Die Einzelhaltung eines Pferdes kann auch ohne ausdrückliche Regelung dieser Haltungsform im Gesetz oder in einer Rechtsverordnung auf der Grundlage von § 16a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Satz 2 Nr. 1 und § 2 Nr. 1 TierSchG untersagt werden.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger wendet sich gegen eine durch den Beklagten verfügte Untersagung der Einzelhaltung seines Pferdes ohne Kontakt zu Artgenossen.
Der Kläger hält den im April 2010 geborenen Kaltblutwallach Lukas, den er u. a. zum Holzrücken einsetzt. Er hielt das Tier zunächst mit zwei anderen Pferden, dann mit einem anderen Pferd. Seit dem Tod des letzten weiteren Pferdes im Jahr 2017 hält der Kläger das Pferd allein.
Nach zwei Vor-Ort-Kontrollen und vorheriger schriftlicher Anhörung untersagte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 8. April 2019 die Einzelhaltung des Kaltblüters Lukas. Er könne gemäß § 16a Abs. 1 Satz 1 des Tierschutzgesetzes (TierSchG) die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen treffen. Jeder Tierhalter sei verpflichtet, seine Tiere entsprechend § 2 Nr. 1 TierSchG verhaltensgerecht unterzubringen. Nach den vom damaligen Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Jahr 2009 herausgegebenen "Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten" (im Folgenden: Leitlinien) seien Pferde in Gruppen lebende Tiere, für die soziale Kontakte zu Artgenossen unerlässlich seien. Das Halten eines einzelnen Pferdes ohne Artgenossen widerspreche dem natürlichen Sozialverhalten der Pferde.
Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Anfechtungsklage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 12. Oktober 2020 abgewiesen.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 20. Februar 2024 zurückgewiesen. Die zulässige Klage sei unbegründet. Der Bescheid vom 8. April 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juni 2019 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Untersagung der Einzelhaltung finde ihre Rechtsgrundlage in § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG. Durch die Einzelhaltung seines Pferdes Lukas ohne Sicht-, Hör- und Geruchskontakt zu Artgenossen habe der Kläger dessen Bedürfnis nach sozialem Kontakt entgegen den Pflichten aus § 2 Nr. 1 TierSchG unangemessen eingeschränkt. Eine solche Einzelhaltung eines Pferdes sei keine art- und bedürfnisgerechte Tierhaltung. Bei der tierschutzrechtlichen Verfügung des Beklagten handele es sich nicht um ein Tierhaltungsverbot im Sinne des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG, denn ihm sei die Tierhaltung nicht grundsätzlich, sondern nur eine bestimmte Haltungsform für ein bestimmtes Pferd untersagt worden. Der Beklagte habe seinen Bescheid für die Beurteilung der verhaltensgerechten Unterbringung des Pferdes in nicht zu beanstandender Weise auf die Leitlinien gestützt. Die dort ausgesprochenen Empfehlungen und Bewertungen stellten eine sachverständige Zusammenfassung dessen dar, was als verlässlicher und gesicherter wissenschaftlicher Kenntnisstand gelten könne. Die Anwendbarkeit der Leitlinien sei nicht dadurch ausgeschlossen, dass es sich bei ihnen nicht um eine Rechtsnorm, insbesondere keine Rechtsverordnung nach § 2a Abs. 1 TierSchG handele. Dem Parlamentsvorbehalt sei Genüge getan, wenn der Gesetzgeber in § 2 Nr. 1 TierSchG festlege, dass ein Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen verhaltensgerecht untergebracht werden müsse. Die unbestimmten Rechtsbegriffe könnten durch Auslegung konkretisiert werden. Was eine den Bedürfnissen des Tieres entsprechende angemessene verhaltensgerechte Unterbringung sei, lasse sich mithilfe des einschlägigen tiermedizinischen und verhaltenswissenschaftlichen Schrifttums zumindest im Umriss festlegen. Eine Rechtsverordnung nach § 2a Abs. 1 Nr. 1 TierSchG zur Regelung der Einzelhaltung von Pferden sei ebenfalls nicht erforderlich gewesen. Die Ermächtigungsnorm stelle keine Verpflichtung des ermächtigten Exekutivorgans zum Erlass einer Rechtsverordnung dar. Zudem ermächtige sie das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft nur dazu, die Anforderungen an die Haltung von Tieren nach § 2 TierSchG näher zu bestimmen, soweit es zum Schutz der Tiere erforderlich sei. Könne diesem Schutz auch durch andere Instrumente - wie z. B. Leitlinien - und durch einen ausreichenden und aktuellen Stand der Forschung verlässlich Rechnung getragen werden, sei eine Regelung durch Rechtsverordnung unter Berücksichtigung der geringen Eingriffsintensität nicht zwingend geboten. In Übereinstimmung mit den Leitlinien und den im Verfahren beigezogenen Erkenntnismitteln stehe zur Überzeugung des Oberverwaltungsgerichts fest, dass es sich bei der Alleinhaltung eines Pferdes nicht um eine angemessene art- und verhaltensgerechte Unterbringung handele. Die Einwendungen des Klägers gegen die in den Leitlinien und damit im Zusammenhang stehenden übrigen fachwissenschaftlichen Aussagen griffen nicht durch. Der Beklagte habe das ihm zur Beseitigung des Verstoßes gegen § 2 Nr. 1 TierSchG eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützten Beschwerde.
Der Beklagte ordnete mit Bescheid vom 25. April 2024 die sofortige Vollziehung des Bescheides vom 8. April 2019 an und kündigte für den 6. August 2024 die Fortnahme und anderweitige tierschutzgerechte Unterbringung des Pferdes an. Der Kläger hat am 3. Mai 2024 einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt (BVerwG, 16.07.2024 - Az: 3 VR 1.24 (3 B 13.24)). Der Senat hat mit Beschluss vom 16. Juli 2024 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den tierschutzrechtlichen Bescheid des Beklagten vom 8. April 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juni 2019 bis zur Entscheidung des Senats im Verfahren BVerwG Az: 3 VR 1.24 angeordnet.
Hierzu führte das Gericht aus:
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die von ihr aufgeworfenen Fragen rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor.
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