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Keine Einwände gegen Maskenpflicht, Abstandsgebot und Kontaktdatenerhebung

Corona-Virus | Lesezeit: ca. 57 Minuten

Der in einer nordrhein-westfälischen Kommune lebende Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen im Zuge der Corona-Pandemie erlassene Regelungen zur Kontaktbeschränkung und Einhaltung eines Mindestabstands im öffentlichen Raum sowie die Verpflichtungen, in bestimmten sozialen Situationen eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen und im Rahmen von verschiedenen Veranstaltungen oder Angeboten insbesondere Vorkehrungen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts, zur Gewährleistung des Mindestabstands und teilweise der Rückverfolgbarkeit zu treffen.

Der Antragsteller hat am 8. Juni 2020 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend: Die Verordnungsermächtigung in §§ 28, 32 IfSG verstoße gegen den Grundsatz, dass der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen müsse. Die Schutzmaßnahmen könnten nicht auf die infektionsschutzrechtliche Generalklausel gestützt werden, weil dem Bundesgesetzgeber aufgrund der nationalen Pandemieplanung seit längerem bekannt sei, dass er gesetzliche Grundlagen schaffen müsse, um einer epidemischen Lage wie der gegenwärtigen mit geeigneten Maßnahmen begegnen zu können. Überdies habe dieser das Infektionsschutzgesetz in den letzten Wochen mehrfach angepasst, es aber versäumt, hinreichend bestimmte Ermächtigungsgrundlagen für die streitgegenständlichen Regelungen zu erlassen. Die Coronaschutzverordnung sei zudem formell rechtswidrig. § 10 IfSBG-NRW, mit dem die Ermächtigung zum Erlass der Rechtsverordnung nach §§ 32, 28 IfSG auf den Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen übertragen worden sei, verstoße gegen das Zitiergebot. Überdies seien die angegriffenen Regelungen nicht von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt, da Schutzmaßnahmen nicht gegenüber gesunden Personen erlassen werden könnten. Schließlich seien die Maßnahmen auch unverhältnismäßig. Es bestehe keine Gefahrenlage, die den Erlass von Schutzmaßnahmen rechtfertige, da die Zahl der Neuinfektionen bereits seit Mitte März 2020 gefallen sei, die Infektionswahrscheinlichkeit angesichts der geringen Zahl von Infizierten äußerst gering sei, die Auswirkungen der Corona-Pandemie nicht schwerer seien als die einer Grippewelle und Intensivbetten in einem erheblichen Umfang frei stünden. Auch sei die Datenlage zu unsicher, um eine realistische Prognose über das Infektionsgeschehen abzugeben. So habe es nie eine dynamische Entwicklung der Neuinfektionszahlen gegeben, dieser Eindruck sei fälschlicherweise infolge der Zunahme der Testungen entstanden. Auch sei die Zahl der ermittelten Neuinfektionszahlen nicht verlässlich, da der PCR-Test nicht validiert sei. Die Zahl der gemeldeten Todesfälle sei nicht aussagekräftig, weil nicht ermittelt werde, ob die COVID-19 Erkrankung auch die Todesursache gewesen sei. Überdies seien die Maßnahmen nicht erforderlich. Ein milderes Mittel sei der stärkere Schutz von Risikogruppen. Statt des aktuellen Systems mit weitgehenden Verboten reiche eine Empfehlung zum Abstandhalten, zum Meiden von Menschenansammlungen und zur Einhaltung von Hygieneregeln, da die Mehrheit der Verpflichteten diese Vorgaben ohnehin freiwillig einhalte. Der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung bedürfte es nicht bei flüchtigen Begegnungen in z. B. Supermärkten und Restaurants sowie bei der Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs, wenn Abstände eingehalten werden könnten. Die Maßnahmen seien auch unangemessen. Sie führten zu einem gravierenden volkswirtschaftlichen Einbruch und zu einer Steigerung der Suizidrate. Schließlich seien die Regelungen über die Erhebung von Kundenkontaktdaten zur Rückverfolgung von Infektionsketten rechtswidrig, weil es an einer Ermächtigung für den Datenabruf durch die Gesundheitsbehörde fehle. Auch seien die Maßnahmen unausgewogen und verstießen daher gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

Hierzu führte das Gericht aus:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der sich nach verständiger Würdigung des Antragsvorbringens gegen die in der aktuellen Fassung der Coronaschutzverordnung niedergelegten Schutzmaßnahmen richtet, hat keinen Erfolg.

Er ist unzulässig, weil unstatthaft, soweit der Antragsteller sich gegen § 18 CoronaSchVO wendet. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO entscheidet das Oberverwaltungsgericht „im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit“ über die Gültigkeit einer Norm. Dies hat zur Folge, dass Rechtsvorschriften rein ordnungswidrigkeitsrechtlichen Inhalts, wie § 18 CoronaSchVO, nicht der Prüfung im Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO und dem zugehörigen Eilverfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO unterliegen, weil gegen die auf solche Normen gestützten Bußgeldbescheide nach § 68 OWiG allein die ordentlichen Gerichte angerufen werden können.

Der ansonsten gemäß § 47 Abs. 6, Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. § 109a JustG NRW statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag ist unbegründet. Die vom Antragsteller begehrte einstweilige Anordnung ist nicht zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten (§ 47 Abs. 6 VwGO). Ein - noch zu erhebender - Normenkontrollantrag in der Hauptsache bliebe voraussichtlich ohne Erfolg, weil sich die angegriffenen § 1, § 2, § 2a, § 8 Abs. 1, 2 und 7, § 10 Abs. 4 und 6, § 11 Abs. 1, § 12 Abs. 1, § 14 Abs. 1 und § 17 CoronaSchVO bei einer wegen der Eilbedürftigkeit der Entscheidung nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich als rechtmäßig erweisen (1.). Auch unter Berücksichtigung etwaig verbleibender Unsicherheiten bei der rechtlichen Bewertung erscheint im Übrigen eine Außervollzugssetzung der streitgegenständlichen Normen nicht dringend geboten (2.).

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