Das Landgericht hat u.a. Folgendes festgestellt und gewertet:
Auf Betreiben des Angeklagten S. , der wegen vergleichbarer Taten bereits verurteilt worden war, wurde die . D. GmbH. (im Folgenden: D. ) gegründet, deren Gesellschafterin die H. AG mit Sitz in Z. (Schweiz) war. S. warb den Angeklagten Sc. als Geschäftsführer der D. an. Die Angeklagten kamen überein, bei Erbringen von Schlüsselnotwerkleistungen der D. deutlich über dem Üblichen liegende Entgelte zukommen zu lassen. Auf diese Weise konnte Sc. im Tatzeitraum von Februar 2008 bis August 2016 ein monatliches Ge- halt in Höhe von 20.000 € verdienen und darüber hinaus eine Umsatzbeteiligung in Höhe von 1,3 Mio. € erzielen. S. , der die grundlegenden Unternehmensentscheidungen traf und auch ansonsten das letzte Wort hatte, vereinnahmte ebenfalls erhebliche Gelder aus der D. .
Die Angeklagten wussten um den schlechten Ruf der Schlüsselnotdienstbranche; sie rechneten damit, dass potentielle Kunden ausschließlich ortsansässige Unternehmen beauftragen wollten, die es sich nur erlauben konnten, ortsüblich und angemessen abzurechnen, und für den Fall von Schlechtleistungen für Nachbesserungen erreichbar waren. Daher kamen die Angeklagten auf die Idee, bundesweit in Telefonbüchern nicht existente Schlüsseldienstfirmen mit örtlichen Anschriften und dazu passenden Telefonnummern eintragen zu lassen. Mitunter ließen die Angeklagten auf einem Branchenblatt in den Gelben Seiten bis zu 60 verschiedene Rufnummern fiktiver Unternehmen abdrucken; beim Wählen dieser Nummern wurden die Anrufer, die sich ausgesperrt hatten, zum Callcenter der D. in G. geschaltet, ohne dies zu bemerken. Die Angeklagten wiesen die angestellten Telefonisten an, sich bei Entgegennahme des Anrufs nur mit „Schlüsseldienst“ zu melden und auf Nachfrage wahrheitswidrig zu bestätigen, dass das Unternehmen vor Ort ansässig sei. Bezüglich der Kosten des Schlüsselnotdiensteinsatzes nannten die eingeweihten Mitarbeiter allenfalls die Pauschale für An- und Abfahrt; den endgültigen Preis könne der Monteur erst vor Ort bestimmen. Die durch eine Umsatzbeteiligung motivierten Telefonisten sollten möglichst die Monteure mit den besten Umsatzzahlen, die sie aus einer elektronischen Datenliste ersehen konnten, entsenden.
Die Monteure verwendeten von der D. zur Verfügung gestellte „Auftrags-/Rechnungsformulare“, auf denen die Bankverbindung der D. angegeben war, ohne dass diese Zuordnung für die Kunden erkennbar gewesen wäre. Die Monteure setzten nämlich als handelnde Schlüsseldienstunternehmen eigene Einzelfirmen oder eine andere von S. initiierte GmbH ein, die indes nicht werbend tätig war. In manchen Fällen gaben die Monteure willkürlich andere Firmen an. Indes erweckten sie beim Eintreffen vor Ort den Eindruck, sie würden für das angerufene Unternehmen arbeiten; vielfach bestätigten sie dies ausdrücklich und ließen die nichts ahnenden Kunden das Formular zweimal, nämlich zur „Auftragsbestätigung“ und als „Abnahmeprotokoll“, womit die Abrechnung akzeptiert werden sollte, unterschreiben. Dabei trugen die Monteure die Einzelpositionen erst nach Öffnen der Türen in die Formulare ein. Sofern manche Besteller sich nachträglich übervorteilt fühlten und den zu viel gezahlten Werklohn zurückforderten, mussten sie die aus den Formularen ersichtlichen Einzelunternehmen gerichtlich in Anspruch nehmen, weil sie nicht erkannt hatten, dass die D. ihr Vertragspartner war. In diesen Rechtsstreitigkeiten vertraten von der D. beauftragte Rechtsanwälte die Monteure.
