Online-Vermittler von Flugreisen müssen auf ihrer Internetseite auch Zusatzkosten für die Aufgabe von Gepäckstücken angeben.
Die fehlende Angabe der Preise für aufgegebenes Gepäck verstößt gegen die dem Vermittler obliegenden Informationspflichten nach der Verordnung (EG) 1008/2008 - Luftverkehrsdiensteverordnung. Ein Verstoß ist nach Maßgabe von § 5a Abs. 2, 4 UWG unlauter.
Nach § 5a Abs. 4 UWG sind wesentliche Informationen im Sinne von § 5a Abs. 2 S. 1 UWG auch Informationen, die dem Verbraucher auf Grund unionsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen. § 5a Abs. 4 UWG stellt dabei keinen selbständigen Unlauterkeitstatbestand dar, sondern konkretisiert das Tatbestandsmerkmal der „wesentlichen Informationen" im Unlauterkeitstatbestand des § 5a Abs. 2 S. 1 UWG. Zu den vom Unternehmer zu erfüllenden unionsrechtlichen Informationspflichten gehören diejenigen nach Art. 23 VO (EG) Nr. 1008/2008. Die Luftverkehrsdiensteverordnung findet auch Anwendung, wenn ein Vermittler die Flugreise anbietet (EuGH, 19.07.2012 - Az:
C-112/11; BGH, 29.09.2016 - Az:
I ZR 160/15), so dass die Beklagte als Vermittlerin der streitgegenständlichen Flugreisen zu entsprechenden Angaben verpflichtet ist.
Nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der VO (EG) 1008/2008 ist der zu zahlende Endpreis stets auszuweisen und muss den anwendbaren Flugpreis beziehungsweise die anwendbare Luftfrachtrate sowie alle anwendbaren Steuern und Gebühren, Zuschläge und Entgelte, die unvermeidbar und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vorhersehbar sind, einschließen. Fakultative Zusatzkosten sind auf klare, transparente und eindeutige Art und Weise am Beginn eines jeden Buchungsvorgangs mitzuteilen (Art. 23 Abs. 1 Satz 4). Bei dem Preis, der für die Beförderung des aufgegebenen Gepäcks von Fluggästen zu zahlen ist, handelt es sich - anders als bei Handgepäck - um fakultative Zusatzkosten, da ein solcher Dienst nicht obligatorisch oder unerlässlich für die Beförderung von Fluggästen ist (EuGH, 18.09.2014 - Az:
C-487/12).
Im 16. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1008/2008 heißt es, die Kunden sollten in der Lage sein, die Preise verschiedener Luftfahrtunternehmen für Flugdienste effektiv zu vergleichen (EuGH, 15.01.2015 - Az:
C-573/13). Art. 23 Abs. 1 der VO (EG) 1008/2008 soll Information und Transparenz in Bezug auf die Preise für Flugdienste gewährleisten und damit zum Schutz des Kunden beitragen, der diese Dienste in Anspruch nimmt.
Sowohl nach dem Wortlaut von Art 23 Abs. 1 Satz 4 der genannten Verordnung als auch nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift ist es unerheblich, ob bei den streitgegenständlichen Buchungsvorgängen aufzugebendes Gepäck unmittelbar hinzu gebucht werden konnte oder ob es sich um Flüge ohne im Angebot schon enthaltene Gepäckmitnahme handelte.
Fakultative Zusatz kosten sind nach dem klaren Wortlaut von Art. 23 Abs. 1 Satz 4 VO (EG) 1008/2008 zu Beginn eines jeden Buchungsvorgangs mitzuteilen. Hintergrund ist, dass ein effektiver Preis vergleich auch voraussetzt, dass der Kunde über die Preise von Leistungen in Kenntnis gesetzt wird, die er möglicherweise noch zum Angebot hinzu buchen will. Der Senat geht dabei davon aus, dass in aller Regel noch zu einem späteren Zeitpunkt, entweder nach der Buchung oder noch am Flughafen, Gepäck hinzu gebucht werden kann, insbesondere bei Überschreitung von Menge oder Umfang des im Angebot enthaltenen Handgepäcks, welches grundsätzlich als unverzichtbarer Bestandteil der Beförderung von Fluggästen anzusehen ist (EuGH, 18.09.2014 - Az:
C-487/12). Die Beschränkung der kostenlosen Gepäckbeförderung durch Fluggesellschaften hat ihren Grund in dem Geschäftsmodell, Flug-dienste zu einem möglichst günstigen Preis anzubieten und dafür Kosten der Gepäckbeförderung gesondert zu erheben. Anlass, die Beförderung aufgegebenen Gepäcks vollständig auszuschließen, wird in Anbetracht dieses Geschäftsmodells allenfalls in seltenen Ausnahmefällen bestehen, zumal moderne Passagiermaschineneigens mit Frachträumen für das regelmäßig anfallende Gepäck der Passagiere ausgestattet sind.
