Wenn der Versicherer im Rahmen der Antragstellung für eine Berufsunfähigkeitsversicherung erkennbar auf das Stellen bestimmter Gesundheitsfragen verzichtet, besteht keine Obliegenheit des Versicherungsnehmers, hierzu ungefragt Angaben zu machen; dies gilt auch dann, wenn die nicht erfragten Umstände erkennbar gefahrerheblich sind.
Ist die nur einen Satz umfassende Gesundheitsfrage beschränkt auf Angaben zu einem Tumorleiden (Krebs), einer HIV-Infektion (positiver Aids-Test), einer psychischen Erkrankung oder einem Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), besteht keine Obliegenheit, auf eine bestehende Erkrankung an multipler Sklerose hinzuweisen.
Zwar kann auch ein Verschweigen von Tatsachen eine Täuschung darstellen; dies setzt aber voraus, dass hinsichtlich der nicht offenbarten Tatsache eine Aufklärungspflicht besteht.
Eine Aufklärungspflicht des Versicherungsnehmers kann sich im vorvertraglichen Bereich insbesondere aus seiner Anzeigeobliegenheit gemäß § 19 Abs. 1 VVG ergeben. Denn auch wenn deren Missachtung dem Versicherer die Rechte nach § 19 Abs. 2 bis 4 VVG eröffnet, steht dies gemäß § 22 VVG der Möglichkeit der Arglistanfechtung nicht entgegen. § 19 Abs. 1 VVG ist hier indes nicht einschlägig, weil die Beklagte dem Kläger in Form der vorformulierten Erklärung unstreitig nur spezifische Fragen zu seinem Gesundheitszustand gestellt hat, die seine bestehende Erkrankung nicht erfassten.
Auch im Übrigen war der Kläger nicht verpflichtet, die Beklagte von sich aus auf die bei ihm diagnostizierte multiple Sklerose hinzuweisen.
Scheute sich ein Versicherer aus geschäftstaktischen Gründen, eine Frage zu stellen, deren wahrheitsgemäße Beantwortung nach seiner Darstellung maßgeblich für seine Entscheidung war, ob er den angetragenen Vertrag schließt, so lieferte er selbst den Beweis dafür, dass er die unaufgeforderte Offenbarung des betreffenden Sachverhalts nicht erwarten konnte und durfte.
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