Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Die Verfassungsbeschwerde des demnächst 65-jährigen Beschwerdeführers zielte darauf, Bund und Länder zu verpflichten, Lockerungen staatlicher „Corona-Maßnahmen“ zurückzunehmen.
Der Beschwerdeführer im Verfahren, der sich aufgrund seines Lebensalters einer Risikogruppe zurechnet, machte geltend, die Lockerungen kämen auch nach Ansicht wissenschaftlicher Studien zu früh und bedrohten sein Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Die Lockerungsmaßnahmen seien daher im Wege einstweiliger Anordnung auszusetzen und die Öffnung der Grundschulen einstweilen zu untersagen. Seine Verfassungsbeschwerde war jedoch nicht hinreichend substantiiert. Sie berücksichtigte insbesondere nicht den Gestaltungsspielraum, der dem Staat zusteht, um grundrechtliche Schutzpflichten zu erfüllen, und den lediglich prognostischen Gehalt wissenschaftlicher Stellungnahmen.
Zwar umfasst das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit die staatliche Pflicht, sich schützend und fördernd vor das Leben zu stellen sowie vor Beeinträchtigungen der Gesundheit zu schützen. Doch kommt dem Gesetzgeber dabei ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu. Daher kann das Bundesverfassungsgericht die Verletzung einer Schutzpflicht nur feststellen, wenn überhaupt nichts getan wird, wenn Maßnahmen offensichtlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind oder wenn sie erheblich hinter dem Schutzziel zurückbleiben. Das ist hier nicht ersichtlich. Zwar kann mit dem Beschwerdeführer angenommen werden, dass die vollständige soziale Isolation der gesamten Bevölkerung den besten Schutz gegen eine Infektion bietet. Doch verletzt der Staat grundrechtliche Schutzpflichten nicht, wenn er soziale Kontakte unter bestimmten Bedingungen zulässt. So trägt er anderen grundrechtlich geschützten Freiheiten Rechnung; zudem kann er die gesellschaftliche Akzeptanz der angeordneten Maßnahmen berücksichtigen und sich auch für ein behutsames oder auch wechselndes Vorgehen im Sinne langfristig wirksamen Lebens- und Gesundheitsschutzes entscheiden. Daran ändern die fachwissenschaftlichen Stellungnahmen, auf die sich der Beschwerdeführer stützt, nichts, denn sie präsentieren ausdrücklich nicht eine bestimmte Maßnahme, sondern unterschiedliche prognostische Szenarien.