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Private Rentenversicherung auf dem Prüfstand: Lukrative Altersvorsorge oder Kostenfalle?

Geld & Recht | Lesezeit: ca. 12 Minuten

Die private Rentenversicherung stellt in Deutschland nach wie vor eine bedeutende Säule der Altersvorsorge dar. Angesichts des demografischen Wandels und einer Gesellschaft, in der die Menschen immer älter werden, gerät das umlagefinanzierte System der gesetzlichen Rentenversicherung zunehmend unter Druck. Da das Rentenniveau perspektivisch weiter sinkt und Prognosen zufolge bis auf 43 Prozent des Durchschnittsverdiensts fallen soll, reicht die gesetzliche Rente oft nicht mehr aus, um den gewohnten Lebensstandard im Alter zu halten. Es entsteht eine Rentenlücke, die durch private Vorsorge geschlossen werden muss. Doch Verbraucher stehen vor der Frage, ob der Abschluss einer privaten Police tatsächlich die erhoffte Sicherheit bringt oder ob Kosten und niedrige Zinsen die Rendite aufzehren.

Grundlagen und Vertragsgestaltung

Rechtlich betrachtet handelt es sich bei der privaten Rentenversicherung um einen privatrechtlichen Vertrag zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherungsunternehmen. Der Versicherungsnehmer verpflichtet sich, über einen festgelegten Zeitraum regelmäßige Beiträge zu zahlen – oder einen Einmalbeitrag zu leisten –, um im Gegenzug eine lebenslange Rente oder eine einmalige Kapitalzahlung zu erhalten. Ein wesentliches Merkmal der privaten Rentenversicherung ist die Absicherung des Langlebigkeitsrisikos: Die Rente wird gezahlt, solange der Versicherte lebt, unabhängig davon, wie alt er wird.

Dabei lassen sich grundsätzlich zwei Varianten unterscheiden: die aufgeschobene Rente, bei der die Zahlungen erst zu einem späteren Zeitpunkt beginnen, und die Sofortrente, die meist nach einer größeren Einmalzahlung direkt zur Auszahlung kommt. Diese Flexibilität erlaubt es, die Vorsorge an unterschiedliche Lebenssituationen anzupassen, etwa durch die Vereinbarung von Dynamiken oder die Option, Beitragszahlungen bei finanziellen Engpässen vorübergehend auszusetzen. Eine solche Beitragsfreistellung ist in der Regel einer vorzeitigen Kündigung vorzuziehen, da bei einer Kündigung oft nur der Rückkaufswert ausgezahlt wird, der aufgrund von Abschluss- und Vertriebskosten gerade in den ersten Jahren die eingezahlten Beiträge unterschreiten kann.

Klassische und fondsgebundene Modelle

Bei der Produktwahl müssen sich Verbraucher zwischen sicherheitsorientierten und chancenorientierten Modellen entscheiden. Die klassische Rentenversicherung bietet einen Garantiezins, der über die gesamte Laufzeit festgeschrieben ist. Allerdings ist dieser Rechnungszins in den vergangenen Jahren stark gesunken. Für Neuverträge ab dem Jahr 2025 wurde der Höchstrechnungszins auf 1,0 Prozent festgelegt. Berücksichtigt man die Inflationsrate, kann die reale Rendite solcher Garantieprodukte negativ ausfallen. Zudem werden die Überschüsse, die der Versicherer erwirtschaftet und an die Kunden weitergibt, aufgrund der Marktlage nicht garantiert.

Im Gegensatz dazu bieten fondsgebundene Rentenversicherungen oder sogenannte Indexpolicen die Möglichkeit, an den Entwicklungen des Kapitalmarktes zu partizipieren. Hierbei werden die Sparanteile der Beiträge in Investmentfonds oder ETFs investiert. Dies erhöht die Renditechancen erheblich, geht jedoch mit einem höheren Anlagerisiko einher, da die spätere Rentenhöhe direkt von der Wertentwicklung der Fonds abhängt. Um das Risiko kurz vor Rentenbeginn zu minimieren, schichten viele Versicherer das Guthaben mit zunehmendem Alter des Versicherten automatisch in risikoärmere Anlagen um.

Ein oft unterschätzter Faktor sind die Kosten der Verträge. Die sogenannten Effektivkosten mindern die Rendite spürbar. Liegen die Effektivkosten beispielsweise bei einem Prozent pro Jahr, reduzieren sich die Kapitalerträge bei einer angenommenen Wertentwicklung von drei Prozent über 40 Jahre bereits um fast die Hälfte. Bei teureren Verträgen mit Kosten von drei Prozent können sogar drei Viertel aller Erträge aufgezehrt werden. Verbraucher sollten daher genau prüfen, ob die in Aussicht gestellten Renditen nach Abzug aller Kosten realistisch sind.

Steuerliche Behandlung und Rechtsprechung

Ein wesentliches Argument für die private Rentenversicherung ist die steuerliche Behandlung in der Auszahlungsphase. Anders als bei der gesetzlichen Rente oder der Rürup-Rente, die einer nachgelagerten Besteuerung unterliegen, wird bei der privaten Rentenversicherung im Rentenbezug lediglich der sogenannte Ertragsanteil besteuert. Die Höhe dieses Anteils richtet sich nach dem Alter bei Rentenbeginn; wer beispielsweise mit 67 Jahren in Rente geht, muss nur einen geringen Teil der Rente versteuern.

