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Keine Erstattung des Corona-Verdienstausfalls für Arbeitgeber

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 6 Minuten

Ein Verdienstausfall liegt nicht vor, wenn dem Arbeitnehmer trotz seiner Verhinderung an der Ausübung seiner Tätigkeit gegen seinen Arbeitgeber ein Lohnfortzahlungsanspruch zusteht. Bei einer Beschäftigungsdauer von mehr als zwei Jahren ist eine 15 Tage andauernde Arbeitsverhinderung infolge einer Absonderung noch als nicht erhebliche Zeit im Sinne des § 616 Satz 1 BGB anzusehen.

Somit kann ein Arbeitgeber, der seinen Beschäftigten eine Verdienstausfallentschädigung aufgrund von Corona-Maßnahmen gezahlt hat, keine Erstattung von den anordnenden Behörden verlangen.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin ist Betreiberin eines Krankenhauses und begehrte auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes die Erstattung einer mehreren Beschäftigten gewährten Verdienstausfallentschädigung. Hintergrund war, dass sich die Beschäftigten im Frühjahr 2020 jeweils urlaubsbedingt in Risikogebieten aufgehalten hatten. Sie unterfielen damit der am 11.03.2020 vom Landkreis Northeim erlassenen „Allgemeinverfügung für Reiserückkehrer aus Risikogebieten und besonders von der Ausbereitung des Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 betroffenen Gebieten“. Dort war für Reiserückkehrer aus den vorgenannten Gebieten u.a. ein Betretungsverbot für Krankenhäuser geregelt und für die Träger von Krankenhäusern die Verpflichtung, die betreffenden Personen für 14 Tage nicht zu beschäftigen. Dementsprechend begaben sich die betroffenen Beschäftigten nach ihrer Urlaubsrückkehr in häusliche Quarantäne und gingen ihrer Tätigkeit bei der Klägerin nicht nach.

In diesem Zeitraum zahlte die Klägerin den Beschäftigten einen Verdienstausfall, den sie von den zuständigen Behörden ersetzt haben wollte. Insgesamt ging es um eine Summe im niedrigen fünfstelligen Bereich. Sie machte geltend, dass sich das Betretungsverbot für Krankenhäuser bei den betroffenen Beschäftigten wie ein Tätigkeitsverbot ausgewirkt habe. Dies habe einen Anspruch ihrer Beschäftigten auf Verdienstausfall nach dem Infektionsschutzgesetz (§ 56 Abs. 1 IfSG) zur Folge. Da sie (die Klägerin) diesen Verdienstausfall kompensiert habe, habe sie selbst einen Erstattungsanspruch gegen die Behörde nach dem Infektionsschutzgesetz (§ 56 Abs. 5 Satz 3 IfSG).

Die beklagte Behörde hielt dagegen: Wer aus einem Risikogebiet nach Deutschland einreise, wisse, dass er sich einem erhöhten Ansteckungsrisiko ausgesetzt habe, dessen zwingende Folge eine Quarantäne/Absonderung sei. Wer dies bewusst in Kauf nehme, habe keinen Anspruch auf Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz, so dass auch die Klägerin keine Erstattung der von ihr gezahlten Entschädigung verlangen könne.

Die Kammer gelangte zu der Überzeugung, dass den Beschäftigten schon gar kein Verdienstausfall entstanden sei, ohne den auch kein Entschädigungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz bestehen könne. Dies folge aus einer Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 616 BGB), die bestimme, dass Arbeitgeber ohnehin zur Zahlung des Arbeitsentgelts verpflichtet blieben, wenn Beschäftigte ohne Verschulden durch einen in ihrer Person liegenden Grund für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit an der Dienstleistung gehindert seien. Die amtlich angeordnete Absonderung sei personenbedingt und stelle ein subjektives Leistungshindernis dar. Die Beschäftigten hätten die Verhinderung ihrer Arbeitsleistung nicht zu verschulden, da ihr jeweiliges Reiseziel zum Zeitpunkt des Reiseantritts noch gar nicht als Risikogebiet benannt worden sei. Zudem habe auch nach Ausweisung der Risikogebiete keine Verpflichtung bestanden, dort zu bleiben, so dass allein die Rückkehr nach Deutschland nicht zu einem Verschulden führen könne. Schließlich handele es sich bei insgesamt 15 Arbeitstagen um einen verhältnismäßig nicht erheblichen Zeitraum. Dies gelte jedenfalls dann, wenn ein bereits seit mehreren Jahren bestehendes Arbeitsverhältnis vorliege. Eine Absonderungszeit von zwei Wochen erscheine nicht atypisch lang, sondern habe den zum damaligen Zeitpunkt der Anfangsphase der Pandemie vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Inkubationszeit entsprochen, zumal Testmöglichkeiten allenfalls rudimentär bestanden hätten.

Die im Bürgerlichen Gesetzbuch enthaltene Regelung werde nicht durch das Infektionsschutzgesetz verdrängt, weil dies nicht etwa zum Ziel habe, Arbeitgeber zu entlasten, die aufgrund anderer Vorschriften ohnehin zur Entgeltfortzahlung verpflichtet seien.

Gegen die Entscheidungen kann innerhalb eines Monats nach Zustellung beim OVG Niedersachsen ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt werden.


VG Göttingen, 20.07.2023 - Az: 4 A 150/21

ECLI:DE:VGGOETT:2023:0720.4A150.21.00

Quelle: PM des VG Göttingen

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