern das Fahrverbot bereits vollstreckt wird und sich der Führerschein in amtlicher Verwahrung befindet, kann allenfalls versucht werden, die Aufhebung der der Entscheidung unter Herausgabe des Führerscheins im Wege des Gnadenverfahrens zu beantragen. Dieses dient dazu, Härten und Unbilligkeiten von strafrechtlichen Entscheidungen im Einzelfall auszugleichen oder abzumildern.