In 40 Einzelfällen im Tatzeitraum vom 28. Februar 2008 bis 2. August 2016 gingen die Kunden, die sich ausgesperrt hatten, irrtümlich davon aus, dass der erschienene Monteur zum ortsansässigen Schlüsselnotdienstunternehmen gehörte, mit welchem sie zuvor telefoniert hatten, und ortsüblich sowie angemessen abrechnen würde. Tatsächlich überstiegen die berechneten Pauschalen die nach Wochentag und Uhrzeit gestaffelten Preisempfehlungen des Bundesverbandes Metall - Vereinigung Deutscher Metallhandwerke vom 1. August 2011 erheblich. Das eingesetzte Material stellten die Monteure mit einem Aufschlag von bis zu über 100 % in Rechnung. In Unkenntnis der nicht vereinbarten Aufschläge zahlten die Kunden die Rechnungsbeträge und erlitten nach den Berechnungen des Landgerichts Schäden in Höhe des tatsächlich gezahlten Werklohns abzüglich des sich aus den genannten Preisempfehlungen ergebenden ortsüblichen und angemessenen Entgelts, im Einzelfall bis zu 1.177 €.
In weiteren neun Einzelfällen verweigerten die Kunden die Zahlung bzw. nahmen die Besteller nicht ausschließbar überhöhte Entgelte in Kauf, um wieder in ihre Wohnung zu gelangen.
Bezüglich weiterer 885 Einzelfälle hat das Landgericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Strafverfolgung innerhalb des uneigentlichen Organisationsdelikts auf versuchten Betrug beschränkt (§ 154a Abs. 2, 1 Satz 1 Nr. 1 StPO).
Hierzu führte das Gericht aus:
Die Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs (§ 263 Abs. 5, 1, § 25 Abs. 2 StGB) im Wege eines uneigentlichen Organisationsdelikts hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Die Monteure rechneten gemäß dem mit den Angeklagten verabredeten Tatplan (§ 25 Abs. 2 StGB) unter wahrheitswidriger Vorspiegelung, für ein ortsansässiges Unternehmen tätig zu sein und nur ein ortsübliches Entgelt zu verlangen, gegenüber den Kunden nach Öffnen der Türen mehr ab, als diese vor Erbringen der Werkleistung mit der D. vereinbart hatten (Abrechnungsbetrug). Die Mittäter der Angeklagten hielten den bereits im Telefonat hervorgerufenen Irrtum aufrecht, ließen die Kunden bis zur Abrechnung nach Erbringen der Werkleistung über die Höhe der Vergütung gezielt im Unklaren und vereinnahmten im Ergebnis vertragswidrig und damit ohne Rechtsgrund zu hohe Werklöhne. Im Einzelnen:
Die Monteure, die die überhöhten Preise erst nach Öffnen der Türen in die Formulare eintrugen, täuschten die Kunden dabei, sie würden für den beauftragten Werkunternehmer nur zu ortsüblichen Preisen abrechnen. Insoweit gilt bei verschiedenen zivilrechtlichen Austauschverträgen:
Das Fordern und Vereinbaren eines bestimmten, gegebenenfalls auch überhöhten Preises umfasst nicht ohne Weiteres die schlüssige Erklärung, die Leistung sei ihren Preis auch wert. Mit Rücksicht auf das Prinzip der Vertragsfreiheit ist grundsätzlich kein Raum für die Annahme konkludenter Erklärungen über die Angemessenheit und Üblichkeit des Preises; es ist vielmehr Sache des Vertragspartners, abzuwägen und zu entscheiden, ob er das geforderte Entgelt aufwenden will. So besteht für den Verkäufer bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit und des Wuchers grundsätzlich auch keine Pflicht zum Offenlegen des Werts des Kaufobjekts, selbst wenn dieser erheblich unter dem verlangten Preis liegt. Im Regelfall muss der Verkäufer den Käufer auch nicht auf ein für diesen ungünstiges Geschäft hinweisen, sondern darf davon ausgehen, dass sich sein künftiger Vertragspartner im eigenen Interesse selbst über Art und Umfang seiner Vertragspflichten Klarheit verschafft hat.
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