Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache (VG 14 K 56/20) berechtigt ist, ihre im Land Berlin betriebenen Warenhäuser jeweils mit der gesamten Verkaufsfläche für den Publikumsverkehr zu öffnen, sofern sie jeweils die Einhaltung aller Vorgaben des § 6a Abs. 4 der Verordnung über erforderliche Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Berlin - SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung, SARS-CoV-2-EindmaßnV - sowie der Hygieneregeln nach § 2 Abs. 1, 3 Satz 1 SARS-CoV-2-EindmaßnV gewährleistet.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Gründe
I.
Der sinngemäße Antrag,
im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - vorläufig bis zur Entscheidung über die Klage VG 14 K 56/20 festzustellen, dass auf die von der Antragstellerin im Land Berlin betriebenen Warenhäuser bzw. Warenhausfilialen die Flächenbeschränkung nach § 6a Abs. 1 SARS-CoV-2-EindmaßnV vorläufig keine Anwendung findet,
ist zulässig und nach Maßgabe des Beschlusstenors auch begründet.
1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes, der zuletzt gemäß Schriftsatz vom 27. April 2020 (vgl. Blatt 125 der Gerichtsakte) ausdrücklich gegen die SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung vom 22. März 2020 in der Fassung vom 21. April 2020 (GVBl. S. 262) gerichtet war, ist nach den §§ 88, 122 Abs. 1 VwGO sachdienlich dahin auszulegen, dass er sich nunmehr gegen die am gestrigen Tag in Kraft getretene aktuelle Fassung der SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung, namentlich gegen deren § 6a Abs. 1, richtet. Dafür, im Wege der einstweiligen Anordnung gegen eine zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits nicht mehr gültige Norm vorzugehen, würde der Antragstellerin nämlich das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis fehlen.
§ 6a Abs. 1 SARS-CoV-2-EindmaßnV a.F. lautete: „Verkaufsstellen im Sinne des Berliner Ladenöffnungsgesetzes vom 14. November 2006 (GVBl. S. 1045), das zuletzt durch das Gesetz vom 13. Oktober 2010 (GVBl. S. 467) geändert worden ist, dürfen eine Verkaufsfläche von über 800 qm nicht für den Publikumsverkehr öffnen“. In der aktuellen Fassung bestimmt § 6a Abs. 1 SARS-CoV-2-EindmaßnV nunmehr: „Verkaufsstellen im Sinne des Berliner Ladenöffnungsgesetzes vom 14. November 2006 (GVBl. S. 1045), das zuletzt durch das Gesetz vom 13. Oktober 2010 (GVBl. S. 467) geändert worden ist, dürfen eine Verkaufsfläche von bis zu 800 qm für den Publikumsverkehr unter Einhaltung der Hygieneregeln nach § 2 Absatz 1 öffnen“.
2. Der im oben wiedergegebenen Sinne ausgelegte Rechtsschutzantrag ist zulässig, insbesondere statthaft.
a) Indem er die nach der alten wie nach der neuen Fassung des § 6a Abs. 1 SARS-Cov-2-EindmaßnV auch für die von der Antragstellerin betriebenen Warenhäuser bzw. Warenhausfilialen geltende Beschränkung der zulässigerweise für den Publikumsverkehr zu öffnenden Verkaufsfläche auf jeweils 800 m² angreift, bezieht er sich auf ein gegenwärtiges, feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zwischen der Antragstellerin als Normadressatin und dem Land Berlin als Normgeber und -anwender. § 43 Abs. 2 VwGO greift insoweit nicht ein, da die genannte Vorschrift, die auch in ihrer aktuellen Fassung ein (implizites) Verbot der Öffnung einer über 800 m² hinausgehenden Verkaufsfläche pro Verkaufsstelle beinhaltet, bußgeldbewehrt ist (vgl. § 24 SARS-CoV-2-EindmaßnV in Verbindung mit § 73 Abs. 1a Nr. 24 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen - IfSG -). Zudem ist bei summarischer Prüfung nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen, dass Verstöße gegen die abstrakt-generellen Ver- und Gebote aus § 6a SARS-CoV-2-EindmaßnV auch nach § 75 Abs. 1 Nr. 1 IfSG strafbar sein könnten (vgl. auch BVerfG, 31.03.2020 - Az:
1 BvR 712/20). Das Abwarten der Verhängung derartiger Sanktionen, um sodann gegen diese vorgehen zu können, ist der Antragstellerin nicht zuzumuten.
b) Der Antragstellerin fehlt auch nicht die für die begehrte vorläufige Feststellung in entsprechender Anwendung des § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis. Daran würde es nur dann fehlen, wenn die Antragstellerin offensichtlich und nach keiner denkbaren Betrachtungsweise durch das festzustellende Rechtsverhältnis in ihren subjektiven Rechten verletzt sein könnte. Davon ist hier jedoch nicht auszugehen. Eine Verletzung der Antragstellerin in ihren Grundrechten aus Artikel 12 Abs. 1 und Artikel 14 Abs. 1 jeweils in Verbindung mit Artikel 3 Abs. 1 und Artikel 19 Abs. 3 des Grundgesetzes - GG - erscheint insofern zumindest als möglich.
c) Der Antrag stellt schließlich auch keine unzulässige Umgehung der Sperrwirkung des § 47 VwGO dar.
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