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Verbot körpernaher Dienstleistungen (Kosmetikstudio)

Firmen / Gewerbe | Lesezeit: ca. 108 Minuten

Die Antragstellerin, die im Land Brandenburg lebt und dort ein Kosmetikstudio betreibt, wendet sich im Wege einstweiliger Anordnung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO gegen die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung gem. § 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 3, § 9 Abs. 3 Nr. 3 und § 10 Abs. 3 Nr. 3 der Verordnung über befristete Eindämmungsmaßnahmen aufgrund des SARS-CoV-2-Virus und COVID-19 im Land Brandenburg (SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung - SARS-CoV-2-EindV) vom 30. Oktober 2020, gegen Kontaktbeschränkungen im öffentlichen Raum und bei Veranstaltungen (§ 4 und § 7 SARS-CoV-2-EindV), gegen die Untersagung der Erbringung körpernaher Dienstleistungen (§ 9 Abs. 1 SARS-CoV-2-EindV), insbesondere in einem Kosmetikstudio, sowie gegen – nicht näher bezeichnete – Regelungen der Verordnung zur Datenerhebung und -verarbeitung zum Zweck der Kontaktnachverfolgung.

Zur Begründung ihres Antrags macht die Antragstellerin im Wesentlichen geltend:

Die angegriffenen Regelungen der Verordnung verletzten die Antragstellerin in ihren Grundrechten. Die Verordnung sei rechtswidrig, da sie gegen den Vorbehalt des Gesetzes und den Parlamentsvorbehalt verstoße. Die Verordnung erweise sich aber auch deshalb als rechtswidrig, weil die Eingriffe in ihre Grundrechte weder geeignet noch erforderlich seien, den an sich legitimen Zweck des Schutzes des Gesundheitssystems vor Überlastung durch Infektionskrankheiten zu fördern. Die zu Grunde gelegten Inzidenzzahlen seien als lediglich statistische Werte, die nichts über tatsächliche Erkrankungen aussagten, vollkommen ungeeignet als Kriterium für die Beurteilung konkreter Gefahren. Die gebotene Erforschung der Effektivität der Lockdown-Maßnahmen sei unterblieben, obwohl wissenschaftliche Forschungsergebnisse bereits seit Beginn der Corona-Pandemie ergeben hätten, dass diese „vollkommen ineffektiv“ seien und im Einzelnen angeführte statistische Daten sogar darauf hindeuteten, dass Lockdownmaßnahmen „sogar schadhaft sind für das Infektionsgeschehen“. Mangels irgendwelcher greifbaren Anhaltspunkte für eine Überlastung des Gesundheitssystems fehle es jedenfalls an der Erforderlichkeit der Maßnahmen. Die Kapazitäten seien noch lange nicht ausgeschöpft und eine Überlastung der Krankenhäuser und insbesondere der Intensivstationen durch Covid-19-Patienten sei auf Grundlage der hierfür herangezogenen Statistiken, die zwar positiv getestete Personen, aber nicht notwendig Patienten mit COVID-19-spezifischen Krankheitssymptome auswiesen, auch nicht feststellbar. Es gebe keine Evidenz für das Vorliegen einer Übersterblichkeit aufgrund von Covid-19 und die vorliegenden Testergebnisse seien mangels Unterscheidung zwischen Erkrankungen und positivem Testergebnis unergiebig. Die Beobachtung, dass nur die Anzahl von Personen mit positivem SARS-CoV-2-PCR-Testergebnis steige, während auf der Ebene der Gesamtzahl der belegten Intensivbetten, der Gesamtzahl der stationär behandelten SARI(akute respiratorische Infektion)-Fälle und der Gesamtzahl der Atemwegserkrankungen in der Bevölkerung keinerlei Anstieg in den letzten Wochen und im Vergleich zu den Vorjahren zu verzeichnen sei, könne dadurch zu erklären sein, dass der Anstieg von Personen mit positiven SARS-CoV-2-PCR-Testergebnissen auf den Intensivstationen sowie in der Bevölkerung auf die übliche, saisonal bedingte Ausbreitung harmloser Corona-Viren zurückgehe, während die Ausbreitung des neuen SARS-CoV-2-Virus in Wirklichkeit relativ gering sei. Zudem seien mildere Mittel denkbar, wie die Schaffung neuer Kapazitäten im Gesundheitswesen sowie durch einen effektiven Schutz tatsächlich vulnerabler Gruppen in Alten- und Pflegeheimen.