Wirtschaftlichen Überlegungen des Vermittlers können nicht dazu führen, die Informationspflichten nach Art. 23 Abs. 1 Satz 4 VO (EG) 1008/2008 einzuschränken. Das Geschäftsmodell der Fluggesellschaften, zur Erreichung niedriger Preise für Flugtickets die Zubuchung von aufgegebenem Gepäck kostenpflichtig auszugestalten, führt nicht dazu, dass sich die gesetzlich geregelten Informationspflichten reduzieren. Im Gegenteil ist es nach Sinn und Zweck von Art. 23 /Mas. 1 VO (EG) 1008/2008 gerade in diesen Fällen einer Aufspaltung der Leistungen erforderlich, die Preise für gegebenenfalls gesondert zu vergütende Leistungen aufzuführen, um einen effektiven Preisvergleich zu ermöglichen. Die Beklagte ist daher gehalten, die entsprechenden Preise zu ermitteln, was nach ihrem eigenen Vortrag durchaus möglich (wenn auch aufwendig) wäre. Für eine effektive Information der Kunden genügt es jedenfalls nicht, wenn der Kunde sich zunächst selbst die Gepäckpreise für den von ihm ausgewählten Flug auf anderen Internetseiten zusammensuchen und hierfür seinen Buchungsvorgang zunächst unterbrechen muss.
Die Mitnahme auch von größeren Gepäckstücken und nicht nur von Handgepäck ist für viele Fluggäste von wesentlicher Bedeutung. Auch wenn sich die Kunden zum Zeitpunkt der Buchung noch nicht dafür entschieden haben, Gepäck hinzu zu buchen, ist nicht ausgeschlossen, dass sie dies zu einem späteren Zeitpunkt noch nachholen wollen. Anders als viele andere fakultative Zusatzleistungen kann die Gepäckmitnahme nur von der Fluggesellschaft selbst erbracht werden, so dass die von der Fluggesellschaft festgelegten Preise gezahlt werden müssen oder auf die Gepäckmitnahme verzichtet werden muss. Bei hohen Kosten kann nicht auf einen Drittanbieter ausgewichen werden. Ohne ausreichendes Gepäck zu reisen, ist nicht in allen Fällen eine Option. Deshalb ist die klare, transparente und eindeutige Angabe von Zusatzkosten für die Gepäckmitnahme von zentraler Bedeutung für die effektive Vergleichbarkeit der Flugkosten. Nur so ist die Preisgestaltung der einzelnen Fluggesellschaften transparent für den Verbraucher, sodass unabhängig davon, ob er schon bei dem konkreten Buchungsvorgang Gepäck hinzu buchen kann, Gepäckpreise anzugeben sind.
Unerheblich ist, dass sich die Kosten für die Gepäckbuchung noch ändern können. Für die Vergleichbarkeit der Flugpreise genügt es zunächst, die tagesaktuellen Gepäckpreise anzugeben, ggf. mit einem Hinweis darauf, dass sich die Preise noch verändern können. Auch wenn denkbar ist, dass sich die Gepäckpreise der verschiedenen Anbieter zu einem späteren Zeitpunkt noch so verändern, dass es im Ergebnis zu einer Verschiebung der Attraktivität der Angebote der verschiedenen Fluggesellschaften führt, kann auf die Angabe der tagesaktuellen Preise als Minimum zur Herstellung der Vergleichbarkeit zum Zeitpunkt der Buchung nicht verzichtet werden.
Es handelt sich bei den Gepäckpreisen um wesentliche Informationen im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG. Wesentlich ist die Information für den Verbraucher immer dann, wenn sie einerseits für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers erhebliches Gewicht hat, ihre Mitteilung andererseits unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann. Dies ist hier der Fall. Da die Flugpreise selbst oftmals relativ gering sind, fallen zusätzliche Kosten wie Gepäckkosten erheblich ins Gewicht und stellen damit einen wesentlichen Entscheidungsfaktor für die Kunden dar.
Dass keine Verbrauchererwartung dahin besteht, dass aufgegebenes Gepäck kostenlos befördert wird, mag richtig sein. Gerade deshalb sind aber die zu erwartenden Kosten hierfür anzugeben.