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Rufbereitschaft per Handy

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 5 Minuten

Das Bundesarbeitsgericht hatte darüber zu entscheiden, ob einem Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes für Zeiten, in denen er außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit über ein Funktelefon (sog. Handy) erreichbar sein muß, die tariflich für Rufbereitschaft vorgesehene Vergütung zusteht.

Der Kläger ist Verwaltungsangestellter beim Technischen Hilfswerk (THW). Das THW verpflichtet bestimmte Mitarbeiter, zu denen der Kläger gehört, nach einem im voraus festgelegten Plan außerhalb der Dienstzeit erreichbar zu sein, um Informationen und Aufträge entgegenzunehmen und sodann telefonisch das Erforderliche (z.B. die Erteilung von Einsatzaufträgen) zu veranlassen. In der Zeit vor dem 1. Januar 1996 hatte die Beklagte diese Mitarbeiter mit Euro-Signal-Empfängern (sog. Euro-Piepern) ausgestattet, bei deren Ertönen vom nächsten Fernsprecher aus die Leitstelle anzurufen war. Seit dem 1. Januar 1996 haben die Arbeitnehmer empfangsbereite Funktelefone mitzuführen. Die Beklagte zahlte bis zum 31. Dezember 1995 Rufbereitschaftsvergütung nach § 15 Abs. 6 b Unterabs. 2 des auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden BAT. Sie hat die Auffassung vertreten, nach Einführung der Funktelefone lägen die tariflichen Voraussetzungen der Rufbereitschaft nicht mehr vor, weil die Arbeitnehmer nicht mehr wie früher in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt seien. Der Kläger war von Januar 1996 bis März 1997 an mehreren Tagen monatlich zur "Erreichbarkeit per Handy" eingeteilt. Seine Klage auf Zahlung von Rufbereitschaftsvergütung hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.

Auf die Revision des Klägers hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts das Berufungsurteil aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung verurteilt. Der Kläger hat Rufbereitschaft geleistet.

Rufbereitschaft im Tarifsinne ist gegeben, wenn der Angestellte verpflichtet ist, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufzuhalten, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen (§ 15 Abs. 6 b Unterabs. 1 BAT). Die vom Arbeitgeber angeordnete "Erreichbarkeit per Handy" erfüllt diese Voraussetzungen. Das ergibt die Tarifauslegung.

Der Kläger war zwar nicht verpflichtet, sich an einer bestimmten, der Beklagten mitzuteilenden Stelle aufzuhalten, sondern konnte seinen Aufenthalt wählen und verändern, ohne seinen Arbeitgeber jeweils informieren zu müssen. Er war aber dennoch während der "Erreichbarkeit per Handy" in der Bestimmung seines Aufenthalts beschränkt. Er war - von Ausnahmen abgesehen - verpflichtet, Aufenthaltsorte zu wählen, an denen er über ein von ihm ständig betriebs- und empfangsbereit zu haltendes Funktelefon erreicht werden konnte. Dazu gehörte, daß er sich von dem Funktelefon nicht außer Hörweite entfernte und grundsätzlich Orte mied, an denen Funktelefone nicht betrieben werden können oder dürfen. Auch diese Form angeordneter Bereitschaft des Arbeitnehmers erfüllt nach Sinn und Zweck der Tarifregelung den Begriff der Rufbereitschaft. Andernfalls wäre die Heranziehung des Arbeitnehmers unzulässig, weil dieser mangels tarifvertraglicher oder einzelvertraglicher Vereinbarung außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit weder zur Arbeit noch zur Arbeitsbereitschaft verpflichtet ist. Dieses Ergebnis wollten die Tarifvertragsparteien dadurch, daß sie die Möglichkeit der Anordnung von Rufbereitschaft vereinbart haben, gerade vermeiden.

Der Hinweis der Beklagten, die moderne Kommunikationstechnik habe die Ausübung der Rufbereitschaft in Fällen wie diesem so sehr erleichtert, daß die Höhe des tariflich vorgesehenen Entgelts nicht mehr gerechtfertigt sei, ist rechtlich unerheblich. Es ist Sache der Tarifvertragsparteien zu entscheiden, ob von ihnen vereinbarte Arbeitsbedingungen wegen des technischen Fortschritts geändert werden müssen.


BAG, 29.06.2000 - Az: 6 AZR 900/98

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