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Fehlerhafte Beratung bei gewünschter Entgeltumwandlung

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 5 Minuten

Ein Arbeitgeber kann aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 2, 241 Abs. 2 BGB i.V.m. der Entgeltumwandlungsvereinbarung vom 23.09.2003 zum Ersatz des Schadens verpflichtet sein, der dadurch entstanden ist, dass er es unterlassen hat, ihn darauf hinzuweisen, dass mit Wirkung ab dem 01.01.2004 aufgrund des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung Kapitalzahlungen aus einer Entgeltumwandlung der Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung unterliegen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber sich eines Kreditinstituts zur Beratung bedient. Dieses ist als Erfüllungsgehilfe anzusehen.

Jedem Arbeitsverhältnis wohnt die Nebenpflicht des Arbeitgebers inne, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitnehmers so zu wahren, wie dies unter Berücksichtigung der Interessen und Belange beider Vertragspartner nach Treu und Glauben verlangt werden kann. Dies folgt aus §§ 241 Abs. 2, 242 BGB. Daraus können sich zum einen Hinweis- und Informationspflichten des Arbeitgebers ergeben. Zum anderen hat er, wenn er seinen Arbeitnehmern bei der Wahrnehmung ihrer Interessen behilflich ist, zweckentsprechend zu verfahren und sie vor drohenden Nachteilen zu bewahren. Die arbeitsrechtlichen Nebenpflichten des Arbeitgebers beschränken sich nicht darauf, den Arbeitnehmern weder falsche noch unvollständige Auskünfte zu erteilen. Zur Vermeidung von Rechtsnachteilen für die Versorgungsberechtigten kann er verpflichtet sein, von sich aus geeignete Hinweise zu geben. Zwar hat grundsätzlich jeder Vertragspartner für die Wahrnehmung seiner Interessen selbst zu sorgen und sich Klarheit über die Folgen einer vorgesehenen Vereinbarung zu verschaffen. Der jeder Partei zuzubilligende Eigennutz findet aber seine Grenze am schutzwürdigen Lebensbereich des Vertragspartners. Hinweis- und Aufklärungspflichten beruhen auf den besonderen Umständen des Einzelfalles und sind das Ergebnis einer umfassenden Interessenabwägung. Die erkennbaren Informationsbedürfnisse des Arbeitnehmers einerseits und die Beratungsmöglichkeiten des Arbeitsgebers andererseits sind dabei stets zu beachten. Wie groß das Informationsbedürfnis des Arbeitnehmers ist, hängt insbesondere von der Schwierigkeit der Rechtsmaterie sowie von dem Ausmaß der drohenden Nachteile und deren Vorhersehbarkeit ab. Allerdings darf der Arbeitgeber weder durch das Bestehen noch durch den Inhalt einer arbeitsvertraglichen Informationspflicht überfordert werden. Je größer das beim Arbeitnehmer erweckte Vertrauen ist oder je größer, atypischer und schwerer erkennbar die Gefahren für diesen sind, desto eher treffen den Arbeitgeber Informationspflichten und desto weitreichender sind sie. Der Arbeitgeber darf bei Vertragsverhandlungen nichts verschweigen, was die vollständige Vertragsdurchführung in Frage stellen kann und was ihm bekannt ist oder bekannt sein müsste. Ihn treffend gesteigert Informationspflichten, wenn der Abschluss eines Vertrags auf seine Initiative zurückgeht und er den Eindruck erweckt, er werde die Interessen des Arbeitnehmers wahren und ihn nicht ohne ausreichende Aufklärung erheblichen atypischen Risiken aussetzen.

Diese Grundsätze gelten auch für Entgeltumwandlungsvereinbarungen. Bei ihnen ist der Arbeitnehmer in erhöhtem Maß schutzbedürftig, weil es nicht allein, wie bei einer vom Arbeitgeber finanzierten betrieblichen Altersversorgung, um Vertrauensschutz geht, sondern unmittelbar um Entgeltschutz. Der Arbeitgeber schließt den Versicherungsvertrag im Interesse des Arbeitsnehmers. Schon daraus ergibt sich, dass er sich zu informieren und diese Information an seine Arbeitnehmer weiterzugeben haben. Zwar ist der Arbeitgeber nicht von sich aus verpflichtet, den Arbeitnehmer auf den Anspruch auf Entgeltumwandlung nach § 1a BetrAVG hinzuweisen (BAG, 21.01.2014 – Az: 3 AZR 807/11). Hat der Arbeitnehmer aber verlangt, dass ein bestimmter Teil seiner künftigen Entgeltansprüche im Sinne von § 1a Abs. 1 BetrAVG umgewandelt werden, entstehen beim Arbeitgeber Schutz- und Rücksichtnahmepflichten sowie Informationspflichten.


LAG Hamm, 06.12.2017 - Az: 4 Sa 852/17

ECLI:DE:LAGHAM:2017:1206.4SA852.17.00

Nachfolgend: BAG 18.02.2020 - Az: 3 AZR 206/18

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