Auch bei der Ausübung des Kapitalwahlrechts – also der Auszahlung des gesamten Guthabens auf einen Schlag – können steuerliche Vorteile greifen. Sofern der Vertrag mindestens zwölf Jahre bestanden hat und die Auszahlung erst nach Vollendung des 62. Lebensjahres erfolgt, ist die Hälfte der Erträge mit dem persönlichen Steuersatz zu versteuern (Halbeinkünfteverfahren). Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, greift die Abgeltungssteuer in Höhe von 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer.

In der Rechtsprechung wurde immer wieder die Frage der Doppelbesteuerung thematisiert. Während dies bei gesetzlichen Renten nach wie vor Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen ist (vgl. FG Baden-Württemberg, 01.10.2019 - Az: 8 K 3195/16), hat der Bundesfinanzhof für private Kapitalanlageprodukte außerhalb der Basisversorgung Klarheit geschaffen. Es wurde entschieden, dass es bei privaten Renten systembedingt nicht zu einer doppelten Besteuerung kommen kann, da lediglich der Ertragsanteil besteuert wird und diese Besteuerungsart keine Steuerfreiheit der Beiträge in der Ansparphase voraussetzt (vgl. BFH, 19.05.2021 - Az: X R 20/19).

Anpassungsklauseln im Visier der Justiz

Die vertraglichen Bedingungen privater Rentenversicherungen sind nicht selten Gegenstand gerichtlicher Überprüfungen, insbesondere wenn es um nachteilige Anpassungen für den Kunden geht. Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs stärkt hierbei die Rechte der Verbraucher erheblich. In einem Verfahren ging es um eine Klausel in den Bedingungen einer fondsgebundenen Rentenversicherung, die den Versicherer berechtigte, den Rentenfaktor bei unvorhersehbaren Änderungen der Rechnungsgrundlagen herabzusetzen. Das Gericht erklärte diese Klausel für unwirksam, da sie den Versicherer nur zur Herabsetzung berechtigte, ihn aber nicht im Gegenzug verpflichtete, bei einer Verbesserung der Umstände den Rentenfaktor wieder heraufzusetzen (vgl. BGH, 10.12.2025 - Az: IV ZR 34/25). Dieses sogenannte Symmetriegebot ist essenziell, um ein unangemessenes Ungleichgewicht zulasten des Versicherungsnehmers zu verhindern. Solche Urteile verdeutlichen, dass Verbraucher einseitige Vertragsänderungen nicht ungeprüft hinnehmen sollten.

Hinterbliebenenschutz und Flexibilität

Die private Rentenversicherung ist standardmäßig auf das Leben des Versicherten zugeschnitten und sieht prinzipiell keinen Schutz für Hinterbliebene vor. Allerdings lässt sich dieser Aspekt vertraglich individuell gestalten. In der Ansparphase kann eine Beitragsrückgewähr vereinbart werden, sodass im Todesfall die eingezahlten Prämien beziehungsweise das Fondsguthaben an die Hinterbliebenen ausgezahlt werden.

Für die Rentenphase stehen Optionen wie die Rentengarantiezeit zur Verfügung. Hierbei wird festgelegt, dass die Rente für einen bestimmten Zeitraum – beispielsweise 5 oder 10 Jahre – auch nach dem Tod des Versicherten weitergezahlt wird. Alternativ kann eine Restkapitalabfindung vereinbart werden. Diese Flexibilität ist ein Vorteil gegenüber der gesetzlichen Rente, muss jedoch meist durch etwas geringere monatliche Rentenzahlungen erkauft werden.

Abwägung der Vor- und Nachteile

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die private Rentenversicherung sowohl Vor- als auch Nachteile bietet, die individuell gewichtet werden müssen. Auf der Habenseite stehen die langfristige Planungssicherheit durch eine lebenslange Zahlung und die Flexibilität bei der Kapitalauszahlung. Insbesondere die steuerlichen Vergünstigungen im Alter durch die Ertragsanteilsbesteuerung oder das Halbeinkünfteverfahren machen das Produkt attraktiv. Zudem können fondsgebundene Varianten in Zeiten niedriger Zinsen Renditechancen bieten, die weit über denen klassischer Sparprodukte liegen.

Dem gegenüber stehen jedoch erhebliche Nachteile, die nicht vernachlässigt werden dürfen. Die Kostenstruktur vieler Verträge ist intransparent und kann die Rendite massiv schmälern. Wer Sicherheit sucht und eine klassische Garantievariante wählt, muss mit einer Realverzinsung rechnen, die aufgrund der Inflation oft negativ ist. Zudem ist das Kapital über einen langen Zeitraum gebunden und eine vorzeitige Verfügung ist meist mit finanziellen Verlusten verbunden.

Für eine fundierte Entscheidung ist es ratsam, Angebote detailliert zu vergleichen und insbesondere auf die Effektivkosten sowie die Bedingungen für den Rentenfaktor zu achten. Alternativen wie ETF-Sparpläne können kostengünstiger und flexibler sein, bieten jedoch nicht das Langlebigkeitsrisiko-Management einer lebenslangen Rentenzahlung. Letztlich hängt die Eignung der privaten Rentenversicherung von den persönlichen Sicherheitsbedürfnissen, der steuerlichen Situation und der Risikobereitschaft des Einzelnen ab.
Stand: 30.12.2025
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