Wozu der Mietvertrag Sie wirklich verpflichtet: ➠ Lassen Sie Ihren Vertrag prüfenWird durch den Einbau eines Treppenliftes in das Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses die Mindestbreite der Treppen von 1 m (§ 36 Abs. 5 BauO NRW) unterschritten, kann die Beseitigung des Treppenliftes angeordnet werden.
Eine Abweichung von § 36 Abs. 5 BauO NRW kann nur bei einer atypischen Gebäudesituation zugelassen werden.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger wendet sich mit der vorliegenden Klage gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Ordnungsverfügung der Beklagten vom 10. Mai 2012, mit der ihm unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1.000,00 EUR aufgegeben wurde, innerhalb von vier Wochen nach Zustellung der Verfügung den im Gebäude eingebauten Treppenlift über alle Ebenen (Erdgeschoss bis zum 2. Obergeschoss) zu beseitigen.
Der Kläger ist 88 Jahre alt. Er bewohnt gemeinsam mit seiner 80-jährigen Ehefrau eine Wohnung im 2. Obergeschoss des vorgenannten Gebäudes. Bei dem Gebäude handelt es sich um ein Mehrfamilienhaus mit insgesamt 12 Wohnungen auf vier Ebenen.
Der Kläger beauftragte im Juli 2011 die Firma Lifta mit dem Einbau eines Treppenliftes (Lifta Klassik 2100). Die Grundstückseigentümerin, die B2. T. - und Wohnungs GmbH, teilte dem Kläger mit Schreiben vom 29. September 2011 mit, dass sie dem Vorhaben zustimme. In der mit der Zustimmung verbundenen „Zusatzvereinbarung“ zum
Mietvertrag verpflichteten sich der Kläger und seine Ehefrau u. a. für eventuell erforderliche Baugenehmigungen selbst Sorge zu tragen. Der Kläger ließ daraufhin den Treppenlift einbauen, ohne dies zuvor mit der Bauaufsicht besprochen zu haben.
Mit Schreiben vom 21. Februar 2012 wandte sich Herr G. T1. - wohnhaft in der 3. Etage des eingangs genannten Gebäudes - an die Beklagte und trug vor, dass in dem Treppenhaus seitens des Klägers ein Treppenlift vom Erdgeschoss bis zum 2. Obergeschoss eingebaut worden sei; hierdurch sei die Treppenbreite eingeschränkt worden.
Die Beklagte ermittelte daraufhin den Sachverhalt und teilte dem Kläger mit Anhörungsschreiben vom 19. April 2012 mit, dass durch den Einbau des Treppenliftes die notwendige Treppe nur noch eingeschränkt nutzbar sei. Nach § 36 Abs. 5 BauO NRW müsse in Wohngebäuden mit mehr als zwei Wohnungen die nutzbare Breite der Teppen und Treppenabsätze notwendiger Treppen mindestens 1 m betragen. Diese Vorgabe sei nicht eingehalten. Auch komme vorliegend die Erteilung einer Abweichung nach § 73 BauO NRW nicht in Betracht. Insoweit sei beabsichtigt, dem Kläger die Beseitigung des Treppenliftes aufzugeben.
Mit Schreiben vom 30. April 2012 nahm der Kläger hierzu Stellung. Er trug u. a. vor, dass er und seine Ehefrau schwerbehindert seien (Ehefrau mit Pflegestufe 1). Der Treppenlift sei sehr wichtig; ohne den Treppenlift könnten sie sich nicht bewegen, wenn sie zum Beispiel einen Arzt besuchen müssten. Seine Frau sei schon seit Jahren sehr krank und könne ohne den Treppenlift überhaupt nicht nach draußen gehen.
Mit Verfügung vom 10. Mai 2012 gab die Beklagte dem Kläger daraufhin die Beseitigung des Treppenliftes auf. Zur Begründung verwies die Beklagte abermals auf die gesetzlichen Vorgaben. Auch die Einlassungen des Klägers habe sie berücksichtigt. Sie könnten jedoch zu keiner anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage führen.
Hiergegen hat der Kläger am 6. Juni 2012 die vorliegende Klage erhoben, mit der er nochmals auf seine persönliche Lebenssituation und die Erkrankung seiner Ehefrau hinweist.
Die Beklagte beruft sich im Wesentlichen zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags auf die Ausführungen in der angefochtenen Verfügung. Ergänzend trägt sie vor, dass eine Abweichung gemäß § 73 BauO NRW von den brandschutzrechtlichen Bestimmungen der Landesbauordnung nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen nur bei einer „atypischen“ Situation in Betracht komme und dass eine solche „Atypik“ hier nicht gegeben sei.
Der Berichterstatter hat am 18. Juli 2012 einen Ortstermin durchgeführt. Hierbei ist u. a. festgestellt worden, dass hinter der Hauseingangstür der erste Treppenlift vom Erdgeschoss zum ersten Obergeschoss und von dort aus ein zweiter Treppenlift baugleichen Typs vom ersten Obergeschoss zum zweiten Obergeschoss führt. Ferner ist festgestellt worden, dass der verbleibende Raum zwischen der Montageschiene des Lifts und dem Treppengeländer - bei beiden Treppenliften - jeweils 92 cm (etwa entsprechend der Skizze der Firma Lifta) beträgt. Festgestellt worden ist außerdem, dass der Treppenlift jeweils im Ruhezustand am unteren Ende der Treppe geparkt wird und dass bei hochgeklapptem Sitz und hochgeklappter Fußplatte der Abstand zwischen Treppenlift und Treppengeländer im geparkten Zustand ca. 80 cm beträgt.
Die Beklagte hat zunächst zugesagt, dass jedenfalls bis zum 18. Juli 2012 keine Vollstreckungsmaßnahmen erfolgen; im Ortstermin am 18. Juli 2012 hat die Beklagte - vor dem Hintergrund der Gefahreneinschätzung durch die am Ortstermin beteiligte Feuerwehr - erklärt, dass die Vollziehbarkeit der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im vorliegenden Verfahren ausgesetzt werde.
Außerdem haben beide Beteiligten im Ortstermin erklärt, dass sie mit einer Entscheidung durch die Kammer ohne mündliche Verhandlung einverstanden seien.
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