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Witwe kann Herausgabe von Sperma für eine künstliche Befruchtung verlangen

Familienrecht | Lesezeit: ca. 4 Minuten

In einem Eilverfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main hat die antragstellende Ehefrau verlangt, dass eine Klinik ihr das kryokonservierte Keimmaterial ihres bereits verstorbenen Ehemanns zur Verfügung stellt. Sie möchte damit eine In-Vitro-Fertilisation in Spanien durchführen lassen.

Das Krankenhaus hatte die Herausgabe verweigert, weil der mit dem Ehemann zu dessen Lebzeiten geschlossene Vertrag vorsah, dass das Sperma nach seinem Tod zu vernichten sei. Das Embryonenschutzgesetz untersage es, eine künstliche Befruchtung mit dem Samen eines verstorbenen Mannes durchzuführen. Nach Ansicht der Klinik drohe ihren Mitarbeitern im Falle einer Herausgabe des kryokonservierten Spermas außerdem strafrechtliche Verfolgung.

Das Landgericht Frankfurt am Main hat dem Eilantrag der Witwe jedoch stattgegeben.

Die Kammer des Gerichts hat festgestellt, dass der seinerzeit mit dem Ehemann geschlossene Vertrag die Klinik nicht verpflichte, das kryokonservierte Keimmaterial zu vernichten. Diese „Vernichtungsklausel“ fuße nach dem Wortlaut des Vertrages allein auf § 4 Embryonenschutzgesetz. Darin werde zwar strafrechtlich verboten, eine Eizelle mit dem Samen eines Mannes nach dessen Tod zu befruchten. Der Schutzzweck des § 4 Embryonenschutzgesetz sei im vorliegenden Fall jedoch nicht berührt. Insbesondere das Grundrecht des verstorbenen Ehemanns auf reproduktive Autonomie aus Artikel 2 Abs. 2 i.V.m. Artikel 1 Abs. 1 Grundgesetz werde nicht beeinträchtigt, denn er habe vor seinem Tod in die postmortale Verwendung seines Spermas eingewilligt. Dies habe seine Ehefrau hinreichend dargelegt.

Aus der eidesstattlichen Versicherung der Antragstellerin ergibt sich schlüssig und widerspruchsfrei die paarbezogene, individuelle Entwicklung des Kinderwunsches. Sie legt dar, dass es den gemeinsamen Kinderwunsch gab, jedoch der frühe Tod dessen Verwirklichung zu Lebzeiten verhinderte und der verstorbene Ehemann zuletzt seinen Willen auf ein gemeinsames Kind nach seinem Tod richtete.

Auch sei keine Verletzung der Grundrechte des noch nicht gezeugten Kindes zu besorgen. „edenfalls ist in dem vorliegend zu entscheidenden Fall keine konkrete Kindeswohlgefährdung erkennbar, da es dem Willen beider Eltern entspricht, ein Kind zu bekommen.

Entgegen der Befürchtung der Klinik bestünden vorliegend bei einer Herausgabe des kryokonservierten Spermas keine Strafbarkeitsrisiken für die Mitarbeiter. Da der Schutzzweck des § 4 Embryonenschutzgesetz im konkreten Fall schon nicht verletzt sei, fehle es bei einer künstlichen Befruchtung mit dem Sperma des verstorbenen Ehemanns an einer rechtswidrigen Haupttat. Eine Beihilfehandlung dazu scheide aus.

Es erscheint verfassungsrechtlich zwingend geboten, dass zur Ausübung einer Handlung, die Ausdruck einer nach Artikel 2 Abs. 2 i.V.m. Artikel 1 Abs. 1 Grundgesetz verfassungsrechtlich besonders geschützten Selbstbestimmung ist, derjenige auch Hilfe in Anspruch nehmen kann, der diese Handlung realisieren will.

Die künstliche Befruchtung in einer spanischen Klinik ist vorliegend – unabhängig von konkreten medizinischen Erfolgsaussichten und ethischen oder moralischen Bewertungen – nach spanischem Recht möglich. Eine In-Vitro-Fertilisation sei dort im konkreten Fall nicht mit Strafe bedroht.


LG Frankfurt/Main, 04.02.2025 - Az: 2-04 O 29/25

ECLI:DE:LGFFM:2025:0204.2.04O29.25.00

Quelle: PM des LG Frankfurt/Main

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