Eine Betriebsratswahl darf nicht pauschal als reine Briefwahl durchgeführt werden. Die Wahlordnung (§ 24 WO) stellt hierfür strenge Voraussetzungen auf, um einerseits eine breite Wahlbeteiligung zu ermöglichen, andererseits aber Missbrauch und Manipulation zu verhindern. Die Briefwahl dient dem Schutz des Wahlgeheimnisses und ist nur bei Vorliegen klar definierter Bedingungen zulässig.
Ein flächendeckender Beschluss zur schriftlichen Stimmabgabe für alle Wahlberechtigten war unzulässig. § 24 Abs. 3 WO erlaubt die Anordnung der Briefwahl ausschließlich für Betriebsteile oder Kleinstbetriebe, die räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind. Eine solche Anordnung für den gesamten Betrieb – insbesondere für den Hauptbetrieb – sieht die Vorschrift nicht vor.
Der klare Gesetzeswortlaut wie auch der Schutzzweck der Norm bestätigen diese Beschränkung. Die Briefwahl soll nur dort greifen, wo der Weg zum Wahllokal mit unzumutbarem Aufwand verbunden ist. Im Hauptbetrieb selbst besteht in der Regel kein Grund für eine abweichende Regelung – dort kann und soll die Urnenwahl stattfinden.
Auch die Annahme, es habe im konkreten Fall gar keinen Hauptbetrieb gegeben, rechtfertigt keine flächendeckende Briefwahl. Eine analoge Anwendung von § 24 Abs. 3 WO scheidet aus, da es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt und keine identische Interessenlage besteht. Das Gesetz erlaubt keine Ausdehnung dieser Ausnahmevorschrift auf andere Fälle.
Der herangezogene
Tarifvertrag enthielt keine Regelung zur Briefwahl und begründet daher keine eigene Rechtsgrundlage für den Beschluss. Selbst wenn die Tarifvertragsparteien eine entsprechende Regelung hätten treffen wollen, ist fraglich, ob ihnen insoweit überhaupt eine abweichende Regelungskompetenz zusteht.
Der Verstoß gegen die Wahlvorschrift war erheblich. Eine Wahl kann nur dann nicht angefochten werden, wenn der Fehler nachweislich ohne Einfluss auf das Wahlergebnis geblieben ist. Hier konnte aber nicht ausgeschlossen werden, dass Wahlberechtigte bei einer Urnenwahl anders oder überhaupt gewählt hätten. Die zeitlich gestaffelte Stimmabgabe durch Briefwahl kann zu abweichendem Wählerverhalten führen.