Die Verpflichtung des
Arbeitgebers zur Einrichtung eines objektiven, verlässlichen und zugänglichen Systems zur Arbeitszeiterfassung (vgl. EuGH, 14.05.2019 - Az:
C-55/18) ergibt sich aus einer unmittelbaren Anwendung von Art. 31 Abs. 2 der EU-Grundrechte-Charta.
Diese Verpflichtung trifft den Arbeitgeber, ohne dass es hierzu einer Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber oder einer richtlinienkonformen Auslegung des
§ 16 Abs. 2 ArbZG bedürfte.
Bei der Verpflichtung des Arbeitgebers, ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Arbeitszeiterfassung einzuführen, handelt es sich auch um eine vertragliche Nebenpflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB. Verletzt der Arbeitgeber diese vertragliche Nebenpflicht, gilt der unter Vorlage von Eigenaufzeichnungen geleistete Vortrag des
Arbeitnehmers, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat, regelmäßig gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden.
Die im Rahmen eines sogenannten „Bautagebuches“ in Anwendung der Regelungen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) vom Arbeitgeber vorgenommenen Aufzeichnungen genügen den Anforderungen eines objektiven, verlässlichen und zugänglichen Systems zur Arbeitszeiterfassung regelmäßig nicht.