Die in § 9 Abs. 1 SARS-CoV-2-EindV angeordnete Schließung (u.a.) ihres Kosmetikstudios sei mit Art. 12 GG unvereinbar. Es stelle sich bereits die Frage, ob die angegriffene Verordnung überhaupt in die Berufsfreiheit eingreifen dürfe, obwohl Art. 12 GG in § 32 Satz 3 IfSG ausdrücklich nicht genannt werde. Die Verordnung postuliere ein absolutes und objektives Berufsverbot und greife damit auf der höchsten Stufe der Stufentheorie des Bundesverfassungsgerichts in die Berufsfreiheit ein, was die Wesentlichkeit des Eingriffs und die Notwendigkeit eines Parlamentsgesetzes begründe und kollidierende Verfassungsgüter Dritter oder zwingende Gründe des Allgemeinwohls voraussetze, woran es hier fehle. Selbst dann, wenn man unterstelle, dass das Bremsen des Infektionsgeschehens zum Schutz des Gesundheitssystems vor Überlastung als Ziel definiert werden könnte, sei fraglich, ob dieses Ziel durch die Schließung von Kosmetikbetrieben wie dem der Antragstellerin überhaupt erreicht werden könne. Es gebe keine gesicherten Anhaltspunkte dafür, dass gerade diese Betriebe, für die strenge Hygienemaßnahmen gelten würden, Treiber des Infektionsgeschehens gewesen seien. Die Konsequenz der Unkenntnis der Infektionsquellen könne nicht sein, pauschal alle Betriebe mit körpernahen Dienstleistungen zu schließen, während zugleich Friseurbetriebe offen gehalten würden. Die Auswahl der durch die Verordnung zu schließenden Betriebe sei nicht mehr nachzuvollziehen und willkürlich. Das Verbot erweise sich jedenfalls als unverhältnismäßig, weil die Antragstellerin bereits durch den ersten Lockdown am Rande des Ruins stehe und im Dienstleistungsgewerbe mit Schließung des Betriebs ein Verlust an Kundenstamm verbunden sei, der sich kaum wiedergutmachen lasse.

Die Regelungen in § 4 Abs. 1 und § 7 Abs. 1 SARS-CoV-2-EindV, wonach sich im öffentlichen Raum und bei Veranstaltungen mit Unterhaltungscharakter nur eine bestimmte Höchstzahl an Personen aus verschiedenen Haushalten treffen dürfe, greife in den Kernbereich des Privatlebens, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG, und den Kern der besonders geschützten Familie, Art. 6 Abs. 1 GG, ein. Der Eingriff sei verfassungsrechtlich vollkommen willkürlich, weil nicht erkennbar sei, auf welcher Grundlage die konkreten Zahlen an Personen und Haushalten beruhten, und die Einschränkung bezüglich des Umgangs mit Familienangehörigen greife in unzulässiger Weise und ohne sachliche Rechtfertigung in Art. 6 GG ein. Anhaltspunkte dafür, dass der Umgang zwischen Familienangehörigen zur Lage des Infektionsgeschehens beigetragen habe, gebe es nicht bzw. es liege keine für einen derartigen Eingriff zu erwartende gesicherte Datengrundlage vor. Durch den Eingriff unterliege die Antragstellerin selbst in ihrem privaten Rückzugsraum einer ständigen Überwachung und Kontrolle, welche diese verfassungsmäßigen Rechte in ihrem Wesensgehalt aushöhlten, Art. 19 Abs. 2 GG.

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