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Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende

Reiserecht | Lesezeit: ca. 24 Minuten

Die Antragstellerin befand sich ab dem 14. April 2021 in G und reiste am 25. April 2021 zunächst zu ihrem Lebensgefährten nach E. Von dort plant sie, am 28. April 2018 zu ihrer Hauptwohnung im Land Brandenburg zu reisen. Sie wendet sich sowohl in der Hauptsache als auch im Wege einstweiliger Anordnung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO gegen die Pflicht, sich nach ihrer Wiedereinreise für einen Zeitraum von zehn Tagen absondern zu müssen, gem. § 1 Abs. 1 der Verordnung zu Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende zur Bekämpfung des SARS-CoV-2-Virus und COVID-19 in Brandenburg.

Hierzu führte das Gericht aus:

Hiernach ist der begehrte Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht dringend geboten. Es kann offenbleiben, ob sich die SARS-CoV-2-QuarV als voraussichtlich rechtmäßig erweist, weil zumindest eine Folgenabwägung ergibt, dass sich der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nicht als dringend geboten erweist.

Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind als offen anzusehen.

Die obergerichtliche Rechtsprechung ist insbesondere zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen bei einer Einreise aus einem vom Robert-Koch-Institut als internationales Risikogebiet ausgewiesenen Land anzunehmen ist, dass eine Person ansteckungsverdächtig im Sinne des § 2 Nr. 7 IfSG ist, uneinheitlich. Auch das BVerfG hat die Erfolgsaussichten eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die in der Hamburger CoronaVV 2 enthaltenen Quarantänebestimmungen als offen angesehen. Eine hinreichend verlässliche Klärung ist angesichts der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit im Rahmen einer summarischen Prüfung nicht möglich.

Allerdings ist eine Verfassungswidrigkeit der auf §§ 30 Abs. 1 Satz 2, 28 Abs. 1 Satz 1, 32 Satz 1 IfSG gestützten SARS-CoV-2-QuarV wegen eines Verstoßes gegen den Gesetzesvorbehalt nicht wahrscheinlich. Es spricht einiges dafür, dass die vorliegende Regelung sich im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung hält, da von § 1 SARS-CoV-2-QuarV nur diejenigen erfasst werden, die sich in einem bestimmten Zeitraum in einem Gebiet aufgehalten haben, dass als Risikogebiet im Sinne des § 2 Nr. 17 IfSG eingestuft war, und Rückkehrer aus einem solchen Gebiet Ansteckungsverdächtige im Sinne des § 2 Nr. 7 IfSG sind.

Ansteckungsverdächtiger in diesem Sinne ist eine Person, von der anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen hat, ohne krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider zu sein. Die Aufnahme von Krankheitserregern im Sinne von § 2 Nr. 7 IfSG ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anzunehmen, wenn der Betroffene mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Kontakt zu einer infizierten Person oder einem infizierten Gegenstand hatte. Die Vermutung, der Betroffene habe Krankheitserreger aufgenommen, muss naheliegen. Eine bloß entfernte Wahrscheinlichkeit genügt nicht. Demzufolge ist die Annahme eines Ansteckungsverdachts nicht schon gerechtfertigt, wenn die Aufnahme von Krankheitserregern nicht auszuschließen ist. Andererseits ist auch nicht zu verlangen, dass sich die Annahme ‚geradezu aufdrängt‘. Erforderlich und ausreichend ist, dass die Annahme, der Betroffene habe Krankheitserreger aufgenommen, wahrscheinlicher ist als das Gegenteil.

Für die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckungsgefahr gilt allerdings kein strikter, alle möglichen Fälle gleichermaßen erfassender Maßstab. Es ist der im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht geltende Grundsatz heranzuziehen, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Dafür sprechen das Ziel des Infektionsschutzgesetzes, eine effektive Gefahrenabwehr zu ermöglichen (§§ 1 Abs. 1, 28 Abs. 1 IfSG), sowie der Umstand, dass die betroffenen Krankheiten nach ihrem Ansteckungsrisiko und ihren Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen unterschiedlich gefährlich sind. Im Falle eines hochansteckenden Krankheitserregers, der bei einer Infektion mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer tödlich verlaufenden Erkrankung führen würde, drängt sich angesichts der schwerwiegenden Folgen auf, dass die vergleichsweise geringe Wahrscheinlichkeit eines infektionsrelevanten Kontakts genügt. Das Beispiel zeigt, dass es sachgerecht ist, einen am Gefährdungsgrad der jeweiligen Erkrankung orientierten, ‚flexiblen‘ Maßstab für die hinreichende (einfache) Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Ob gemessen daran ein Ansteckungsverdacht im Sinne von § 2 Nr. 7 IfSG zu bejahen ist, beurteilt sich unter Berücksichtigung der Eigenheiten der jeweiligen Krankheit und der verfügbaren epidemiologischen Erkenntnisse und Wertungen sowie anhand der Erkenntnisse über Zeitpunkt, Art und Umfang der möglichen Exposition der betreffenden Person und über deren Empfänglichkeit für die Krankheit. Es ist erforderlich, dass das zugrundeliegende Erkenntnismaterial belastbar und auf den konkreten Fall bezogen ist. Die Feststellung eines Ansteckungsverdachts setzt voraus, dass die Behörde zuvor Ermittlungen zu infektionsrelevanten Kontakten des Betroffenen angestellt hat; denn ohne aussagekräftige Tatsachengrundlage lässt sich nicht zuverlässig bewerten, ob eine Aufnahme von Krankheitserregern anzunehmen ist. Allerdings hat der Gesetzgeber in § 32 Satz 1 IfSG den Erlass von Rechtsverordnungen und damit von abstrakt-generellen Regelungen vorgesehen. Eine auf den konkreten Einzelfall bezogene Ermittlungstätigkeit kann vom Verordnungsgeber infolgedessen nicht erwartet werden. Wohl aber hat er seine Regelungen, die nur unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 maßgebend sind, erlassen werden können, auf konkret nachvollziehbare und belastbare tatsächliche Grundlagen zu stützen.

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